08.03.2021 Ausgabe: 1/21

Bereits in ­Vorbereitung - In Kürze wird der VDIV NRW eine neue ­Musterabrechnung vorlegen. Maßgeblich ist der neue § 28 – was sich ändert und was nicht.

Zur Enttäuschung vieler beinhaltet auch der neue § 28 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) keine detaillierten Angaben zur Gestaltung der Jahresabrechnung für die Wohnungseigentümer. Er bildet vielmehr die Finanzierungssystematik einer Eigentümergemeinschaft ab und lässt Gestaltungsspielräume zu. § 28 Abs. 1 und Abs. 2 WEG bestätigen die zentrale Rolle des Wirtschaftsplans für die Finanzierung der Eigentümergemeinschaft, die Jahresabrechnung dient nur der Anpassung der Vorschüsse.

Also keine Neuigkeiten für Verwaltungen: § 28 Abs. 1 und Abs. 2 WEG-neu verstehen sich nur als konsequente Umsetzung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zum „alten“ § 28 WEG. Die WEG-Novelle beendet nur deutlich die immer noch häufig anzutreffende Praxis, mit der Jahresabrechnung eine eher an „Mieterdenke“ erinnernde Erwartungshaltung der Eigentümer an eine „gerechte“ Abrechnung zu bedienen, was auch die bisher zu beobachtende Unsterblichkeit des Abrechnungssaldos erklärt.

Der Beschlussgegenstand
Aber sowohl § 28 Abs. 1 S. 1 als auch Abs. 2 S. 1 WEG-neu stellen klar, dass Gegenstand der Beschlüsse nur die Festlegung des Betrags der Vorschüsse (Einzelwirtschaftsplan) bzw. des Betrags der Abrechnungsspitze (Einzel­abrechnung) ist. Was bedeutet das für die Beschlussformulierung?

  • Der gängige Beschluss über die Verabschiedung der Einzelabrechnungen kann bestehen bleiben, wenn die Einzelabrechnung konkret benannt wird (z. B. Druckdatum) und die Abrechnungsspitze deutlich ausweist.
  • Der Beschluss kann auch präzisiert werden und die Verabschiedung „der in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Nachschüsse oder Anpassungen der Vorschüsse“ benennen.
  • Es kann auch nur eine Auflistung zum Beschlussgegenstand gemacht werden, die für jede Einheit die Nachschüsse bzw. Anpassung der Vorschüsse als Betrag ausweist. Dies ist für kleine und übersichtliche Eigentümergemeinschaften eine Empfehlung.

Die Einengung des Beschlussgegenstands führt dazu, dass sich Beschlussanfechtungen nur noch gegen den unzutreffenden Ausweis der Abrechnungsspitze richten können. Formelle Rügen, die keine Auswirkungen auf den Betrag der Abrechnungsspitze haben, können nicht mehr zur Begründung vorgebracht werden.

Bedeutet dies, dass Verwalter künftig nur noch den Betrag der Abrechnungsspitze bekannt geben müssen und Jahresabrechnungen auf ein Miniformat schrumpfen? Nein, es muss weiter eine Gesamt- und eine Einzelabrechnung geben, aus der sich die Abrechnungsspitze ableitet. Soweit sich dort Fehler befinden, die das Abrechnungsergebnis beeinflussen, sind diese auch nach neuem Recht ­relevant.

BGH-Urteil zur Darstellungsform der Musterabrechnung
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ein aktuelles Urteil des BGH zur Darstellungsform der Jahresabrechnung (BGH, Urteil vom 25.9.2020, Az. V ZR 80/19). Der BGH bestätigt ausdrücklich die in den Musterabrechnungen 1.0 und 2.0 des VNWI (jetzt VDIV NRW) gewählten Formen der Gesamtabrechnung (Einnahmen- und Ausgabenabrechnung) sowie der Rücklagenentwicklung. Auch wenn sich eine Anfechtung nur noch gegen betragsrelevante Mängel der Jahresabrechnung richten kann, verbleibt der Anspruch jedes einzelnen Eigentümers auf eine nachvollziehbare Gesamt- und Einzelabrechnung, den er notfalls durch eine (jetzt formal gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richtende) Leistungsklage geltend machen kann.

Die 2021 erscheinende Musterabrechnung 3.0 wird daher insoweit nur wenige Modifikationen enthalten, bisherige Darstellungsformen können weiterverwandt werden. Sie wird vor allem ein geändertes Muster für die Darstellung der Rücklagen enthalten, weil diese auch Bestandteil des Vermögensberichts sein werden – womit wir bei der wirklichen Änderung für den Verwalter sind, dem Vermögensbericht. Dieser ist zwar formal nicht Bestandteil der Jahresabrechnung, in der Praxis wird er aber als solcher erwartet und durch den Verwalter mit der Jahresabrechnung vorgelegt werden.

Vom Finanzstatus zum ­Vermögensbericht
Bisher kannte die Verwalterpraxis den Vermögensstatus oder Finanzstatus. In der Branche bestand Uneinigkeit, welchen Inhalt ein Vermögensstatus hat und ob er gleichzusetzen ist mit einem Finanzstatus. Die Intention des Gesetzgebers für den Vermögensbericht ist, den Eigentümern übersichtlich und leicht nachvollziehbar die wirtschaftliche Situation der Gemeinschaft transparent zu machen. An diesem Maßstab muss sich die inhaltliche Gestaltung des Vermögensberichts orientieren.

Die reine Übernahme von Angaben aus der Jahresabrechnung reicht daher nicht. Ein erheblicher Teil muss aus dem hinter der Jahresabrechnung liegenden Rechenwerk und einer Nebenbuchhaltung gewonnen werden. Diese Nebenbuchhaltung umfasst zum Beispiel die Erfassung von Forderungen gegenüber Dritten für Ausgaben, die in der Jahresabrechnung bereits verteilt wurden und damit in der Hauptbuchhaltung nicht mehr erkennbar sind. Auch Sicherheitseinbehalte gegenüber Handwerkern, die nach Ablauf der Gewährleistung auszuzahlen sind, sind anzugeben und dies ggf. auch über mehrere Jahre. Diese Angaben sind „händisch“ zu ergänzen.

Die Musterabrechnung 3.0 wird hierfür – ebenso wie bisher die Musterabrechnung 1.0 hinsichtlich der „Ist“-Rückstellung und die Musterabrechnung 2.0 hinsichtlich der Ermittlung der verfügbaren Rücklage – ein Gerüst zur Erstellung einer möglichst rechtssicheren Abrechnung liefern.

Foto: © Tharin kaewkanya / Shutterstock.com


Casser, Dr. Michael

Der Verfasser ist Rechtsanwalt in Köln und Vorsitzender des Verbands der nordrheinwestfälischen Immobilienverwalter (VNWI).