02.05.2019 Ausgabe: 2/19

Besser dastehen - Die Nettolohnoptimierung hat ­Vorteile für Arbeitgeber und ­Angestellte – ein Überblick über die gängigsten Modelle.

Es ist kein Geheimnis, dass gute Mitarbeiter häufig das größte Kapital eines Unternehmens sind. In Zeiten des Fachkräftemangels kommt neben der Mitarbeitergewinnung auch der Mitarbeiterbindung enorme Bedeutung zu. Hier geht es darum, die nicht zu unterschätzenden Kosten der Personalfluktuation zu minimieren und im „War of Talents“ mit gutem Image zu ­bestehen.

Ein Baustein der Mitarbeiterbindung sind Maßnahmen zur Gehalts-/Lohnoptimierung, auch Nettolohnoptimierung genannt. Dafür gibt es zwei Wege: zum einen die vereinbarungsgemäße Umwandlung bereits geschuldeten Bruttoentgelts in sozialversicherungsbeitragsfreie und lohnsteuerfreie (oder zumindest lediglich pauschal lohnbesteuerte) Gehaltsbestandteile, zum anderen die Gewährung solcher Gehaltsbestandteile zusätzlich zum geschuldeten Bruttoentgelt anstelle einer Gehaltserhöhung.
Die Unterscheidung zwischen Gehaltsumwandlung und zusätzlicher Gewährung zum ohnehin geschuldeten Bruttoentgelt ist nicht zuletzt deshalb sehr bedeutsam, weil einige der existierenden Nettolohnoptimierungsmaßnahmen voraussetzen, dass diese Entgeltkomponente zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gewährt wird. Wenn das Gesetz ein „Zusätzlichkeitserfordernis“ aufstellt, ist allein eine Umwandlung ohnehin geschuldeten Bruttoentgelts in einen entsprechenden Entgeltbestandteil nicht begünstigt. Außerdem dürfen durch eine Gehaltsumwandlung tarifvertragliche oder gesetzliche Mindestentgelte nicht unterschritten werden, weil ansonsten sog. Phantomlohn entsteht, für den zumindest Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

Wo Licht ist, ist meist auch Schatten

Da bei der Nettoentgeltoptimierung das Bruttoentgelt verringert und verstärkt in steuerfreier bzw. pauschalversteuerter Form bezahlt wird, zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch weniger in die Sozialversicherung ein. Dies kann zu geringeren Leistungen der Sozialversicherungsträger bei Altersrente, Arbeitslosen- und Krankentagegeld führen.


Nachfolgend sind exemplarisch in der Praxis häufig vorkommende Anwendungsfälle der Nettolohnoptimierung umrissen:

Sachbezüge

Nach § 8 Abs. 2 S. 11 EStG handelt es sich hier um Bezüge, die nicht in einer Geldleistung bestehen dürfen, sondern einen konkreten Sachbezug aufweisen müssen. Dazu gehören aber auch Gutscheine, z. B. zum Wareneinkauf oder zum Tanken, die (nur) gegen Sach- oder Dienstleistungen eingetauscht werden können. Die Freigrenze für solche Sachbezüge liegt pro Monat bei 44 Euro. Wird sie überschritten, ist die gesamte Sachleistung lohnsteuer- und sozialabgabenpflichtig. Ferner kann der Freibetrag nicht zu einem Jahresbetrag angespart werden: Die 44 Euro müssen jeden Monat verbraucht werden. Inzwischen geben auch spezialisierte Dienstleister im Auftrag des Arbeitgebers Prepaid-Karten an Arbeitnehmer aus, die monatlich mit 44 Euro aufgeladen werden. Auch der Arbeitnehmer selbst kann auf diese Kreditkarte einzahlen und das Guthaben u. a. in Einzelhandel und Gastronomie nutzen. Das Zusätzlichkeitserfordernis gilt hier nicht.

Aufmerksamkeiten

Über die Sachbezüge hinaus dürfen Arbeitgeber nach R 19.6 Abs. 1 S. 2 LStR Arbeitnehmern auch Sachzuwendungen zukommen lassen – zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt und zu besonderen persönlichen oder beruflichen Ereignissen. Als Anlässe gelten z. B. Hochzeit, Geburtstag, Geburt eines Kindes, Jubiläum der Firmenzugehörigkeit. Sachzuwendungen, auch in Form eines Geschenkgutscheins ohne Bargeldauszahlung, sind pro Anlass in Höhe von 60 Euro inkl. Umsatzsteuer lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei. Wird der Betrag überschritten, wird die gesamte Zuwendung steuer- und sozialabgabenpflichtig! Mit der bereits erwähnten Prepaid-Kreditkarte lässt sich der Gegenwert auch einfach gutschreiben und vom Empfänger individuell einsetzen.

Betriebliche Altersvorsorge

Den Hauptanwendungsfall stellt in der Praxis die kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung gemäß § 3 Nr. 63 EStG mit Varianten der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerfinanzierung bzw. Mischformen hieraus dar. Bei der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge verpflichtet sich der Arbeitgeber des ersten Dienstverhältnisses zu Leistungen an Pensionsfonds, -kassen oder Direktversicherungen. Als Folge sind bis acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (2019: 6.432 Euro) in der Rentenversicherung lohnsteuerfrei sowie bis vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (2019: 3.216 Euro) sozialversicherungsfrei. Zu beachten ist allerdings, dass die von den oben genannten Versorgungseinrichtungen ausgezahlten Beiträge im Rentenalter sonstige Einkünfte darstellen und somit bei Bezug lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig sind.
Aufgrund des in das Betriebsrentengesetz neu eingefügten § 1a Abs. 1a  muss der Arbeitgeber in bestimmten Fällen und soweit er selbst Sozialversicherungsbeiträge spart, 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten. Dies gilt bereits ab 1.1.2019 für ab diesem Tag erteilte Zusagen sowie ab dem 1.1.2022 für vor dem 1.1.2019 erteilte Zusagen und dient der zumindest teilweisen Kompensation der aus Sicht des Arbeitnehmers geringeren Beiträge zur Rentenversicherung. Eine Gehaltsumwandlung ist möglich.

Gewährung eines Dienstfahrzeugs bzw. Dienstfahrrads

Zunächst besteht die Möglichkeit der Gewährung eines Firmenfahrzeugs (auch) zur privaten Nutzung durch den Arbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 EStG. Allein die Möglichkeit der Privatnutzung des Firmenfahrzeugs stellt einen geldwerten Vorteil dar, der grundsätzlich zu versteuern ist – entweder nach der Fahrtenbuchmethode oder über die 1 %-Regelung. Da die Anforderungen der Finanzverwaltung an das ordnungsgemäße Führen eines Fahrtenbuchs recht hoch sind und Fehler sich für den Arbeitgeber nachteilig auswirken können, ist zur Anwendung der Bruttolistenpreismethode zu raten: Monatlich wird ein Prozent des Bruttolistenneupreises des überlassenen Fahrzeugs der Lohnversteuerung bzw. Sozialverbeitragung unterworfen.
Für Fahrten zwischen der Wohnung des Arbeitnehmers und der ersten Tätigkeitsstätte ist zusätzlich eine Versteuerung in Höhe von 0,03 Prozent des Bruttolistenneupreises für jeden gefahrenen Entfernungskilometer vorzunehmen.
Der Gesetzgeber fördert die Überlassung von Elektro- und Hybridfahrzeugen: Bei einem zwischen 1.1.2019 und 31.12.2021 angeschafften bzw. geleasten Elektro- oder Hybridfahrzeug sind wegen des i. d. R. höheren Anschaffungspreises monatlich nur 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises zu versteuern; auch nach Fahrtenbuchmethode halbiert sich der geldwerte Vorteil.
Seit 1.1.2019 wird auch die Unterstützung umweltfreundlicher Mobilität steuerlich honoriert. Gemäß § 3 Nr. 37 EStG ist der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines konventionellen oder elektrischen Dienstfahrrads vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für die private Nutzung lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei. Hier ist das Zusätzlichkeitserfordernis zu beachten.

Gesundheitsförderung

Arbeitgeber können gemäß § 3 Nr. 34 EStG – zusätzlich zum Arbeitslohn – Ausgaben von Mitarbeitern zur allgemeinen Gesundheitsförderung bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 500 Euro lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei bezuschussen. Dazu gehören Dienstleistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes sowie zur betrieblichen Gesundheitsförderung, die der Zweckrichtung der zertifizierten Gesundheitsleistungen nach §§ 20, 20 a SGB V genügen – z. B. Massagen bei Rückenproblemen, Gesundheits-Checks, Yoga- und  Stressbewältigungskurse oder zur Raucherentwöhnung. Beiträge für Sportverein oder Fitnessstudios sind nicht umfasst, es sei denn, sie erbringen die zertifizierten Leistungen.

Handy, Tablet, Notebook & Co.

Arbeitgeber können nach § 3 Nr. 45 EStG Arbeitnehmern EDV- bzw. Telekommunikationsgeräte, soweit solche auch betrieblich genutzt werden, zur privaten Mit- oder Alleinnutzung lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei überlassen, aber nicht übereignen, und auch die Verbindungsentgelte übernehmen. Reine Entertainmentgeräte wie z. B. MP3-Player oder Smart-TV sind hier allerdings ausgeschlossen.

Fahrtkostenzuschüsse

Seit dem 1.1.2019 hat sich die steuerliche Behandlung von Fahrtkostenzuschüssen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer geändert. Nunmehr ist nach § 3 Nr. 15 EStG (wieder) zwischen Fahrtkostenersatz für öffentliche Verkehrsmittel und übrige Fahrzeuge zu unterscheiden.
Der Gesetzgeber privilegiert ab dem 1.1.2019 zusätzlich zum Arbeitslohn gewährte Zuschüsse des Arbeitgebers zu Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durch Lohnsteuer- und Sozialversicherungsfreiheit. Entsprechendes gilt auch für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung einer Fahrkarte durch den Arbeitgeber für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, das sog. Job-Ticket.
Für übrige Fahrzeuge, insbesondere den eigenen PKW des Arbeitnehmers, gilt weiterhin grundsätzlich die Steuerpflichtigkeit von Arbeitgeberzuschüssen zu den Fahrtkosten des Arbeitnehmers für den Weg zur ersten Tätigkeitsstelle. Arbeitgeber können hier die Pauschalbesteuerung mit 15 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für zusätzlich zum Arbeitslohn gewährte Fahrtkostenzuschüsse bis zur Höhe der Entfernungspauschale des Arbeitnehmers wählen, was Sozialversicherungsfreiheit zur Folge hat. Achtung: Der pauschal besteuerte Zuschuss mindert den Werbungskostenabzug in der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.

Kindergartenkosten

Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird gesetzlich unterstützt: Arbeitgeber können die Kosten für die Unterbringung und Betreuung, einschließlich Unterkunft und Verpflegung, nicht schulpflichtiger Kinder in Kindergarten und vergleichbaren Einrichtungen gemäß § 3 Nr. 33 EStG lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei bezuschussen – ausschließlich zusätzlich zum Arbeitslohn und maximal in Höhe der tatsächlichen Kosten. Schädlich für die Gewährung solcher Zuschüsse sind arbeitsvertragliche sog. Rückfallklauseln: Ist die Voraussetzung für die Ersatzvergütung nicht mehr gegeben, entfällt diese nicht ersatzlos, sondern es entsteht automatisch wieder der Anspruch auf den ursprünglichen Bruttoarbeitslohn.

Bedeutung für die Verwalterpraxis:

Aufgrund der von Gesetzgebung und Rechtsprechung geschaffenen Gestaltungsmöglichkeiten stellt eine ordnungsgemäße Nettolohnoptimierung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Win-Win-Situation dar und kann in der Praxis helfen, Mitarbeiter enger an das Unternehmen zu binden.


Foto: © Tero Vesalainen / Shutterstock.com


Schwartz, Tobias

Der Fachanwalt fur Arbeitsrecht sowie fur Handels- und Gesellschaftsrecht ist in der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Munchen-Bogenhausen tätig.
www.lkc.de