15.10.2019 Ausgabe: 5/19

Böse Überraschung! Wenn sich bei Sanierungsarbeiten Problemstoffe wie Asbest finden.

Asbest ist in Deutschland seit 1993 strikt verboten. Ein EU-weites Verbot wurde allerdings erst 2005 ausgesprochen. Asbest darf weder hergestellt, noch verkauft, geschweige denn verwendet werden. Damit sind die Probleme im Umgang mit dem gesundheitsgefährdenden Stoff aber nicht aus der Welt. Im Gegenteil: In einem Viertel aller Gebäude, die älter sind als 25 Jahre, sind nach wie vor asbesthaltige Produkte, z. B. für den Brandschutz oder die Dämmung, verbaut. In Deutschland betrifft dies ca. 19 Millionen Gebäude mit rund 40 Millionen Wohnungen. Das Ausmaß des Problems wird noch deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass in Deutschland allein zwischen 1950 und 1985 ca. 4,4 Millionen Tonnen Asbest im Wohnungsbau zum Einsatz kamen, und das in mehr als 3 500 Produkten. Diese Vielfalt an Materialien, die Asbest enthalten, und die Menge des noch verbauten Asbests verweisen auf die Schwierigkeiten und die Dringlichkeit der Sanierung.

Höchst gesundheitsgefährdend
Werden die 0,1 bis zehn Mikrometer kleinen Asbestfasern freigesetzt, können sie über die Atemluft tief in die Lunge und weiter in angrenzendes Gewebe vordringen und dort Jahre und Jahrzehnte bleiben. Asbestfasern sind extrem beständig. Sie lösen sich in Säuren oder Laugen praktisch nicht auf und schmelzen erst bei sehr hohen Temperaturen. Unser Körper kann Asbest nicht abbauen, und es kann zum Auslöser chronischer Entzündungen werden, die wiederum in verschiedene Krebsarten und die sogenannte

Asbestose münden können, auch wenn die Asbestbelastung schon viele Jahre zurückliegt. Treffen kann es praktisch jeden, der mit Asbest in Kontakt kommt –
am Arbeitsplatz genauso wie zu Hause bei Renovierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen.

Typische Vorkommen
Asbest kommt stark gebunden in Dachplatten, Fassadenelementen oder auch im typischen Bodenbelag der 1960er Jahre, den Vinyl-Asbest-Fliesen, vor. Aber auch Spritzbeläge, Leichtbauplatten, Putze sowie Füllmaterialien für den Brandschutz und zur Heizungsisolation enthalten häufig Asbest, der hier schwach gebunden ist. In allen Fällen erfordert die Asbestsanierung viel Fingerspitzengefühl. Die vielfach anstehenden Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebestand machen es jedoch unumgänglich, Asbestvorkommen zu beseitigen, und dies ist auch gesetzlich gefordert.

Verordnungen und Gerichtsurteile
Zum Ausdruck kommt dies ganz grundsätzlich in § 13 der Musterbauordnung. Danach müssen bauliche Anlagen so beschaffen sein, „dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen“.
Geht es konkret um eine Asbestbelastung, legt zum Beispiel die Asbest-Richtlinie des Landes Baden-Württemberg drei Dringlichkeitsstufen für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden fest, wobei Dringlichkeitsstufe 1 sofortiges Handeln erfordert. Ist eine Sanierung nicht sofort möglich, muss die Asbestfaserkonzentration im betroffenen Gebäude durch vorläufige Maßnahmen gemindert werden. In solchen Fällen muss die endgültige Sanierung innerhalb von drei Jahren erfolgen. Ähnliche baurechtliche Vorschriften gibt es in allen Bundes­ländern.
Vor dem Hintergrund, dass zurzeit viele Gebäude in Deutschland energetisch saniert werden, muss zudem beachtet werden, dass asbesthaltige Fassadenelemente nicht einfach überdeckt werden dürfen, sondern sicher entfernt und entsorgt werden müssen, bevor die neue Dämmung installiert wird (OVG Sachsen-Anhalt, 11.4.2016 – 3 L 90/15).

Hinzu kommen wegweisende Urteile der Gerichte zum Umgang mit Asbest in Gebäuden. So dürfen asbesthaltige Klebstoffreste bei der Sanierung von Vinyl-Asbest-Fliesen nicht versiegelt, sondern müssen saniert werden (VG Arnsberg, Urteil vom 8.11.2018 – 6 K 7190/17). Die Gerichte stärkten in der jüngsten Vergangenheit zudem die Rechte von Mietern in Bezug auf eine mögliche Asbestbelastung in der gemieteten Wohnung. Weisen Vermieter nicht darauf hin, dass die Mietsache mit Asbest belastet ist, kann der fehlende Hinweis einen Schadensersatzanspruch der Mieter begründen, entschied zum Beispiel das LG Berlin mit Urteil vom 17.1.2018 – 18 S 140/16. Außerdem haben Mieter nach einem Urteil des AG Schöneberg ein Auskunftsrecht gegenüber ihrem Vermieter, ob in der von ihm gemieteten Wohnung asbesthaltige Baustoffe verbaut sind (Urteil vom 19.11.2014 – AZ 7 C 42/14).

Sichere Asbestsanierung
Steht die Asbestsanierung eines Gebäudes an, muss sichergestellt werden, dass weder Mitarbeiter des Sanierungsunternehmens noch Mieter des Gebäudes einer Asbestbelastung ausgesetzt werden. Hier haben Hausverwaltungen und Eigentümer eine Fürsorgepflicht für beide Seiten, um eine Gesundheitsgefährdung auch während der Sanierung auszuschließen. Deshalb ist es besonders wichtig, ein sicheres Verfahren für die Asbestsanierung zu wählen.

Umweltverträglich sanieren
Seit den 1970er Jahren wurden in Deutschland bis zum Asbest-Verbot 1993 schätzungsweise 92 Millionen Quadratmeter asbesthaltige Bodenbeläge in Form von Vinylplatten und CV-Belägen u. a. in Schulen, Kindergärten und auch im privaten Bereich verbaut. Diese Bodenbeläge wurden in vielen Fällen mit einem asbesthaltigen Kleber verlegt. Sie zu sanieren bedarf eines sicheren Verfahrens.
Eine manuelle Sanierung der mit asbesthaltigen Klebern kontaminierten Bodenflächen ist nicht nur aufwendig, zeit- und kostenintensiv. Die zu sanierenden Räumlichkeiten müssen aufgrund der Gesundheitsgefährdung durch hohe Asbestfaserkonzentrationen mit Mehrkammerschleusen sicher abgeschottet werden. Das maschinelle Abtragen mit herkömmlichen Geräten ist wegen der hohen Faserexposition ebenfalls nicht zulässig.

Das Schleifverfahren nach BIA
Inzwischen gibt es allerdings wissenschaftlich abgesicherte und von der gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) anerkannte maschinelle Verfahren der emissionsarmen Asbestsanierung, bei denen die Asbestfaserkonzentration unter 15 000 Fasern pro Kubikmeter Luft liegt. Ein solches Verfahren bietet zum Beispiel die svt Brandsanierung GmbH an, die bereits in den 1980er Jahren damit begann, sich eingehend mit der Asbestsanierung zu beschäftigen und ein sicheres Schleifverfahren entwickelt hat, das nach BIA BT 17.4 von der DGUV zugelassen wurde. Es basiert auf speziell angepassten, elektronisch gesteuerten Bodenschleifmaschinen in Verbindung mit entsprechenden industriellen Großsaugern. Zu sanierende Wohnungen können während der Arbeiten bewohnt werden, weil die sonst notwendigen umfangreichen Schutzmaßnahmen entfallen und die Vibrations- und Geräuschemissionen gering sind.

Asbestsanierung als Zukunftsaufgabe
Die Asbestsanierung wird aufgrund des weitreichenden Einsatzes asbesthaltiger Produkte in Gebäuden noch sehr lange ein wichtiges Thema für die Hausverwaltungen und Eigentümer sein. Da zu erwarten ist, dass die Gerichte auch in Zukunft für den Gesundheitsschutz der Mieter entscheiden werden, sind sichere Verfahren der Asbestsanierung von großer Bedeutung. Umso besser, wenn diese zugleich kostengünstig und schnell umzusetzen sind.

Foto: © Ecology / Adobe Stock


Mock-Kiel, Karin

Key Account Managerin BELFOR Deutschland GmbH
www.belfor.com