07.09.2022 Ausgabe: 6/22

Branchenbarometer - Wie tickt die Branche und wohin geht die Reise?

Wohnungsbau und Klimaschutz, Gaspreise und CO2-Bepreisung, Digitalisierung und Fachkräftemangel – das alles treibt die Branche um, keine Frage. Aber auch, wie sich Vergütungen ändern, welche Bestandsgrößen rentabel sind und wie es um die Sanierungsmaßnahmen steht. Das Branchenbarometer 2022 gibt Aufschluss darüber und zeigt u. a. auf, wie sich Vergütungen, Umsätze und Betriebsergebnisse ändern.

Der ambitionierte Plan der Regierung, bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, kann nur gelingen, wenn die über zehn Millionen Eigentumswohnungen in Deutschland – immerhin ein Viertel des gesamten Wohnungsbestands hierzulande – einbezogen, Sanierungen unterstützt und möglich gemacht werden. Doch der Sanierungsstau wächst, nicht zuletzt aufgrund der Covid-19-Pandemie. Die Teilnehmenden des Branchenbarometers gaben zum Zeitpunkt der Erhebung, d. h. zwischen Mitte Januar und Ende April 2022, an, in 70 Prozent ihrer Bestände keine regulären Versammlungen durchführen zu können. Umso wichtiger ist die rechtliche Grundlage für reine Online-Versammlungen, wozu das Bundesjustizministerium noch einen Referentenentwurf vorlegen will.

Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel nimmt weiter zu, auch in der Immobilienwirtschaft. Bei den Teilnehmenden ist die durchschnittliche Mitarbeiterzahl im Vergleich zum Vorjahr jedoch leicht gestiegen. Dabei setzen sie, wo es möglich ist, mit im Schnitt 2,9 Auszubildenden verstärkt auf den Nachwuchs. Die Ausschreibung zur Immobilienverwaltung des Jahres, drehte sich dieses Jahr aus gutem Grund um Nachwuchsförderung. Auf dem Verwaltertag werden die drei top Nominierten ausgezeichnet. Sie zeigen, wie sie den Nachwuchs fördern, Mitarbeitende motivieren und halten.

Neben Ausbildung, Gehalt und Unternehmensklima ist auch Weiterentwicklung wichtig für Mitarbeitende. Das Branchenbarometer wurde daher dieses Jahr u. a. um Fragen zu Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeitende erweitert. Im Durchschnitt planen die Verwaltungen dafür Investitionen in Höhe von 1.363 Euro pro Mitarbeitenden und Jahr ein.

Stundensatz steigt
Über alle Tätigkeitsfelder hinweg stieg der durchschnittliche Stundensatz für Zusatzleistungen um 6,7 Prozent. Dabei zeigt sich eine deutliche Annäherung der Regionen. Möglich sind die Erhöhungen der Stundensätze der Mitarbeitenden nur durch die erneuten Steigerungen der Vergütung: In den Geschäftsfeldern der WEG- und Mietverwaltung gelang es den teilnehmenden Unternehmen, in etwa jedem dritten Bestandsobjekt, Preiserhöhungen durchzusetzen. Zwei von drei WEG-Verwaltungen planen im Jahr 2022 Preisanpassungen. In der Mietverwaltung werden zunehmend pauschale Mindestsätze verlangt.

Die bisherigen Anpassungen in dieser Größenordnung reichen jedoch nicht aus, um die Investitionen in neue Technologien, die Umsetzung neuer gesetzlicher Anforderungen sowie steigende Personalkosten wirtschaftlich abzufedern. Das schlägt sich auch im Umsatz der Unternehmen nieder. Er lag bei den Teilnehmenden des 10. VDIV-Branchenbarometers im Schnitt 26,3 Prozent unter dem Vorjahreswert und blieb damit weit hinter den im 9. VDIV-Branchenbarometer prognostizierten Umsatzsteigerungen von 8,4 Prozent zurück.

Der Rückgang in den Betriebsergebnissen fiel mit 14,61 Prozent wesentlich geringer aus als der durchschnittliche Umsatzrückgang. Die Differenz lässt sich als Beleg für die vielfältigen Professionalisierungsschritte und Effizienzmaßnahmen in der Branche werten.

Trend zur WEG-Auswahl
Nur 12,1 Prozent der befragten Unternehmen bemühen sich aktiv, neue Gemeinschaften zu akquirieren, die meisten konzentrieren sich auf den vorhandenen Bestand. Effizienzsteigerungen erreichen die Unternehmen in diesem Tätigkeitsfeld u. a., indem sie nur neue Mandate mit einer Mindestanzahl an Wohneinheiten annehmen. Darüber hinaus verzichten drei von vier Verwaltungen trotz Anfrage auf die Übernahme von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG).

Ein Trend zeichnet sich ab: Das Selbstbewusstsein der Im-mobilienverwaltungen wächst, schwierige oder unrentable Gemeinschaften werden nicht weiter betreut oder gar nicht erst angenommen. Im Kontext des Fachkräftemangels wird sich das potenzieren und kleinere Gemeinschaften werden in Zukunft seltener ein professionelles Unternehmen finden, das ihre Wohneinheiten verwaltet. Verwaltungsunternehmen haben die Wahl, und Eigentümergemeinschaften müssen sich bemühen, eine professionelle Verwaltung zu finden. Da das neue Wohnungseigentumsgesetz die Möglichkeit bietet, nur Teilleistungen anzubieten, entsteht perspektivisch ein neuer Markt.

Das Branchenbarometer liefert ein Bild der Branche – aufgrund der aktuellen Lage sind Trends und Prognosen jedoch mit Vorsicht zu genießen. Das gilt auch für die vorsichtig-optimistischen Vorhersagen zu Umsätzen und Betriebsergebnissen. Viel wird von der Entwicklung in der Ukraine und ihren Folgen für die Energiewirtschaft und die Preise für Energie und Materialien hierzulande abhängen.

Die jährliche Erhebung des VDIV ist inzwischen das Standardwerk für wirtschaftliche Kennzahlen der Immobilienverwaltungen in Deutschland. Sie bietet den Verwaltungen die Möglichkeit, sich zu informieren und auszurichten, sowie dem Verband eine gute Grundlage, um die bestmöglichen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Immobilienverwaltungen des Landes zu erreichen.
 
 

Reents, Jennifer

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des VDIV Deutschland