04.09.2020 Ausgabe: 5/20

Brandschutz in Garagen - Stellen alternative Fahrzeugantriebe neue Anforderungen?

Im Zuge der Energiewende ändert sich die Antriebstechnik des Individualverkehrs. Für E-Fahrzeuge ist aktuell mit konkreten bundesgesetzlichen Regelungen zur erforderlichen Ausstattung von Fahrzeugstellplätzen in Garagen mit Ladeinfrastruktur zu rechnen. Welche Anforderungen stellt dies an den vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz?

Zunehmende Brandlasten
Ein Brand in einer Garage stellt, unabhängig von der Antriebsart der Fahrzeuge, für Einsatzkräfte der Feuerwehr eine Herausforderung dar. Bei größeren Tiefgaragen und bei oberirdischen Garagen ohne klassifizierten Feuerwiderstand der Tragkonstruktion führt ein Brandereignis regelmäßig auch zur Gefährdung der Einsatzkräfte. Weil Autos immer größer werden und in diesem Zusammenhang auch immer mehr brennbares Material verbaut wird, haben die Brandlasten von Fahrzeugen in den letzten Jahren zugenommen. Das bedeutet im Brandfall auch mehr freigesetzte Wärmeenergie – sie hat sich in den letzten 15 Jahren pro Fahrzeug verdreifacht! Diese Energie wirkt auf das Tragwerk der Garage ein und ist mit einer massiven Rauchentwicklung verbunden. Nicht selten sind daher zum Zeitpunkt des Eintreffens der Feuerwehr bereits mehrere Fahrzeuge von einem Brand betroffen – selbst in gesprinklerten Garagen. Die automatischen Löschanlagen schaffen es aufgrund der Brandintensität, der hohen Ausbreitungsgeschwindigkeit und der eingeschränkten Löschwirksamkeit nicht, das Brandereignis zu begrenzen. Kann es von der Feuerwehr nicht rechtzeitig unter Kontrolle gebracht werden, ist wegen der thermischen Beanspruchung der Bauteile mit Tragwerkverlust zu rechnen.

Anpassung der Muster-Garagenverordnung liegt nahe
Hervorzuheben ist, dass diese Ergebnisse aus Einsatzstellenbewertungen mehr oder weniger unabhängig sind von der Antriebsart der eingestellten Fahrzeuge. Nach aktuellen Erkenntnissen weisen Elektrofahrzeuge im Brandfall allerdings mindestens die gleichen Wärme- bzw. Energiefreisetzungsraten auf wie Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren.

Diese Erkenntnisse legen eine Anpassung der Inhalte der Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) nahe. Statt Rauchabschnitten sollten künftig Brandabschnitte gebildet und konkrete Vorgaben zur Rauchableitung formuliert werden. Des Weiteren wird vonseiten der Feuerwehren angeregt, auch Tragwerke und raumabschließende Bauteile offener Großgaragen mindestens feuerhemmend auszuführen und eine offene Verlegung von Hochspannungsleitungen in Garagen zwingend auszuschließen.

Die aktuell stattfindenden Diskussionen stellen – vorausgesetzt, sie werden in den Ländern auch umgesetzt – notwendige Verbesserungen dar. Dennoch wird nicht in jedem Fall sichergestellt werden können, dass ein Brandereignis innerhalb eines Brandabschnittes der Garage tatsächlich gelöscht werden kann. Ein solcher Fall würde allerdings der bauaufsichtlichen Philosophie entsprechen, dass „wirksame Löscharbeiten auch dann gegeben sind, wenn eine Begrenzung des Brandes auf einen Brandabschnitt“ erreicht wird. Bis etwaige Änderungen greifen, sind die Mindestanforderungen für die Bauwerksicherheit von Garagen in den aktuellen Bauordnungen der Länder definiert.

Ladesäulen und Infrastruktur
Die steigende Zahl der in Garagen errichteten Ladesäulen inkl. der dazugehörigen Ladeinfrastruktur erfordert Maßnahmen, um einen ausreichend sicheren, wirtschaftlichen und einsatzbezogenen Brandschutzstandard gewährleisten zu können. So können beispielsweise Ladesäulen für E-Pkw, die mittlerweile für den Betrieb der Garage notwendig sind, ohne weitere brandschutztechnische Maßnahmen installiert werden. Der Brandlastanteil der Ladesäulen an sich kann in der Gesamtbetrachtung der Garage als gering eingestuft werden. Für zusätzliches technisches Equipment der Ladeinfrastruktur gilt dies aber schon nicht mehr. Die Ladeinfrastruktur besteht neben den Ladesäulen oder Wallboxen meist auch aus Schaltschränken, Wechselrichtern und Pufferspeichern mit Lithium-Ionen-Batterien. Diese Teile der Lade­infrastruktur weisen meist erhebliche Brandlasten auf, die die eines Pkw schnell übersteigen. Eine Garage dient definitionsgemäß dem Einstellen von Kraftfahrzeugen. Einbauten in Mittel- und Großgaragen müssen den gesetzlichen Vorgaben entsprechend aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen; Räume, welche nicht zur Garage gehören, sind brandschutztechnisch qualifiziert abzutrennen. Da das beschriebene zusätzliche technische Equipment mit Einbauten in Garagen verglichen werden kann, diese Komponenten teils erhebliche Brandlasten aufweisen und somit selbstredend keinesfalls aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen, ist eine brandschutztechnisch qualifizierte Abtrennung mit entsprechendem Feuerwiderstand vom übrigen Garagenraum vorzusehen. Dies erscheint notwendig, da die aktuellen gesetzlichen Vorgaben für Garagen und elektrische Betriebsräume das Risiko stationär eingebrachter Brandlasten in Form von brennbaren Einbauten in Verbindung mit Lithium-Ionen-Batterien innerhalb der Garagen nicht abdecken!

Lithium-Ionen-Batterien
Der charakteristische Brandverlauf von Lithium-Ionen-Batterien, die im „thermal runaway“ bei Überhitzung durchgehen, ist meist mit einer rasanten Ausbreitung verbunden. Dabei entweichen häufig unter Druck gasförmige Elektrolytbestandteile (brennbare Gase), und scharfkantige Teile können durch entstehenden Überdruck unkontrolliert umhergeschleudert werden. Die gesamte Batterie kann zerbersten – ohne bauliche Abtrennung mit hohem Gefahrenpotenzial. Das Baurecht nennt Mindestanforderungen, die zum Erreichen der baurechtlich vorgeschriebenen Schutzniveaus zu beachten und bei Abweichungen entsprechend zu kompensieren sind. Die Anforderungen der Sachversicherer können diese bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen aus weiteren Gründen (z. B. erhöhter Sachwertschutz, Anlagenverfügbarkeit) ergänzen.Welche weiteren brandschutztechnischen Herausforderungen die Energiewende und somit auch die Elektromobilität mit sich bringt, bleibt abzuwarten. Bei konkreten Bauvorhaben, insbesondere bei der Bewertung von Abweichungen und der Festlegung kompensatorischer Maßnahmen, ist es stets erforderlich, die zuständige Brandschutzdienststelle frühzeitig einzubinden. So können bereits im frühen Planungsstadium verlässliche Vereinbarungen über risikogerechte Vorkehrungen zwischen Eigentümer, Betreiber, Planer und Feuerwehr getroffen werden.

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Bachmeier, Dipl.-Ing. (FH) Peter

Leitender Branddirektor
Einsatzvorbeugung, Branddirektion München, Vorsitzender des FA VB/G der deutschen Feuerwehren

M. ENG. FELIX MENZINGER
Brandamtmann ­Einsatzvorbeugung, Branddirektion München