27.05.2022 Ausgabe: 4/22

Chancen & Risiken - Wie verhält es sich eigentlich mit der Vereinbarung von Indexmieten in Mietverträgen?

Deutschland verzeichnet aktuell Inflations­raten wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Gleichzeitig verstärkt die Bundesregierung ihre Bemühungen, durch weitere Regularien den Anstieg der Bestands­mieten zu verlangsamen. Was bei Gewerbemietverträ­gen seit Langem üblich ist, gewinnt nun auch für viele Vermieter von Wohnraum an Reiz: die Indexmiete.


Voraussetzungen der Indexmiete
Grundsätzlich sind Indexmieten verboten, und zwar nach § 1 Abs. 1 Preisklauselgesetz (PrKG), nur im Rah­men weniger gesetzlicher Ausnahmen sind sie gestat­tet. Für Gewerbemieten sind diese im PrKG geregelt. Für Wohnraum erlaubt sie § 557b Bürgerliches Gesetz­buch (BGB) unter bestimmten Voraussetzungen: Als Index muss der vom Statistischen Bundesamt ermit­telte Verbraucherpreisindex (VPI) herangezogen wer­den, der die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke kaufen, misst. Die Miete kann sich regelmäßig verändern, ein Schwel­lenwert muss nicht vereinbart werden, sie darf jedoch jeweils mindestens ein Jahr lang nicht erhöht werden. Insoweit besteht also Einklang mit der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete nach §§ 558 ff. BGB. Senkungen dagegen sind stets erlaubt. Eine Index­klausel muss aber immer in beide Richtungen wirken, also auch die Möglichkeit einer Mietreduzierung bei gesunkenem Indexwert umfassen. Andernfalls wäre sie unwirksam. Ein Kündigungsausschluss des Vermieters ist seit der Mietrechtsreform 2001 nicht mehr erforder­lich. Indexmieten können also auch in einem ganz nor­malen unbefristeten Mietvertrag vereinbart werden.


Der Haken an der Sache
Für die Dauer der Indexvereinbarung sind Mieterhö­hungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete gar nicht und nach Modernisierung nur sehr begrenzt möglich, nämlich nur wenn sie Vermietern vorgeschrieben wer­den, z. B. durch gesetzliche Nachrüstpflichten oder auf behördliche Anordnung. Dass sich freiwillig vorgenom­mene Verbesserungen einer Immobilie über höhere Bestandsmieten amortisieren, scheidet somit aus. Aller­dings ist derzeit fraglich, in welchem Umfang Mieter­höhungen nach Modernisierungen überhaupt noch möglich sind, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17. Juni 2020 (Az. VIII ZR 81/19) den Abzug fiktiv ersparter Instandsetzungskosten von gel­tend zu machenden Modernisierungskosten fordert.


Folgen der Indexvereinbarung
Die Berechnung der neuen Miete ist einfach: Der Indexwert zu Vertragsbeginn oder zur letzten Erhö­hung wird mit dem aktuellen Wert verglichen. Die pro­zentuale Differenz ergibt die prozentuale Änderung der Miete. Übrigens: Ein bestimmtes Basisjahr muss auch bei der Gewerbemiete im Vertrag nicht mehr genannt sein. Als Basisjahr gilt das Jahr des jeweiligen Mietbeginns (BGH, Urteil vom 26.5.2021, Az. VIII ZR 42/20).
 

Folgen unwirksamer Indexklauseln
Ist die Indexklausel in einem Wohnraummietver­trag unwirksam, können Mieter bis dahin gezahlte Erhöhungsbeträge zurückfordern, und künftig gelten dann die normalen gesetzlichen Erhöhungsmöglich­keiten, z. B. ortsübliche Vergleichsmiete und Moder­nisierung. Umstritten ist dabei, ob eine unwirksame Indexklausel insoweit „fortwirkt“, als sie den Mieterhö­hungsanspruch begrenzt, sozusagen als zweite Kap­pungsgrenze. Dafür entschieden hat das Landgericht Frankfurt mit Urteil vom 8. Juli 1997, Az. 2/11 S 75/97, dagegen das Oberlandesgericht Koblenz, RE vom 5. Juni 1981, DWW 1982,122.
 

Vor- und Nachteile der Indexmiete
Das aktuelle Marktgeschehen spielt nur bei Neuver­mietung eine Rolle, im Bestand nicht mehr. So weiß man bei einer Staffelmiete im Voraus nicht, ob die Staffeln den Markt überholen oder dahinter zurück­bleiben. Zudem gilt für jede Staffel erneut die Miet­preisbremse, für Indexmieten nicht. Schon deswegen sind jedenfalls lang wirkende Staffelmietvereinbarun­gen eher selten. Die ortsübliche Vergleichsmiete hinkt dem aktuellen Marktgeschehen schon aufgrund des nach § 558 BGB inzwischen sechsjährigen Bemes­sungszeitraums, der nach Plänen der Bundesregierung noch einmal verlängert werden soll, immer hinterher. Bei steigendem Mietniveau, bei dem es ja auf abseh­bare Zeit bleiben wird, geht diese Festschreibung zulasten der Vermieter.

Die Indexmiete dagegen führt streng genommen zu kei­ner Mieterhöhung, sondern gleicht nur den inflations­bedingten Kaufkraftverlust aus. Dennoch muss sie den Vergleich mit der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht scheuen – im Gegenteil: Für eine typische Wohnung in Köln – 60 Quadratmeter, mittlere Lage, Baujahr 1970, normale Ausstattung – stieg die ortsübliche Vergleichs­miete laut Mietspiegel in der Zeit von 2000 bis 2022 um 16,77 Prozent, der VPI dagegen um 41,51 Prozent. Aller­dings zeigen andere Spannenfelder ein deutlich gerin­geres Missverhältnis: z. B. für 80 Quadratmeter, Baujahr 1980 einen Anstieg um 31,46 Prozent.

Der Kölner Mietspiegel wurde von den Interessenver­tretungen der Vermieter und Mieter ausgehandelt. Etwas boshaft könnte man sagen, dass damit kom­munale Mietenbegrenzungspolitik gemacht wurde, und zwar etwas geschickter als in Berlin. Andere, vor allem qualifizierte Mietspiegel mögen das tatsächli­che Marktgeschehen besser abbilden. Dennoch zeigt sich, dass die Indexentwicklung nicht automatisch hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt. Man muss das für jede Immobilie anhand des örtli­chen Mietspiegels ausrechnen.
 

Grenzen der Mieterhöhung
Bei Neuvermietung sind Wohnraumvermieter der­zeit, wenn man vom sehr seltenen Mietwucher gemäß § 291 Strafgesetzbuch (StGB) einmal absieht, faktisch nur durch die Mietpreisbremse limitiert. Die ist jedoch sowohl örtlich – in Nordrhein­West­falen laut Mieterschutzverordnung vom 9. Juni 2020 derzeit auf 18 Gemeinden – als auch sachlich durch die in §§ 556e und 556d BGB definierten Ausnah­men begrenzt. Dies jedenfalls solange § 5 Wirt­schaftsstrafgesetz (WiStG) weiterhin in der Praxis keine Rolle spielt, was seit der BGH­Entscheidung vom 28. Januar 2004, Az. VIII ZR 190/03, der Fall ist. Das könnte sich bald ändern: Der Bundesrat hat den „Entwurf eines Gesetzes zur besseren Bekämp­fung von Mietwucher“ in den Bundestag eingebracht (Drs. 20/1239), der die Norm, die ein Überschrei­ten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent sanktioniert, wesentlich verschärfen würde. Auch dann aber können Vermieter bei Neu­ oder Wiedervermietung deutlich über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete einsteigen. Je grö­ßer die Differenz, desto länger müssen Vermieter allerdings auf eine Mieterhöhung nach Mietspiegel warten.
 

Einfache Umsetzbarkeit
Eine Indexmiete kann diesen Vorsprung für lange Zeit sichern, und zwar einfach und billig, was ein weite­rer Vorteil ist. Denn Mietänderungen aufgrund einer Indexklausel sind einfach und kostengünstig umzu­setzen. Die Berechnungsgrundlage ist transparent, die Indexentwicklung für jedermann nachvollziehbar. Die Erklärung ist unkompliziert und vom Vermieter selbst durchzusetzen – ohne teures Sachverständigengut­achten und meist auch ohne Gerichtsverfahren.

Verständlich also, dass die Indexmiete auch für die Vermietung von Wohnraum an Attraktivität gewinnt. Wie immer gilt jedoch, dass im Einzelfall sorgsam abgewogen werden muss, ob sie sich auch für ein kon­kretes Objekt eignet.

Löfflad, Stefan

Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Kanzlei W.I.R Jennißen und Partner und Verfasser des Mietvertrags für Eigentumswohnungen, den der Verband der nordrhein-westfälischen Immobilienverwalter (VNWI e.V.) herausgibt.