01.12.2015 Ausgabe: 8/2015

Darf er, kann er, muss er?

Sollten Verwalter Eigentümergemeinschaften über Möglichkeiten der ­öffentlichen Förderung von Sanierungsmaßnahmen beraten? Wie steht es um die Haftung? Vor Schnellschüssen ist auf jeden Fall zu warnen.

Energetische Sanierung ist „en vogue“. Zahlreiche Förderprogramme sollen auch für Wohnungseigentümergemeinschaften Anreize zu modernisierenden Instandsetzungen (§ 22 Abs. 3 WEG) oder Modernisierungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 WEG) bieten. Soweit Fördermöglichkeiten (wie KfW-Mittel) mit Darlehensaufnahmen verwoben sind, ist durch Anerkennung einer Beschlusskompetenz dafür (BGH, Urt. v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, Zweitschrift für Wohnungseigentumsrecht 20913, 27) und die gerade erfolgte weitere Klärung zu den näheren Voraussetzungen (BGH, Urt. v. 25.9.2015 - V ZR 244/14) die Türe in diese Richtung vollends aufgestoßen (lesenswert zum Thema auch: Häublein, Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht 2015, 67). Die Vielzahl direkter (z. B. über Kreditvergünstigungen) und indirekter (z. B. über Steuererleichterungen) Fördermöglichkeiten unterschiedlichster Träger und die – nicht zuletzt durch die Politik befeuerten – ständigen Änderungen der Förderbedingungen bilden indes einen kaum zu durchschauenden „Förder-Dschungel“, in dem sich Bauwillige heillos verstricken können. Hier kann – wie so oft – die Einschaltung von Sonderfachleuten (Fördermittelberater) Abhilfe schaffen. Dass es im Regelfall ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen wird, bei größeren Bau- oder Sanierungsvorhaben eine entsprechende Beauftragung zu beschließen (§ 21 Abs. 3, 4 WEG), wird man schwerlich in Zweifel ziehen. Indes werden nicht selten Wohnungseigentümer nach dem Motto „Geiz ist geil“ Beratung über Fördermöglichkeiten von ihrem Verwalter verlangen, der sich in der Praxis nicht selten darauf einlässt. Hier drohen Vermögensschäden, deren Abdeckung über Versicherungsbedingungen von marktüblichen Vermögenshaftpflichtversicherungen oft nicht gesichert sein dürfte. Umso mehr ist die Frage von Interesse, zu was der Verwalter verpflichtet ist und wie er Haftungsgefahren vermeidet. Und ist er gar (ungefragt) zur Fördermittelberatung verpflichtet?

Keine klare Linie in der Rechtsprechung
In Rechtsprechung und Schrifttum hat sich leider noch keine klare Linie herausgebildet. Aus der Verpflichtung des Verwalters zur Vorbereitung von Beschlüssen über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG wird teilweise die Verpflichtung abgeleitet, Wohnungseigentümer im Rahmen der Sorgfalt, die jeder Wohnungseigentümer für sich selbst anwenden würde, über „allgemein bekannte Förderinstrumente“ zu informieren. Bei Verletzung dieser Pflicht können Ersatzansprüche drohen, die allenfalls über den Einwand eines Mitverschuldens der Wohnungseigentümer (§ 254 BGB) zu kürzen sind (vgl. LG Mönchengladbach, Beschl. v. 29.9.2006 – 5 T 51/06, Neue Zeitschrift für Mietrecht 2007, 416). Andere wenden ein, dass ein WEG-Verwalter kein Finanzberater sei (Jennißen, in: Jennißen, WEG, 4. Aufl. 2014, § 26 Rn. 134). Daran anknüpfend gibt es sogar Stimmen, die wegen der Sonderregelung für Fördermittelberatung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in Abgrenzung zu der dort für Verwalter geschaffenen Sonderregelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 RDG jedwede Fördermittelberatung durch Verwalter gar als unerlaubte Rechtsdienstleistung ansehen (AG Oberhausen, Anerkenntnisurt. v. 7.5.2013 – 34 C 79/12, Zeitschrift für Wohnungseigentum 2013, 463).

Was der Verwalter darf

Letzteres ist – was hier nicht vertieft werden kann (eingehend Dötsch, Zeitschrift für Wohnungseigentum 2015, 79) – indes unzutreffend, zumal die Sonderregelungen in § 5 Abs. 2 RDG nebeneinander stehen und sich nicht ausschließen. Richtigerweise „darf“ ein WEG-Verwalter im Rahmen seiner Tätigkeit also grundsätzlich als „Nebenleistung“ zu seinem Hauptamt über Fördermittel zumindest für Gemeinschaftsaufgaben beraten. Streiten kann man allenfalls, ob auch bei individualnützigen Maßnahmen der Sondereigentümer ohne Verstoß gegen das RDG beraten werden darf, doch ist das in der Praxis eine exotische Ausnahme.

Dass ein Verwalter beraten „darf“, ist indes nur für Fälle interessant, in denen er sich tatsächlich darauf einlässt. Richtigerweise sind Fallgruppen zu bilden:

Haftung bei vertraglicher Übernahme einer Fördermittelberatung

Hat der Verwalter eine Fördermittelberatung aufgrund ausdrücklicher oder stillschweigender vertraglicher Abrede übernommen (u. U. gegen Sonderhonorar), ist seine Haftung bei einer Fehlberatung über § 280 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unproblematisch. Es ist etwa für Fördermittelberater anerkannt, dass diese dann, wenn ihre Kenntnisse nicht ausreichen, qualifizierten Rat einzuholen haben. Die Verpflichtung folgt nicht unmittelbar aus dem RDG, sondern aus dem Vertrag. Für WEG-Verwalter gilt nichts anderes.

Haftung bei „freiwilliger“ Fördermittelberatung

Nichts anderes wird anzunehmen sein, wenn der Verwalter ohne gesonderte vertragliche Abrede tatsächlich in eine Fördermittelberatung eintritt. Zumindest wegen der Schutzpflichten aus dem Verwaltervertrag (§ 241 Abs. 2 BGB) wird man auch dann bei einer Falschberatung zur Haftung gelangen, zumal im Zweifel keine „Gefälligkeit“ des Verwalters mehr vorliegen wird. Daher greift auch die Sonderregelung in § 675 Abs. 2 BGB, wonach für Rat oder Empfehlung eigentlich keine Haftung in Betracht kommt, nicht. Nur im Einzelfall wird hier man das nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutete Vertretenmüssen des Verwalters widerlegen können. Selbst wenn man über § 254 BGB zu einem Mitverschulden der Wohnungseigentümer gelangt, kann es für den Verwalter teuer werden. Vor „Schnellschüssen“ ist daher ausdrücklich zu warnen: Es ist keine Schande, unter Verweis auf den „Förder-Dschungel“ eine Auskunft zu verweigern und die Hinzuziehung von Fachberatern ins Spiel zu bringen. Dies gilt umso mehr, als solche vorbereitenden Maßnahmen auch schon öffentlich gefördert werden und so den Einstieg in eine umfassende Sanierungsplanung ebnen können, wie etwa die sog. Vor-Ort-Beratung (www.bafa.de/bafa/de/energie/energiesparberatung/index.html). Die Wohnungseigentümer werden dies dem Verwalter im Zweifel eher danken.

Haftung bei Unterlassen einer Fördermittel­beratung

Die wohl schwierigste Fallgruppe bilden Fälle, in denen der Verwalter nicht aktiv tätig wird, sondern schlichtweg passiv bleibt. Eine Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB für ein Unterlassen setzt nach allgemeinen Grundsätzen eine Handlungspflicht voraus, also eine Informations-, Aufklärungs- bzw. gar Beratungspflicht: Mit den kritischen Stimmen aus dem Schrifttum (insbesondere J.-H. Schmidt, Zeitschrift für Wohnungseigentum 2014, 440) wird man eine generelle Aufklärungs- und Beratungspflicht des Verwalters wohl nicht annehmen. Ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung kann man das von ihm nicht erwarten. Das bedeutet aber nicht, dass der Verwalter sich entspannt zurücklehnen darf! So wie ein Verwalter z. B. bei Baumaßnahmen die Beschlussfassung vorbereiten muss durch Einholung von Angeboten und ggf. durch Vorbereitung der Beauftragung von Fachplanern (Architekt, Statiker etc.), wird man auch in Finanzierungsfragen und damit auch den hier diskutierten Fördermittelfragen verfahren.

Hier droht ein Haftungsrisiko

Hat eine Gemeinschaft keine ausreichenden Finanzmittel, kann und muss der Verwalter etwa eine Kreditaufnahme in Betracht ziehen und sich beispielsweise stufenweise zu Verhandlungen mit der Bank und zum Vertragsschluss ermächtigen lassen (dazu erneut: Häublein, a.a.O.). Genauso wird man zumindest bei größeren Baumaßnahmen zumindest einen deutlichen Hinweis verlangen können, dass es sinnvoll sein kann, zur Prüfung von Fördermöglichkeiten einen Fachberater (Fördermittelberater) hinzuzuziehen (ggf. unter Inanspruchnahme der oben genannten Fördermöglichkeiten auch und gerade schon dafür). Unternimmt der Verwalter das nicht, wird man auch hier eine Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB konstruieren können, wenn die Eigentümer geltend machen, dass sie bei einem entsprechenden Hinweis einen Beschluss gefasst hätten, der so beauftragte Fachberater auf eine bestimmte Fördermöglichkeit hingewiesen und man diese erfolgreich in Anspruch genommen hätte (dazu vertiefend: Dötsch, a.a.O.). Ein entsprechender Hinweis (zu Beweiszwecken schriftlich oder in der Niederschrift!) und/oder Beschlussvorschlag kostet den Verwalter wenig Mühe, kann aber eine Menge Ärger ersparen!

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Dötsch, Wolfgang

Der Richter am Oberlandesgericht Köln ist seit einigen Jahren als Autor und Referent
im Miet- und Wohnungseigentumsrecht tätig.