10.03.2022 Ausgabe: 2/22

Das kann teuer werden! - Eine diffamierende Internetbewertung vor Gericht

Es kann ins Auge gehen, seinem Ärger mal schnell in den sozialen Medien Luft zu machen und zum Beispiel einen WEG-Verwalter „in die Pfanne“ zu hauen. Wie man als Leidtragender damit kommunikativ und auch juristisch umgehen kann, wurde in vdivaktuell 8/21, S. 40 ff. bereits erläutert. Wie man sich wehren kann, zeigt ein Fall, der sich so im Amtsgerichtsbezirk Heilbronn zugetragen hat:


Wenn zwei sich nicht grün sind
Eine Hausverwaltung und ein Eigentümer können miteinander nicht. Nachdem das Gebäude ertüchtigt worden ist, beschließt die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) eine Sonderumlage, an der der Eigentümer mit 4.215,70 Euro beteiligt wird. Er wendet ein, die Arbeiten seien mangelhaft ausgeführt worden. Auf einem Online- Portal bewertet er die Hausverwaltung mit nur einem Stern und warnt zugleich mit dem Stichwort „Provisionsgefahr“ vor deren unlauteren Praktiken. Der Hausverwaltung wurde dies zu bunt. Sie beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Das Amtsgericht (AG) Heilbronn setzte sich mit dem Antrag der Hausverwaltung ausführlich auseinander und verurteilte den Eigentümer unter Androhung eines Ordnungsgeldes i. H. v. bis zu 250.000 Euro, ersatzweise bis zu einem halben JahrOrdnungshaft, die schlechte Bewertung  zurückzunehmen (AG Heilbronn, Urteil vom 1.3.2021, Az. 8 C 412/21, ZMR 2021, 618).

Der Hausverwalter aber muss nach Erlass des Urteils feststellen, dass die Bewertung weiterhin im Internet zu finden ist – und er wendet sich erneut ans Amtsgericht. Das ordnet daraufhin ein Zwangsgeld i. H. v. 5.000 Euro an, ersatzweise, für den Fall, dass es nicht beigetrieben werden kann, für je 250 Euro einen Tag Zwangshaft. Der Eigentümer veranlasst die Löschung. Die Zwangsgeldandrohung ist damit erledigt.


Wie aus Zwangsgeld Haft werden kann
Wie aber wäre das Verfahren verlaufen, wenn der Eigentümer es drauf ankommen lassen hätte? Das angeordnete Zwangsgeld wird nicht von Amtswegen vollstreckt. Der Vollstreckungsgläubiger muss sich dazu an das Amtsgericht wenden, das die Vollstreckung dann jedoch amtswegig durchführt. Soweit die Vollstreckung erfolgreich verläuft, gebührt das verfallene Zwangsgel nicht dem Vollstreckungsgläubiger, sondern der Staatskasse. Bleibt der Verurteilte weiterhin untätig, kann danach weiteres Zwangsgeld verhängt werden, das dann
erheblich höher ausfällt als das erste.

Stellt sich bei der Vollstreckung des Zwangsgeldes heraus, dass der Verurteiltevermögenslos ist, käme die Umwandlung  des Zwangsgeldes in Haft zum Zuge. Im vorliegenden Fall wären für jeden Hafttag 250 Euro auf das Zwangsgeld angerechnet worden. Allerdings ist auch eine etwaige Verhaftung Antragssache des Gläubigers (Muster bei Hasselblatt/Sternal/Müller, Beck’sches Formularbuch, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., 2021, M.II.1 (Zwangsgeld), MII.2 (Zwangshaft)). Er haftet für die Kosten in der Justizvollzugsanstalt, wofür Tagessätze von ca. 15 Euro anfallen, je nach Unterbringung in einer Einzel- oder Mehrbettzelle (VE 3/2021, S. 37)

Der Fall zeigt, dass man Angriffen im Netz nicht schutzlos ausgesetzt ist. Allerdings ist die Grenze zwischen freier, kritischer Meinungsäußerung und Diffamierung nicht immer scharf zu ziehen. Wenn eine Äußerung aber, wie hier beschrieben, den Verwalter verunglimpft, kann es für den, der sie gepostet hat, schnell teuer und sehr ungemütlich werden. Allein die Prozesskosten betrugen um 1.500 Euro.
 

Schmidberger, Gerhard

Diplom-Rechtspfleger, Heilbronn