16.08.2021 Ausgabe: 5/21

Das neue WEG Folge 5: Der Verwalter

In der Vergangenheit war der Verwalter reines Organisations- und Vollzugsorgan: Er musste Beschlüsse der Wohnungseigentümer herbeiführen und umsetzen. Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) hat seine Stellung gestärkt. Unverändert ist er für die Organisation in der Gemeinschaft zuständig. Neu ist, dass er jetzt kraft Gesetzes auch eigene Entscheidungskompetenzen hat. Zudem ist er in nahezu allen Fällen gesetzlicher Vertreter der Eigentümergemeinschaft. Damit gewinnt er erheblich an Bedeutung, weshalb seine Abberufung jederzeit beschlossen werden kann. Ab 1. Dezember 2022 können Wohnungseigentümer auch die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen.

Die gesetzliche Vertretung
Verwalter vertreten die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer grundsätzlich umfassend gerichtlich und außergerichtlich. Eine Ausnahme besteht lediglich für den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. Die Vertretungsmacht des Verwalters ist nach § 9b Abs. 1 S. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) durch Vereinbarung oder Beschluss nicht beschränkbar. Der Verwalter ist damit umfassendes Vertretungsorgan der Eigentümergemeinschaft und diesbezüglich im Prinzip etwa mit einem GmbH-Geschäftsführer vergleichbar. Anders als § 27 Abs. 2 WEG a. F. sieht das neue WEG keine Vertretung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter mehr vor.

§ 9b Vertretung
(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten, beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags aber nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer.

Abberufungsrecht und Vergütung
Die Wohnungseigentümer können den Verwalter jederzeit durch Mehrheitsbeschluss abberufen. Eine Beschränkung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nicht mehr möglich; § 26 Abs. 5 WEG führt zur Unwirksamkeit entsprechender Vereinbarungen oder Beschlüsse.

Der Verwaltervertrag endet nach § 26 Abs. 3 S. 2 WEG spätestens sechs Monate nach der Abberufung. Dann erlischt auch der Vergütungsanspruch des Verwalters. Da die Gemeinschaft nach einer grundlosen Abberufung den Verwalter für einen bestimmten Zeitraum weiter vergüten muss, wird ein solcher Abberufungsbeschluss oft ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen. Anfechtungsberechtigt sind aber seit dem WEMoG nur noch die Wohnungseigentümer, der Verwalter hingegen nicht mehr (vgl. § 44 Abs. 1 S. 1 WEG).

26 Bestellung und Abberufung des Verwalters
(1) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer.

(2) Die Bestellung kann auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Fall der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann.

(3) Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden. Ein Vertrag mit dem Verwalter endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.

(4) Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muss, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, bei der die Unterschriften der in § 24 Absatz 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind.

(5) Abweichungen von den Absätzen 1 bis 3 sind nicht zulässig.

Zertifizierter Verwalter
Wohnungseigentümer haben nach § 19 Abs. 2 Nr. 5 WEG ab 1. Dezember 2022 einen Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Eine Ausnahme gilt nur für die Eigenverwaltung in kleinen Gemeinschaften: Wird in einer Gemeinschaft mit maximal acht Einheiten einer der Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt, muss dieser nicht zertifiziert sein.

Als zertifizierter Verwalter darf sich nach § 26a Abs. 1 WEG bezeichnen, wer durch eine Prüfung vor einer Industrie- und Handelskammer (IHK) nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Die Einzelheiten über die Prüfung werden in einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz geregelt (vgl. § 26a Abs. 2 WEG). Aus der Ermächtigungsgrundlage ergibt sich jedoch, dass bestimmte Berufsgruppen von der Prüfung befreit sein werden, insbesondere Volljuristen, Hochschulabsolventen mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt sowie Immobilienkaufleute.

Der Sache nach handelt es sich bei dieser auf den ersten Blick ungewöhnlichen Konstruktion um das funktionale Äquivalent für den seit Längerem geforderten „Sachkundenachweis“. Die Rechtsverordnung ist bislang noch nicht erlassen, weshalb derzeit noch keine Möglichkeit besteht, die „Sachkundeprüfung“ bei der IHK abzulegen. Die Verwalterbranche muss sich also noch etwas in Geduld üben!

§ 26a Zertifizierter Verwalter
(1) Als zertifizierter Verwalter darf sich bezeichnen, wer vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt.

(2) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter zu erlassen. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können insbesondere festgelegt werden:

1. nähere Bestimmungen zu Inhalt und Verfahren der Prüfung;

2. Bestimmungen über das zu erteilende Zertifikat;

3. Voraussetzungen, unter denen sich juristische Personen und Personengesellschaften als zertifizierte Verwalter bezeichnen dürfen;

4. Bestimmungen, wonach Personen aufgrund anderweitiger Qualifikationen von der Prüfung befreit sind, insbesondere weil sie die Befähigung zum Richteramt, einen Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt, eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Immobilienkaufmann oder zur Immobilienkauffrau oder einen vergleichbaren Berufsabschluss besitzen.

Entscheidungskompetenz
Das WEMoG erweitert in § 27 WEG die Entscheidungskompetenzen des Verwalters: Er ist künftig nicht nur zuständig, über dringliche Maßnahmen zu entscheiden, sondern hat alle Maßnahmen der laufenden Verwaltung zu treffen.

Hierin liegt ein Paradigmenwechsel, der das Recht der Praxis anpasst. Denn schon in der Vergangenheit wurde häufig versucht, die laufende Verwaltung an den Verwalter zu delegieren, insbesondere im Verwaltervertrag. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist der Verwalter nun kraft Gesetzes befugt, über diejenigen Maßnahmen zu entscheiden, die „untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen“. Diese Kompetenz kann durch Beschluss eingeschränkt oder erweitert werden. Der Verwaltervertrag ist hierfür seit 1. Dezember 2020 also nicht mehr der richtige Regelungsort.

§ 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters
(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1. untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder

2. zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

ZUM NACHLESEN
Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter und Dr. Felix Wobst sind Autoren des Werks „WEG-Reform 2020 – Das Wohnungseigentumsrecht nach dem WEMoG“, das für 49,80 Euro erhältlich ist. Es enthält ausführliche Erläuterungen nebst Formulierungsvorschlägen zum neuen Recht.

Otto Schmidt Verlag 2020, Broschur, 572 Seiten, ISBN 978-3504450496

 


Foto: © nito / Shutterstock.com

 

Wobst, Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, Dr. Felix

Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter
Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin

Dr. Felix Wobst
Notar, Gerolzhofen