28.10.2021 Ausgabe: 7/21

Das neue WEG  - Folge 7:  Die Rolle des Verwaltungsbeirats

Der seit jeher in § 29 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelte Verwaltungsbeirat ist in der Praxis idealerweise das Bindeglied zwischen der großen Gruppe der Wohnungseigentümer und dem Verwalter. Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) 2020 hat § 29 WEG zwar neu gefasst, die inhaltlichen Änderungen sind aber überschaubar. Von größerer Bedeutung ist die in § 9b Abs. 2 WEG aufgenommene Vertretungsmacht des Beiratsvorsitzenden gegenüber dem Verwalter. Unverändert ist die Ersatzkompetenz des Verwaltungsbeirats, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, sowie seine Beteiligung bei der Protokollunterzeichnung.

Besetzung des Beirats
Beiratsmitglieder werden durch Beschluss der Wohnungseigentümer bestellt. Wie auch nach altem Recht dürfen nur Wohnungseigentümer in den Beirat gewählt werden; ein abweichender Beschluss ist ordnungswidrig, nicht hingegen nichtig. Im Gegensatz zum alten Recht legt das WEMoG keine feste Anzahl von Beiratsmitgliedern fest. Es kann also eine beliebige Zahl von Personen in den Beirat gewählt werden. Findet sich nur ein Kandidat, kann also auch ein Ein-Personen-Beirat gebildet werden.

Hat der Verwaltungsbeirat hingegen mehrere Mitglieder, sind ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. § 29 Abs. 1 S. 2 WEG lässt – ebenso wie die Vorgängernorm – offen, durch wen diese Bestimmung erfolgen kann. Es bleibt daher bei der bisherigen Rechtslage, wonach die Verteilung der Ämter entweder durch Beschluss der Wohnungseigentümer erfolgt oder, wenn die Wohnungseigentümer hiervon keinen Gebrauch machen, durch Beschluss der Beiratsmitglieder.

Rechte und Pflichten des Beirats
Die Aufgaben des Beirats sind sowohl in § 29 Abs. 2 WEG als auch im jeweiligen Sachzusammenhang mit anderen Vorschriften des WEG geregelt. Das WEMoG hat diese Aufgaben in zwei Punkten geändert: Zum einen hat es in § 9b Abs. 2 Alt. 1 WEG eine Vertretungsmacht des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats gegenüber dem Verwalter eingeführt. Zum anderen wurde der bislang in § 29 Abs. 2 und 3 WEG a. F. geregelte Aufgabenkatalog modifiziert.

a) Aus dem alten Recht bekannte Aufgaben
Wie bisher auch unterstützt der Verwaltungsbeirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben, § 29 Abs. 2 S. 1 WEG. § 29 Abs. 2 S. 2 WEG bestimmt, dass Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung vor einer Beschlussfassung vom Beirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden sollen. Diese Regelung ist aus dem alten Recht bekannt. Auf Rechnungslegungen und Kostenanschläge bezieht sich die Prüfpflicht des Verwaltungsbeirats seit dem WEMoG aber nicht mehr. 

Nicht geändert hat das WEMoG die in § 24 WEG geregelten Aufgaben des Verwaltungsbeirats, die dieser durch seinen Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter ausübt. Diese Aufgaben betreffen die Einberufung einer Eigentümerversammlung, falls ein Verwalter fehlt oder die Einberufung pflichtwidrig verweigert, sowie die Unterzeichnung des Versammlungsprotokolls.

b) Neue Aufgabe: Überwachung
Neu ist die Aufgabe des Verwaltungsbeirats, den Verwalter zu überwachen, § 29 Abs. 2 S. 1 WEG. Die Gesetzesbegründung ist hinsichtlich des Zwecks der Regelung wenig aufschlussreich. Rechtspolitisch sollte wohl ein Gegengewicht zur Stärkung der Verwalterkompetenzen gesetzt werden. Man sollte die Neuregelung nicht als allgemeine Kontrollpflicht verstehen, weil dies die Haftungsrisiken der Beiratsmitglieder unvertretbar erhöhen würde.

c) Neue Aufgabe: Vertretung gegenüber dem Verwalter
§ 9b Abs. 2 WEG sieht vor, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats vertreten wird. Diese Regelung sichert die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft in Fällen, in denen der Verwalter aus Rechtsgründen an ihrer Vertretung gehindert ist. Diese Vertretungsbefugnis ist sachlich unbeschränkt und besteht ohne weitere Voraussetzungen; insbesondere bedarf es keines Ermächtigungsbeschlusses. § 9b Abs. 2 WEG betrifft aber allein die Vertretungsmacht im Außenverhältnis, regelt also nicht die Voraussetzungen, unter denen von dieser Vertretungsmacht im Innenverhältnis Gebrauch gemacht werden darf. In der Regel darf der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats von ihr nur Gebrauch machen, wenn dem ein Beschluss der Wohnungseigentümer zugrunde liegt; insoweit ist er dann aber auch zum Handeln verpflichtet.

Beschränkung der Haftung des Beirats 
§ 29 Abs. 3 WEG beschränkt die Haftung des unentgeltlich tätigen Beirats auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Zweck der Vorschrift ist es, die Bereitschaft, sich im Verwaltungsbeirat zu engagieren, zu fördern. Unentgeltlich ist eine Tätigkeit, die von keiner Gegenleistung abhängig ist. Aufwendungsersatz ist kein Entgelt, steht der Haftungsprivilegierung also nicht im Wege. Werden Aufwendungen pauschal abgegolten, ist maßgeblich, ob dem Beiratsmitglied aus Sicht eines objektiven Betrachters Aufwendungen in entsprechender Höhe typischerweise entstehen können. Ist diese Frage zu verneinen, so handelt es sich um eine verschleierte Vergütung mit der Folge, dass die Haftungsprivilegierung entfällt.
 

§ 9b Vertretung (Auszug)
(2) Dem Verwalter gegenüber vertritt der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder ein durch Beschluss dazu ermächtigter Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift (Auszug)
(3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.

(6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.

§ 29 Verwaltungsbeirat
(1) Wohnungseigentümer können durch Beschluss zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Hat der Verwaltungsbeirat mehrere Mitglieder, ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.

(2) Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung sollen, bevor die Beschlüsse nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gefasst werden, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden.

(3) Sind Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig, haben sie nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
 

ZUM NACHLESEN

Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter und Dr. Felix Wobst sind Autoren des Werks „WEG-Reform 2020 – Das Wohnungseigentumsrecht nach dem WEMoG“, das für 49,80 Euro erhältlich ist. Es enthält ausführliche Erläuterungen nebst Formulierungsvorschlägen zum neuen Recht. 

 

Otto Schmidt Verlag 2020, Broschur, 572 Seiten, ISBN 978-3504450496

Foto: © leolintang / Shutterstock.com

 

Wobst, Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, Dr. Felix

Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter
Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin

Dr. Felix Wobst
Notar, Gerolzhofen