03.12.2021 Ausgabe: 8/21

Das neue WEG - FOLGE 8: die Rechtsbeziehungen in der Gemeinschaft

Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ordnet die Rechtsbeziehungen in der Gemeinschaft neu. Im Zentrum steht künftig die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, der nun auch im Innenverhältnis die Aufgabe zugewiesen ist, das gemeinschaftliche Eigentum zu verwalten.

Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentümern
und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Die Wohnungseigentümer sind Mitglieder des Verbands „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ und haben als solche dem Verband gegenüber Rechte und Pflichten. Die mitgliedschaftlichen Pflichten sind notwendig, damit der Verband seine Aufgabe erfüllen kann, das Gemeinschaftseigentum zu verwalten, (§ 18 I Wohnungseigentumsgesetz (WEG)). Im Zentrum steht die Pflicht, das Binnenrecht der Gemeinschaft, also die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse, zu wahren (§ 14 I Nr. 1 WEG) und in diesem Zusammenhang auch Einwirkungen zu dulden (§ 14 I Nr. 2 WEG). Dazu kommt die Pflicht, die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu finanzieren. Die mitgliedschaftlichen Rechte sind das Surrogat dafür, dass die einzelnen Wohnungseigentümer ihr Gemeinschaftseigentum nicht selbst verwalten dürfen. Im Zentrum steht der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung (§ 18 II WEG). Er wird durch Informationsansprüche flankiert (etwa § 18 IV, § 28 IV WEG). Die mitgliedschaftlichen Ansprüche der Wohnungseigentümer sind entweder durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer oder ein Tätigwerden des Verwalters zu erfüllen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schuldner der Ansprüche stets und allein der Verband ist.


Beispiel
Will ein Wohnungseigentümer Einsicht in die Eigentümerliste nehmen, hilft ihm sein Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen nach § 18 IV WEG, der ausdrücklich gegen den Verband gerichtet ist. Erfüllt wird der Anspruch dadurch, dass der Verwalter die Einsichtnahme gewährt, weil sie keiner Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer bedarf. Der Verwalter handelt dabei als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und ist selbst nicht Schuldner des Anspruchs.

Daneben bilden die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit auch das zentrale Willensbildungsorgan des Verbands, das man als „Wohnungseigentümerversammlung“ bezeichnen kann, auch wenn die Entscheidungen nicht zwingend in einer Versammlung getroffen werden müssen (vgl. § 23 III WEG).

Rechtsbeziehungen zwischen dem Verwalter und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Der Verwalter ist das Geschäftsführungsorgan der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Er verleiht ihr Handlungsfähigkeit; insbesondere vertritt er sie im Rechtsverkehr (§ 9 b I 1 WEG). Als Organ treffen ihn Pflichten, die im WEG verstreut und nicht abschließend geregelt sind. Im Zentrum steht § 27 I WEG, wonach der Verwalter laufende und dringliche Maßnahmen trifft. Ergänzt wird dies durch eine Vielzahl einzelner Pflichten, z. B. im Hinblick auf die Einberufung einer Versammlung (§ 24 I WEG) oder die Erstellung der Jahresabrechnung (§ 28 I 2 WEG) und des Vermögensberichts (§ 28 IV WEG). Unmittelbar aus seiner Stellung als Geschäftsführungsorgan folgt zudem seine Pflicht, Beschlüsse und Vereinbarungen der Wohnungseigentümer zu vollziehen. Daneben hat der Verwalter in der Regel auch einen Verwaltervertrag mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abgeschlossen. Er ist Grundlage für die Vergütung des Verwalters.


Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander
In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt der Rechtsbeziehungen, die durch das WEG begründet wurden, zwischen den Wohnungseigentümern: Zwischen ihnen bestand insbesondere der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung (§ 21 IV WEG a. F.) und auf Einhaltung des Binnenrechts, also des Gesetzes, der Vereinbarungen und Beschlüsse (§ 15 III WEG a. F.). Das ändert sich durch das WEMoG grundlegend: Indem die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums allein der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugewiesen wird (§ 18 I WEG), werden die damit zusammenhängenden Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentümern gekappt. Die zentralen Ansprüche auf ordnungsmäßige Verwaltung und Einhaltung des Binnenrechts richten sich nunmehr allein gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 18 II WEG). Deshalb besteht auch keine Pflicht der Wohnungseigentümer mehr untereinander, sondern nur noch ihr gegenüber, an der Verwaltung mitzuwirken. Das gilt auch dann, wenn die ordnungsmäßige Verwaltung die Fassung eines Beschlusses erfordert. Es sind zwar die Wohnungseigentümer, die diesen Beschluss fassen, sie tun dies aber als Organ, das für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handelt. Folgerichtig ist auch die Beschlussersetzungsklage gegen sie und nicht gegen die einzelnen Wohnungseigentümer zu richten (§ 44 II 1 WEG). Gesetzliche Ansprüche der Wohnungseigentümer untereinander, die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergeben (z. B. aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen Störungen), können allein von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeübt werden (§ 9 a II Var. 1 WEG).

Zwischen den Wohnungseigentümern besteht zwar nach wie vor ein Rechtsverhältnis. Dieses Rechtsverhältnis geht in seinen Wirkungen aber nicht signifikant über das von Grundstücksnachbarn hinaus: § 14 II WEG verschärft letztlich nur die Rücksichtnahmeregeln, die sich in abgeschwächter Form schon aus den nachbarschaftlichen Regelungen des BGB ergeben (vgl. § 1004 BGB im Zusammenspiel mit § 906 BGB).


Keine Rechtsbeziehungen zwischen Wohnungseigentümern und dem Verwalter
Zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und dem Verwalter bestehen keine unmittelbaren wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsbeziehungen mehr. Denn der Verwalter ist nur noch Organ des Verbands „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“; die damit einhergehenden organschaftlichen Pflichten bestehen naturgemäß nur ihr gegenüber. Das Gesetz verdeutlicht dies insbesondere in der für die Stellung des Verwalters zentralen Vorschrift des § 27 I WEG: Anders als früher ist der Verwalter nur noch „gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ und nicht mehr gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern verpflichtet. Spiegelbildlich besteht auch der für die einzelnen Wohnungseigentümer zentrale Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung nur gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 18 II WEG).

Richtigerweise sind die Wohnungseigentümer auch nicht mehr in die Schutzwirkung des Verwaltervertrags einbezogen, können also auch daraus keine Schadensersatzansprüche unmittelbar gegen den Verwalter ableiten. Denn anders als früher ist ein solcher ungeschriebener Anspruch der Wohnungseigentümer nicht mehr erforderlich. Nunmehr schuldet die Gemeinschaft den Wohnungseigentümern die ordnungsmäßige Verwaltung (§ 18 II WEG). Weil ihr das Verhalten des Verwalters analog § 31 BGB zuzurechnen ist, liegt in einer Pflichtverletzung des Verwalters zugleich eine Pflichtverletzung der Gemeinschaft. Gegen sie haben geschädigte Wohnungseigentümer einen Schadensersatzanspruch nach § 280 I BGB, sodass sie keines zusätzlichen Anspruchs gegen den Verwalter bedürfen.

ZUM NACHLESEN
Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter und Dr. Felix Wobst sind Autoren des Werks „WEG-Reform 2020 – Das Wohnungseigentumsrecht nach dem WEMoG“, das für 49,80 Euro erhältlich ist. Es enthält ausführliche Erläuterungen nebst Formulierungsvorschlägen zum neuen Recht.

Otto Schmidt Verlag 2020, Broschur, 572 Seiten, ISBN 978-3504450496
 

Wobst, Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, Dr. Felix

Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter
Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin

Dr. Felix Wobst
Notar, Gerolzhofen