05.12.2016 Ausgabe: 8/2016

Das reinste Kinderspiel?!

Wenn es um die Betreiberverantwortung in Freianlagen geht, werden qualifizierte Spielplatz- und Baumkontrollen zur unabdingbaren Pflicht.
 

Ein gesunder Baumbestand und Spielplätze sind Wohlfühlfaktoren für Mieter, und sie tragen zum Wert­erhalt der Liegenschaft wesentlich bei. Eigentümer wie Verwalter sind sich allerdings der Verantwortung, die aus diesem Bestand resultiert, häufig nicht bewusst. Das Thema Verkehrssicherung bekommt eine besondere Bedeutung. Wenn es um die Betreiberverantwortung geht, sind Haftungsrisiken möglichst effizient und nachhaltig zu minimieren.

Immer häufiger werden Liegenschaften über alle Lebensphasen hinweg entwickelt und gestaltet – als Revitalisierung bestehender Quartiere, oft mit Spielplätzen und altem Baumbestand. Nach Fertigstellung – sei es als Neubau oder im Zuge der Revitalisierung – folgen viele Jahrzehnte, in denen es nur mit verantwortungsvoller Instandhaltung gelingt, den Wohn- und Substanzwert der Liegenschaften möglichst dauerhaft und ohne Gefährdungen zu erhalten. Alle Landesbauordnungen weisen sinngemäße Formulierungen wie „Bauliche Anlagen sind so zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass von ihnen keine Gefährdungen ausgehen“ auf. Als Bestandteil der Instandhaltungspflicht kommt der Verkehrssicherungspflicht dabei eine entscheidende Rolle zu. In der Praxis zeigt sich jedoch regelmäßig, dass Immobilienverwaltungen gerade die besonders verantwortungsvollen „Spielplatzkontrollen“ und „Baumkontrollen“ nicht im Blick haben, obwohl die anfallenden Prüfkosten auf Mieter umlegbar sind.

Spielplätze qualifiziert prüfen

So viel Erholungswert, so viele potenzielle Gefahren: Spielplätze sind Stätten ungetrübter Freude – allerdings nur, solange kein Unfall passiert. Aus diesem Grund werden wohl kaum irgendwo so hohe Anforderungen an Neuerrichtung und Kontrollen gestellt wie bei Spielplätzen. Beginnend bei DIN 18034 – Grundlagen zur Objektplanung von Spielplätzen und Freiflächen zum Spielen – mit allgemeinen Hinweisen, fortgesetzt mit vielfältigen Bestimmungen für neue Spielgeräte in DIN EN 1176, Teile 1 – 6, 10, 11, endend in Teil 7 mit detaillierten Vorschlägen zu Betrieb, Wartung und Inspektion. Diese Regelungen gelten zunächst für die Errichtung neuer Anlagen.

Häufig stellt sich in der Verwalterpraxis die Frage, ob bestehende Spielplätze und die Ausstattung mit Geräten oft älteren Datums unverändert weiter betrieben werden können – eine Entscheidung, die selbstverständlich auch von wirtschaftlichen Überlegungen beeinflusst wird. Vorrangig ist darauf zu achten, dass auch von älteren Spielgeräten keinerlei Gefährdung ausgehen darf und sie den zum Errichtungszeitpunkt bestehenden Anforderungen entsprechen müssen. Wurden sie ordnungsgemäß instand gehalten, ist eine Nachrüstung nicht zwingend verpflichtend – man unterstellt den sog. Bestandsschutz.

Um eine solche Entscheidung verantwortungsbewusst treffen zu können, bedarf es allerdings besonderer Sachkunde. Dies spiegelt sich in den Anforderungen aus DIN 1176 an die empfohlenen Kontrollen und die dafür nahe gelegte Qualifikation der Prüfer wider. Auch ein eigener Fachbericht, der Anforderungen an die Ausbilder von Spielplatzprüfern stellt, unterstreicht die herausragende Bedeutung dieses Aspekts. Für Spielplätze werden in der Normung im Wesentlichen drei Kontrollarten empfohlen: Die visuelle Kontrolle durch befähigte Personen (häufig auch als Eingewiesene bezeichnet) bezieht sich auf offensichtlich erkennbare Schäden oder Gefährdungen. Darauf ­aufbauend wird die operative Inspektion durch Sachkundige empfohlen, die zusätzlich Funktionstests umfasst und die detaillierte Inaugenscheinnahme einzelner Spielgeräte. Hier geht es vor allem um Verschleiß und Stabilität. Gefährdungspotenziale bergen z. B. Kopffangstellen, für die strenge Prüfnormen gelten. Als intensivste Prüfung wird die Jahreshauptinspektion von zugelassenen Prüfern durchgeführt. Dabei werden zusätzlich zur operativen Inspektion auch noch Fundamente von Spielgeräten gründlich begutachtet.

Führt man sich mögliche Gefährdungen durch Spielgeräte vor Augen, werden die strengen Anforderungen schnell begreiflich: Zur üblichen Abnutzung durch Gebrauch und Verwitterung nimmt bedauerlicherweise der Vandalismus tendenziell zu, insbesondere in großstädtischen Gebieten. Für Laien ist meist nicht erkennbar, ob von einem Spielgerät eine Gefährdung ausgeht. Erfahrene Kontrolleure aber haben stets ein Auge auf verdeckte Schäden an Verankerungen. Häufigen Grund zur Beanstandung bieten der Fallschutz, wenn Material und Fläche den Vorschriften nicht entsprechen, oder der fehlende Freiraum in Kopfhöhe bei sich bewegenden Spielgeräten. Die schon erwähnten Kopffangstellen kommen ab einer Höhe von 60 cm zum Tragen. Gefahr droht aber auch, wenn sich Kordeln oder Finger verfangen können. Hierzu bedarf es fundierter Sachkunde für die Beurteilung. Die Einhaltung der hier genannten Inspektionen entspricht einem hohen Sicherheitsstandard. Komplett ausschließen lässt sich das Unfallrisiko durch ihre vollumfängliche Umsetzung allerdings nicht. Gegen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch und Vandalismus ist leider kein Kraut gewachsen. Gewinner der gebotenen Sorgfalt sind aber in jedem Fall die Kinder!

Qualifizierte Baumkontrollen

Die Kontrolle des Baumbestands in Freianlagen unterliegt dem maßgeblichen Regelwerk der FLL-Baumkontrollrichtlinien – sinnvollerweise in Verbindung mit den „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen für die Baumpflege“, kurz: ZTV-Baumpflege.

Die FLL-Baumkontrollrichtlinien schlagen Prüfintervalle in Abhängigkeit vom Alter eines Baumes, von den berechtigten Sicherheitserwartungen des Verkehrs sowie vom Zustand des jeweiligen Baumes vor.

Diese obergerichtlich geforderte und differenzierte Betrachtung ist für große Bestandshalter und -verwalter im Tagesgeschäft schwer umzusetzen und enorm aufwändig. In der Praxis werden Baumkontrollen häufig einmal jährlich oder aber halbjährlich, jeweils im belaubten und unbelaubten Zustand, durchgeführt.

Die Dokumentation erfolgt üblicherweise in sogenannten Baumkatastern. Sie sind in manchen Regionen für größere Bäume (z. B. in Hamburg ab 25 cm Stammdurchmesser) durch kommunale Verordnungen verpflichtend vorgeschrieben! Baumkataster sind datenbankgestützte Systeme, worin Prüfergebnisse, inkl. Maßnahmenempfehlung abgelegt werden – und optional auch der Standort graphisch dargestellt werden kann. Dies ermöglicht den langfristig wirtschaftlichen Umgang mit dem Baumbestand.

Immobilienverwaltungen gewinnen über derartige Baumkataster effektiv einen zentralen Überblick über die notwendigen Maßnahmen und die Prioritäten im verwalteten Bestand – gerade bei räumlich weit verstreuten Liegenschaften.

Da Baumkontrollen nicht nur der Dokumentation der Verkehrssicherungspflicht dienen, sondern auch der Ausgangspunkt für gezielte Baumpflegearbeiten sind, empfiehlt es sich, vor allem bei Jungbäumen wachstumsbedingten Fehlentwicklungen so früh wie möglich durch fachgerechte Aufbau- und Erziehungsschnitte entgegen zu wirken. Je früher Korrekturen im Kronenaufbau jüngerer Bäume erfolgen, desto lohnender: Im Frühstadium einer Fehlentwicklung (z. B. Doppelstammbildung) entstehen meist geringe Kosten für kleine ­Rückschnittmaßnahmen. Der eventuell später nötige Einbau von Kronenverankerungen und der regelmäßige Rückschnitt bruchgefährdeter großer Bäume wird wesentlich teurer. Generell wird die Verkehrssicherheit so langfristig deutlich verbessert, und in der Reife des Baumes sind dann nur noch ergänzende Pflegeschnitte nötig.

Grundsätzlich gilt: Zukunftsorientierte und kosteneffiziente Gesunderhaltung von Baumbeständen ist nur mit leistungsfähigen EDV-Systemen und regelmäßigen Baumkontrollen durch qualifiziertes Fachpersonal möglich!

In Abhängigkeit vom Baumzustand werden vereinzelt gelegentlich unterjährig zusätzliche Kontrollen erforderlich – meist bei alten Baumbeständen, die man als charakteristisch für die Wohnanlage möglichst lange erhalten möchte. Schließlich hat man in die Pflege des Baumbestands oft schon über Jahrzehnte investiert und möchte ihren Wert für die Bewohner möglichst erhalten, ohne sie zu gefährden.

Besondere Beachtung sollte man dem Baumbestand zum Winter hin schenken: Schwerer Nassschnee führt häufig zu Astbrüchen. Bleiben diese Äste im Baum hängen, z. B. direkt über Spielplätzen und Verkehrswegen, bedeutet dies akute Risiken für Personen- oder Sachschäden.

Foto: © Volodymyr Kyrylyuk / Shutterstock.com
 


 

Hundsrucker, Dipl.-ing. Günther

Der Geschäftsführer der QSW UG ist Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie für Schäden an Gebäuden und zudem beratend tätig.
www.qsw-deutschland.de