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Wie Verwaltungen mit dem Sanierungsstau in Wohnungseigentümergemeinschaften umgehen können.
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) hat in Deutschland beachtliche Erfolgsgeschichte geschrieben. Rund zehn Millionen Eigentumswohnungen wurden in seinem Zuge geschaffen – durch Neubau oder Umwandlung bestehender Gebäude. Doch wo das WEG vielen Menschen die Bildung von Wohneigentum ermöglicht hat, stehen wir heute vor einer neuen Herausforderung: Wie kann sichergestellt werden, dass diese Wohnungen in Zukunft ihren Wert behalten und den modernen Anforderungen gerecht werden?
Ein Großteil der Mehrfamilienhäuser in Deutschland, damit auch der Eigentümergemeinschaften, stammt aus der Zeit vor 1980. Diese Gebäude sind heute 40 Jahre und älter. Das bedeutet: Unter Berücksichtigung der normalen Lebensdauer von Bauteilen werden in absehbarer Zeit größere Erhaltungsmaßnahmen notwendig – oder sind es bereits.
Eine „Blitzumfrage“ des VDIV Deutschland unter rund 1.600 Immobilienverwaltungen zeichnet ein alarmierendes Bild: Über 96 Prozent der Befragten sehen Wohnungseigentümer-gemeinschaften finanziell nicht dazu in der Lage, umfassende energetische Sanierungen vorzunehmen. 87 Prozent schätzen zudem, dass die Erhaltungsrücklagen nicht ausreichen, um ältere Heizungen auszutauschen. Weit über 90 Prozent gehen davon aus, dass es Eigentümern nicht möglich sein wird, deutlich höhere Rücklagen zu bilden oder Sonderumlagen aufzubringen. Diese Zahlen deuten auf ein grundlegendes Problem hin: Viele Eigentümergemeinschaften verfügen nicht über hinreichende finanzielle Mittel für größere Erhaltungsmaßnahmen, selbst wenn diese dringend notwendig sind.
Das WEG sieht in § 19 Abs. 2 Nr. 4 vor, dass zur ordnungsmäßigen Verwaltung die „Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage“ gehört. Sie soll sicherstellen, dass bei plötzlich auftretendem Erhaltungsbedarf die nötigen Mittel vorhanden sind, und verhindern, dass existenzbedrohende Sonderumlagen erforderlich werden. Dass die Rücklagen aber trotz dieser Vorgabe oft nicht ausreichen, liegt häufig am Widerstand der Eigentümer, höhere Einzahlungen zu leisten. Häufig vorgebrachte Argumente: Jeder kann selbst ansparen und bei Bedarf eine Sonderumlage zahlen. Aufgrund laufender Finanzierungen gibt es keinen Spielraum für zusätzliche Ausgaben. Oder: In meinem Alter muss ich mich damit nicht mehr beschäftigen. Auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten, insbesondere für Energie, lassen vielen Eigentümern wenig Spielraum für zusätzliche Ansparungen. Und zudem wird oft der Bedarf an kostenintensiven Erhaltungsmaßnahmen unterschätzt oder bestritten: Das hält noch.
Verwaltungen stehen in dieser Situation vor einer echten Herausforderung: Einerseits haben sie die Aufgabe, Eigentümer auf anstehenden Erhaltungsbedarf hinzuweisen und entsprechende Beschlüsse vorzubereiten. Andererseits riskieren sie, als „Überbringer schlechter Nachrichten“ in Ungnade zu fallen oder sich dem Vorwurf auszusetzen, das Gebäude „schlechtzureden“. Die Gratwanderung: Sie müssen die Eigentümer für die Notwendigkeit von Rücklagen und Sanierungen sensibilisieren, ohne dabei ihre eigene Position zu gefährden.
Die Diskussion über die Finanzierung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen wird in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht einfacher: Preissteigerungen werden wahrscheinlich nicht vollständig zurückgehen, Zinsen für Darlehen vermutlich auf höherem Niveau bleiben. Der demografische Wandel wird die Diskussion über langfristige Erhaltungsplanungen erschweren. Technische Anforderungen, insbesondere im Bereich Energieeffizienz, werden eher zu- als abnehmen. Zudem sind Fördermittel für normale Erhaltungsmaßnahmen kaum verfügbar, und selbst bei energetischen Sanierungen reichen sie oft nicht aus, um die Finanzierungsprobleme zu lösen.
Das „System Wohnungseigentum“ basiert zu einem großen Teil darauf, dass Eigentümer verständig sind und die Notwendigkeiten objektiv betrachten. Nur dann besteht die Chance, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über einen längeren Zeitraum mit den erforderlichen finanziellen Mitteln auszustatten.
Um die Diskussion zu versachlichen und langfristiges Planen zu erleichtern, könnte die Einführung eines „Erhaltungskonzepts“ hilfreich sein. Es würde auf neutraler Basis den Sanierungsbedarf und die notwendigen finanziellen Mittel aufzeigen, indem es beispielsweise folgende Elemente enthält:
Mit einem solchen Konzept hätten Eigentümer eine verlässliche Grundlage für ihre Entscheidungen. Es würde auch die Arbeit der Verwaltungen erleichtern, da sie sich auf ein unabhängig erstelltes Dokument berufen könnten. Nicht zu verwechseln ist das Erhaltungskonzept mit dem individuellen Sanierungsfahrplan, denn es basiert auf der begrenzten Lebensdauer der Bauteile eines Hauses und ermittelt deren Erhaltungsbedarf. Dass bei einer späteren Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen auch energetische Fragen eine Rolle spielen, versteht sich aber von selbst.
Die „Erfolgsgeschichte Wohnungseigentum“ steht vor ernsten Herausforderungen. Nur wenn Eigentümer, Verwalter und Gesetzgeber zusammenarbeiten, kann der Gebäudebestand erhalten und zukunftsfähig gemacht werden. Verwaltungen können dazu einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie:
Letztendlich geht es darum, bewusst zu machen, dass Wohnungseigentum nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten mit sich bringt – insbesondere die Pflicht, für den Werterhalt der Immobilie zu sorgen. Nur so können wir sicherstellen, dass Wohnungseigentum auch in Zukunft eine Erfolgsgeschichte bleibt.
Geschäftsführer der Hausverwaltung Harte GmbH & Co. KG, Wolfenbüttel/Gifhorn