11.03.2024 Ausgabe: 1&2/24

Der hydraulische Abgleich

Was gilt nach EnSimiMaV und neuem GEG?

Per Mittelfristenergieversorgungssicherungs-maßnahmenverordnung (EnSimiMaV) stehen Immobilienverwaltungen und Eigentümer von Gebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten und Gaszentralheizung noch bis 15. September 2024 in der Pflicht, einen hydraulischen Abgleich ihrer Heizungs­anlage durchzuführen. Die Verordnung läuft im Herbst aus. Seit Januar 2024 gelten mit Inkrafttreten des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) aber auch parallel dazu neue Regelungen für die Heizungsoptimierung einer größeren Bandbreite an Gebäuden mit Warmwasser führenden Heizungsanlagen.

Die Pflichten nach EnSimiMaV für Gebäude mit Gaszentralheizung

Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) wurde 2022 im Zuge der Energiekrise von der Bundes­regierung erlassen, um den Gasverbrauch in Deutschland zu senken und eine Mangelsituation zu verhindern. Laut EnSimiMaV mussten Gebäude mit Gaszentralheizungs-systemen mit mindestens zehn Wohneinheiten bis 30. September 2023 hydraulisch abgeglichen werden. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 b) EnSimiMaV soll dies bis 30. September 2024 auch in Gebäuden mit mindestens sechs Wohnein­heiten durchgeführt werden. Die Verordnung soll über diese Frist hinaus nicht verlängert werden. Immobilienverwalterinnen und -verwalter müssen Wohnungseigentümer über diese Regelun­gen und die daraus resultierenden Pflichten dennoch informieren, im Vorfeld der nächsten Eigentümerversammlung idealerweise Angebote einholen und über die Durchführung der Maßnahme abstimmen lassen.

Zu kurz bemessene Fristen

In der Praxis konnten die meisten Immobilienverwal­tungen den hydraulischen Abgleich für Gebäude mit mindestens zehn Wohneinheiten nicht umsetzen. Das belegt die Befragung im Rahmen des VDIV-Branchenbarometers 2023, nach der 75 Prozent der teilnehmenden Immobilienverwaltungen den Vorgang nicht innerhalb der Frist durchführen konnten. Die erforderliche Be­schlussfassung zur Umsetzung der kostenintensiven Maßnahme ist mit der Einholung von Angeboten und der Durchführung der Eigentümerversammlung auf­wendig vorzubereiten. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Wohnungseigentümergemeinschaften ihre Versammlungen erst im dritten oder vierten Quartal des Jahres abhalten und auch dann erst darüber abstimmen konnten. Verwaltungsunternehmen sowie ausführende Handwerksbetriebe kämpfen zudem mit dem Fach­kräftemangel bei gleichzeitig durch die Verordnungen steigendem Auftragsvolumen.

„In vielen Fällen haben die Handwerksbetriebe keine Kapazitäten, überhaupt Angebote für den hydraulischen Abgleich abzugeben,“ so Immobilienverwalter Joachim Prokosch von der Liebler Haus­und Mietverwaltung GmbH & Co KG. Darüber hinaus sei die Beschlussfassung äußert kompliziert, weil Etagenhei­zungen zum Sondereigentum gehören. Damit die Gesetz­gebung nicht ins Leere läuft, sollte die Bundesregierung die Gegebenheiten in Eigen­tümergemeinschaften stärker in Betracht ziehen und die Praxis mehr im Blick haben, wenn Fristen gesetzt werden”, so der Geschäftsführer des VDIV Deutschland, Martin Kaßler. Da die EnSimiMaV über den 15. September 2024 hinaus nicht verlängert wird, wissen viele Immobilienverwaltungen nicht, wie sie mit der Verordnung letztendlich umge­hen sollen und was sie Eigentümern raten sollten. Die Verpflichtung, den hydraulischen Abgleich durchzuführen, besteht bis 15. September 2024. Bei Nichteinhaltung droht jedoch kein Bußgeld.

Einsparpotenzial nutzen

Was unbedingt für die Maß­nahme spricht, ist das Kosten­einsparungspotenzial. Nach einem hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage fließt nur noch die tatsächlich benötigte Menge an Warmwasser in jeden Heizkörper. Der Energieverbrauch kann so um bis zu 15 Prozent gesenkt werden. Ohne Abgleich gelangt oft zu viel warmes Wasser in nah am Heizkessel gelegene Heizkörper. Weiter entfernte bleiben dagegen unterversorgt.

Werden einzelne Komponenten der Heizungsanlage aus­getauscht oder ändert sich der Energiebedarf des Hauses, z. B. durch eine Modernisierung, sollte die Anlage hydraulisch abgeglichen werden. 

Von Januar bis September 2024 gelten die Regelungen nach EnSimiMaV und jene, die mit dem novellierten GEG am 1. Januar 2024 in Kraft getreten sind, nun gleichzeitig. Wobei die EnSimiMaV den Abgleich für bestimmte Ge­bäude mit Gaszentralheizung regelt.

Alle Heizungsarten: Optimierung nach neuem GEG

Das neue GEG regelt den hydraulischen Abgleich sowie Prüf- und Optimierungsmaßnahmen für Heizungen jeglicher Art wie folgt:

  1. Neue Heizungsanlagen: Der hydraulische Abgleich ist für alle neuen Anlagen unabhängig von deren Energieträger verpflichtend (§ 60c GEG). Es ist das erste Mal, dass der Vorgang gesetzlich gere­gelt wurde. Eine öffentlich-rechtliche Pflicht für den hydraulischen Abgleich wurde erstmalig durch die EnSimiMaV und nun durch § 60c GEG nor­miert. Für das Handwerk gehörte der hydraulische Abgleich jedoch bislang auch zu den vertraglich mit dem Auftraggeber vereinbarten und damit geschuldeten Leistungen (sogenannte Regeln der Technik aus dem Baurecht und einzuhaltende DIN). Ohne den Abgleich ist die Leistung des Handwerkers unvollständig oder mangelhaft.
     
  2. Ältere Anlagen mit Wasser als Wärmeträger: Diese Anlagen sind laut § 60b GEG einer Prüfung und ggf. Optimierung zu unterziehen, und zwar wie folgt:
  • Heizungen, die nach dem 30. September 2009 ein­gebaut wurden und in Gebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten stehen, sind 15 Jahre nach der erstmaligen Inbetriebnahme innerhalb eines Jah­res einer „Heizungsprüfung und -optimierung“ zu unterziehen.
  • Heizungen, die vor dem 1. Oktober 2009 eingebaut wurden, müssen bis 30. September 2027 geprüft und ggf. optimiert werden.

Die aufgeführten Optimierungsmaßnahmen entspre­chen denen aus der EnSimiMaV in großen Teilen. Es müssen u. a. die technischen Parameter der Anlage hinsichtlich der Energieeffizienz optimiert werden, und es ist zu prüfen, ob eine effizientere Heizpumpe einzusetzen ist, inwieweit die Vorlauftemperatur ab­gesenkt werden kann und ob Rohrleitungen gedämmt werden müssen.

Wer übernimmt die Prüfung?

Neben Heizungsinstallateuren können auch Schorn­steinfeger oder Energieberater mit der Heizungsprüfung beauftragt werden. In diesem ersten Schritt wird ermittelt, ob die Heizung hydraulisch abgeglichen ist und die Parameter der Anlage optimal eingestellt sind. Geprüft wird außerdem, ob der Einsatz einer neuen Hocheffi-zienzpumpe oder Dämmmaßnahmen an Armaturen sowie Rohren erforderlich sind.

Empfiehlt sich nach der Prüfung der hydraulische Abgleich, gibt es zwei Varianten:

  • Verfahren A, Flächenansatz: Anlage und Heizkör­per werden nach einem Schätzverfahren abgegli­chen.
  • Verfahren B: Eine exakte Heizlastberechnung erfolgt für jeden einzelnen Raum, um die Anlage dann entsprechend genau einzustellen. Dieses Verfahren ist teurer als Verfahren A. Zudem erfor­dert es viele bautechnische Daten des Gebäudes, die Immobilienverwaltungen oft erst ermitteln müssen.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert den gesetzlich vorgeschriebenen hydraulischen Abgleich nicht. Für Bestandsgebäude mit bis zu fünf Wohneinheiten kann eine Förderung hierfür beantragt werden. Diese beträgt 15 Prozent und erhöht sich um weitere fünf Prozent, wenn für die Maßnahme ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) vorliegt. Ansonsten kann der hydraulische Abgleich von der KfW im Rahmen einer Sanierung zum Effizienzhaus unterstützt werden.

Christina, Bicking

Referentin Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
VDIV Deutschland