06.03.2018 Ausgabe: 2/2018

Der neue „Schimmelpilzleitfaden“

Wie wird sich die Wasserschadensanierung verändern?

Im Dezember 2017 wurde der Leitfaden des Umweltbundesamtes (UBA) zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden veröffentlicht. Er erhebt nicht den Anspruch, ein gesetzliches Regelwerk zu sein, ist jedoch in Ermangelung weiterer Regeln für die Sanierungsbranche faktisch eine ­Rechtsnorm.

Was ist neu?

Die Verwendung von Bioziden ist nach Meinung des UBA nicht empfohlen. Das Fluten von Fußbodenkonstruktionen ist keine nachhaltige Sanierung. Neu ist auch die Einteilung in Nutzungsklassen:

  • Nutzungsklasse I – Räume mit speziellen hygienischen Anforderungen, für die der Leitfaden nicht gilt
  • Nutzungsklasse II – Regelmäßig genutzte Räume wie Wohnräume und Aufenthaltsräume sowie Nebenräume
  • Nutzungsklasse III – Untergeordnete Räume wie Keller mit geringen Anforderungen an die Sanierung, für die der Leitfaden nur bedingt gilt
  • Nutzungsklasse IV – Luftdicht abgeschlossene Bauteile, z. B. Dachkonstruktionen außerhalb der Dampfsperre, für die lediglich Anforderungen an die Luftdichtheit sowie an die dauerhafte ­Trockenheit bestehen

In Anlage 6 werden Feuchteschäden in Fußbodenkonstruktionen der Nutzungsklasse II mit einem Flussdiagramm bewertet – als Entscheidungsgrundlage, ob ein Rückbau empfohlen wird.

Unterschieden wird in zwei ­Bewertungsstufen:

  1. Ist es möglich, mit vier Szenarien ohne mikrobielle Untersuchung ein schnelles Ergebnis zu erhalten, ist ein Rückbau nicht notwendig, wenn der Trocknungsverlauf innerhalb von einem Monat abgeschlossen ist oder schlecht besiedelbare Materialien und ein einmaliges Ereignis vorliegen.
  2. Sie gilt, wenn keins der vier Szenarien zutrifft oder eine mikrobielle Untersuchung vorgenommen wird. Neben dem eigentlichen Laborergebnis, Kriterium I nach Tabelle 6.3, werden noch weitere fünf Kriterien geprüft:
  • Kriterium II – Durchlässigkeit der Bodenbeläge, von gering wie PVC Belag mit dichter Randfuge bis hoch wie Holzbalkenkonstruktionen
  • Kriterium III – Bewertung der Feuchtigkeit
  • Kriterium IV – Bewertung des Materials auf die Besiedelfähigkeit mit Keimen
  • Kriterium V – Nährstoff­ein­trag, unter Betrachtung der Art des Feuchteeintrages, unterschieden nach reines Trinkwasser, Grauwasser, ­Fäkalwasser
  • Kriterium VI – Das Schaden­alter geht in die Bewertung mit ein.


In Abhängigkeit der Bewertung, welche über eine Ampelfunktion auf Grundlage der Tabelle 6.1 erfolgt, bleiben vier ­mögliche Sanierungsvorschläge:

  • Rückbau empfohlen
  • Rückbau oder Information an den Raumnutzer
  • Randfugensanierung mit ­Abdichtung
  • Kein Rückbau notwendig


Fazit

Neben sinnvollen Konkretisierungen gibt das UBA-Papier Entscheidungshilfen für die Praxis. An vielen Stellen erlauben die Formulierungen jedoch Interpretationen in beide Richtungen. Fragwürdig erscheint vor allem die dauerhafte Abdichtung der Randfuge, welche als Sanierungsvorschlag neu aufgenommen wurde. Fakt ist, der Leitfaden steht der aktuellen Praxis entgegen. Die Trocknung von Bauteilen wie Fußböden wird stark zurückgehen, der Rückbau zur Regel werden, was die Sanierung von Wasserschäden deutlich aufwändiger und kostenintensiver macht. Bleibt abzuwarten, wie schnell sich die meist von finanziellen Überlegungen geleiteten Entscheider darauf einstellen. Um für die Zukunft ein einheitliches Vorgehen zu erreichen, sollten sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen.

Foto: © Kostafly / Shutterstock.com


Hebich, Dipl.-ing. Franz

Der Bauingenieur, Bauphysiker und Sachverständige für Schimmelpilze im Innenraum ist Geschäfts­bereichsleiter der Strobl Service GmbH.
www.strobl-service.de