03.06.2020 Ausgabe: 3/20

Der Spuk ist vorbei! Der BGH erklärt endlich eine Vergütung nach „Baukastensystem“ im WEG-Verwaltervertrag für zulässig.

Schon vor einem Jahr wurde im WEG-Verwaltervertrag des VDIV Nordrhein-Westfalen und wenig später auch im Vertragsmuster des VDIV Deutschland ein Paradigmenwechsel vollzogen: Beide Verträge gliedern die Verwaltervergütung in eine Festvergütung und eine variable Vergütung auf und verfeinern die bisher etablierte Struktur von Grundvergütung und Zusatzvergütung.

Auslöser dafür waren Urteile diverser Landgerichte (LG Frankfurt, 2-13 S 49/16; LG Dortmund, 1 S 455/15), die die Vereinbarung von Zusatzvergütungen für unzulässig hielten, wenn sie für Tätigkeiten galten, die zum gesetzlichen Aufgabenbereich des Verwalters gehören. Dann, so die Argumentation dieser Gerichte, müsse diese Tätigkeit mit der Grundvergütung abgegolten sein. So wurden viele Klauseln, die z. B. Entgelte für Mahnungen oder Bauregie vorsehen, für unzulässig erklärt.

Diese Argumentation löste allgemeines Kopfschütteln aus: Wie kann es sein, dass Verwalter Tätigkeiten, bei denen bei Vertragsschluss nicht erkennbar ist, ob und in welchem Umfang sie anfallen, die also nicht kalkulierbar sind, in die Grundvergütung einkalkulieren müssen? Warum gilt das nicht für andere Branchen? Und dürfen Gerichte in Vereinbarungen zu Verwaltervergütungen eingreifen? Nein, das dürfen sie grundsätzlich nicht. Aus gutem Grund nimmt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Preisabreden von der gerichtlichen Inhaltskontrolle aus (§ 307 Abs. 3 BGB). Transparent müssen solche Preisabsprachen sein, dazu gleich mehr. Aber die Vereinbarung von Preisen entspricht nicht nur kaufmännischer Logik, sie unterliegt auch grundsätzlich keiner gerichtlichen Kontrolle.


Das vorgenannte Urteil des LG Frankfurt – das besondere Aufmerksamkeit erhielt, weil das Gericht außerdem meinte, bei einer Vielzahl unwirksamer Klauseln im Verwaltervertrag sei auch die Verwalterbestellung erfolgreich anfechtbar – wurde durch das erst Anfang Januar 2020 veröffentlichte Urteil des BGH (V ZR 287/17) aufgehoben.

Der BGH betont: Dem Verwalter steht es frei, ob er eine Pauschalvergütung oder eine in Teilentgelte aufgespaltene Vergütung anbietet. Das Gesetz legt nur fest, welche Aufgaben dem Verwalter als Organ obliegen. Eine Entscheidung darüber, ob diese Aufgaben pauschal, nach einzelnen Aufgaben oder nach einzelnen Aufgabengruppen zu vergüten sind, liegt darin gerade nicht. Und somit kam der BGH zu dem Schluss: „Die in dem hier zu beurteilenden Verwaltervertrag vorgesehene Vergütungsstruktur ist danach nicht zu beanstanden. Es werden neben einer Grundvergütung für die ständig anfallenden Aufgaben des Verwalters für einzelne, klar abgegrenzte Leistungen Sondervergütungen  ausgewiesen.“ (Rz. 34 – 36 des Urteils).
Es war absehbar, dass die vorgenannten LG-Urteile keinen Bestand haben konnten. Sie hatten aber, weil sie von anderen Instanzgerichten und Teilen der Literatur oft kritiklos übernommen wurden, für Verwalter äußerst nachteilige Auswirkungen. Deshalb wurde in den Neuauflagen der vorgenannten VDIV-Verträge das Prinzip der variablen Vergütung bewusst fortgeschrieben. Diese Methodik ist nun durch das BGH-Urteil bestätigt, und auch die Grenzen, die der BGH in seinem Urteil zieht, sind bereits berücksichtigt: Im Sinne des Transparenzgebots muss die Vergütungsregelung klar abgrenzen, welche Aufgaben von der Grundvergütung erfasst sein sollen und welche gesondert zu vergüten sind. Ferner muss bei den Aufgaben, die in jeder Wohnungseigentümergemeinschaft laufend anfallen, der tatsächliche Gesamtumfang der Vergütung erkennbar
sein.

Der Verwaltervertrag des VDIV Nordrhein-Westfalen wählt daher eine tabellarische Gestaltung mit Leistungsbeschreibung und der Definition, ob diese Leistung mit der Festvergütung abgegolten ist, oder ob eine zusätzliche, variable Vergütung
erfolgt.

Das Urteil des BGH bestätigt nicht nur die Vergütungssystematik der neuen Verwalterverträge des VDIV Nordrhein-Westfalen und des VDIV Deutschland, es rechtfertigt auch die bisher verwandten Vertragsmuster, die Zusatzvergütungen beinhalten – soweit jeweils die Abgrenzung klar erfolgt ist.

FAZIT
Gerichtliche Preiskontrolle ist „out“, transparente Vertragsgestaltung ist „in“. Das ist fair und eine gute Basis für ein partnerschaftliches Miteinander von Verwaltern und Wohnungseigentümergemeinschaften.
Gerichtliche Preiskontrolle ist „out“, transparente Vertragsgestaltung ist „in“. Das ist fair und eine gute Basis für ein partnerschaftliches Miteinander von Verwaltern und Wohnungseigentümergemeinschaften.

Foto: © Alexander-Kirch / Shutterstock.com


Casser, Dr. Michael

Der Verfasser ist Rechtsanwalt in Köln und Vorsitzender des Verbands der nordrheinwestfälischen Immobilienverwalter (VNWI).