30.08.2018 Ausgabe: 6/2018

Der Verwaltervertrag, ein Eigentor?

Ist der Vertrag nicht wasserdicht, kann heute sogar die Bestellung auf dem Spiel stehen.

Eine neue Entscheidung des Landgerichts Frankfurt zu Klauseln im Verwaltervertrag liefert derzeit Gesprächsstoff für die Verwalterszene, denn im Ergebnis kann sie dazu führen, dass ein einzelner Wohnungseigentümer für die Aufhebung des Bestellungsbeschlusses durch die Gerichte sorgen kann. In der Regel ist es ja so, dass der Verwalter den mit der zu betreuenden Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu schließenden Vertrag stellt. Dieser wird dann mehr oder minder kommentarlos, meist nur mit kurzen Anmerkungen oder geringen Änderungen, unterschrieben. Da der Verwalter hier gewerblicher Unternehmer ist und die WEG als Verbraucher im Sinne des Gesetzes gilt, führt dies dazu, dass vermutet wird, der Vertrag bestehe aus sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Damit ist die Kon­trolle dieser Klauseln über das BGB eröffnet (§ 307 ff. BGB, § 310 Abs. 3 BGB).

Die Tücke einzelner Klauseln

Das Problem: Mit dem Argument, Klauseln im Verwaltervertrag verstießen gegen die AGB-Regelungen des BGB, können einzelne Eigentümer den WEG-Beschluss zum Vertragsabschluss gerichtlich anfechten. Erfahrungsgemäß verhält es sich so, dass sich ein Verwalter eigentlich nur ein einziges Mal – nämlich zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit – mit der Gestaltung des Verwaltervertrags beschäftigt und dasselbe Muster fürderhin immer wieder vorlegt. Gesetzliche Änderungen und weitere Entwicklungen bleiben häufig unbeachtet und fließen auch in das Vertragsmuster nicht ein. Dies häufig in Unkenntnis der Sachlage und vor allem der möglichen rechtlichen Konsequenzen. In der Folge können veraltete Vertragsklauseln gegen die geltenden AGB-Regelungen des BGB verstoßen, sind dann sogar nichtig (§ 306 Abs. 2 BGB).

Extreme Gerichtsauffassung

Im erwähnten vor dem LG Frankfurt verhandelten Fall waren, wie auch schon mehrmals zuvor, gleich mehrere Klauseln zu beanstanden, und das machte die Sache problematisch: Kommt ein Gericht zu dem Schluss, ein Verwalter setze einen Vertrag mit vielen rechtswidrigen Klauseln auf, liegt die Vermutung nahe, er sei für die Betreuung einer Eigentümergemeinschaft ungeeignet. Im Vergleich zu derartigen Auffassungen mehrerer Gerichte entschied das LG Frankfurt nun extrem: Es erklärte nicht nur den WEG-Beschluss zum Verwaltervertrag für nichtig, sondern hob auch gleich die Verwalterbestellung auf – wegen sogenannter Infektion des ­Bestellungsbeschlusses.

Vernichtende Prüfung

Besonders gravierend an diesem Urteil: Das Gericht prüft die fraglichen Vertragsklauseln selbst und entscheidet auch, ob und inwieweit sie unwirksam sind. So kommt es zur Feststellung der Zahl und des Ausmaßes der Verstöße – selbst bisher von der Rechtsprechung unbeanstandete Klauseln können dabei als rechtswidrig und somit umwirksam hinzugezogen werden.

Genau das tat das LG Frankfurt: Es erachtete vertraglich vereinbarte Mahnkosten in Höhe von 20 Euro als unangemessen, obwohl dies obergerichtlich bisher akzeptiert worden war. Gegen die den Richtern bekannte herrschende Auffassung (z. B. OLG Bayern, WE 1991, 111; OLG Düsseldorf, zitiert nach Gottschalg, NZM 2000, 473, 476) wurde die Klausel für unwirksam erklärt. Ebenso eine Klausel zur Unterbevollmächtigung: Sie wurde vom Gericht so ausgelegt, als wäre sie eine komplette Übertragung der Verwaltung und damit unzulässig – trotz ihrer bisher obergerichtlich erklärten Unbedenklichkeit (OLG München, NZM 2009, 548, 550).

In einem solchen Verfahren kann sich die Zahl der für unwirksam erklärten Vertragsklauseln schnell zu einem Maß summieren, das ausreicht, um die Verwalterbestellung gerichtlich zu kippen. Wie heißt es doch so schön: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Mit Blick auf das Frankfurter Urteil mag dies so mancher Verwalter bestätigt sehen.

Zum Glück ist der Fall nicht rechtskräftig und liegt nunmehr beim BGH (V ZR 278/17). Wunder sollte man auch hier letztlich nicht erwarten, vor allem keine deutliche Änderung der Rechtsprechung. Vielleicht lediglich im Detail, zumindest um Nuancen, bestenfalls zugunsten des Verwalters.

Die Entscheidung des LG Frankfurt macht aber auch eins noch einmal deutlich: Die Verwendung überholter Vertragsmuster ist in der Praxis für Verwalter risikobehaftet. Insbesondere in mittleren und größeren Verwaltungsunternehmen ist ein jährliches Update unabdingbar, um der Gefahr zu entgehen, durch Anfechtung des Vertrags eine mühsam errungene Verwalterbestellung und ggf. einträgliche Liegenschaften zu verlieren. Das ist nicht nur schlecht fürs Renommee, zu allem Überfluss kann eine WEG nach einem auf diese Weise zustande gekommenen Verwalterwechsel auch zu Unrecht vereinnahmte Teilvergütungen zurückverlangen, was ein Verwalter kürzlich schmerzlich zu spüren bekam (LG Dresden, ZMR 2016, 388).

Vorsicht, Falle!

Das kommt bei mir nicht vor, werden viele jetzt denken. Und deshalb seien ihnen hier zwei Beispiele mit auf den Weg gegeben, die vielleicht dazu beitragen, diese Überzeugung noch einmal zu überdenken:

Es ist inzwischen anerkannt, dass eine WEG gesetzlich als Verbraucher gilt. Insofern müssen Verwalter in Verträgen ihre Vergütung zwingend in Bruttobeträgen ausweisen, also inklusive Umsatzsteuer. Sämtliche Vertragsklauseln, auch alle Vereinbarungen zu Sondervergütungen, die nach wie vor lediglich Nettobeträge ausweisen, sind somit nunmehr unwirksam. Das bestätigen inzwischen auch unveröffentlichte Amtsgerichts-Entscheidungen.

Auch die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ist ein Aspekt, den Verwalter häufig übersehen. So steht in vielen Vertragstexten noch immer, dass sie in Prozessstandschaft für die WEG tätig sein können – was die Rechtsprechung längst als unzulässig ansieht.

Zwei Beispiele, zwei gute Gründe fürs jährliche Vertrags-Update. Zudem gibt es ja auch mit Sachkunde erstellte und geprüfte Musterverträge – erst kürzlich aktualisiert vom DDIV, oder siehe Sauren, WEG-Verwalter, 4. Auflage, Beck München. Wer sich nicht auskennt, sollte jemand fragen, der was davon versteht, z. B. einen Anwalt.

Foto: © REDPIXEL.PL / Shutterstock.com


Sauren, Dr. Marcel M.

Der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Steuerberater & vereidigter Buchprüfer mit den Tätigkeitsschwerpunkten Immobilien-, Erb- und Steuerrecht.
www.dr-sauren.de