20.10.2022 Ausgabe: 7/22

Der Verwaltungsbeirat

Die Haftungsfrage, auch unter dem besonderen Gesichtspunkt der Vergütung

Die Bestellung eines Verwaltungsbeirats ist keine zwingende gesetzliche Vorgabe. Gleichwohl ist sie sinnvoll und entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Insbesondere für geößere Gemeinschaften ist es in der Regel von Interesse, dass ein kleineres Gremium als Bindeglied zwischen der Gemeinschaft der Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. den einzelnen Eigentümern und der Verwaltung fungiert. Mit der Bestellung zum Verwaltungsbeirat wird zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats ein Schuldverhältnis begründet, aus dem wechselseitige Rechte und Pflichten resultieren. Vor diesem Hintergrund befasst sich der nachfolgende Artikel mit Fragen zur Vergütung und zu den Pflichten des Verwaltungsbeirates sowie etwaig hieraus resultierenden Haftungsrisiken.

Bestellung, Aufwandsentschädigung, Vergütung
§ 29 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) begründet die Befugnis der Gemeinschaft, Wohnungseigentümer per Beschluss zu Mitgliedern des Verwaltungsbeirats zu bestellen, verpflichtet aber nicht dazu. Die Frage, ob überhaupt und wie viele Eigentümer als Beirat bestellt werden, entscheiden die Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen. Lediglich wenn mehrere Personen bestellt sind, ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen.

Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Tätigkeit des Verwaltungsbeirats unentgeltlich wahrzunehmen ist. Tatsächlich dürfte dies jedoch der Regelfall sein (vgl. Kammergericht, NZA 2005, 107). Unbeschadet hiervon können Verwaltungsbeiratsmitglieder den Ersatz erforderlicher Aufwendungen verlangen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht NZM 2005, 588). Pauschalierungen dürfen hierbei beschlossen werden, solange diese angemessen sind und nicht zu versteckten Honorarzahlungen führen (vgl. AG München, ZMR 2017, 847). Aus der Formulierung in § 29 Abs. 3 WEG ist jedoch ersichtlich, dass eine entgeltliche Tätigkeit grundsätzlich zulässig ist. Die Wohnungseigentümer beschließen daher im Rahmen billigen Ermessens über das „Ob“ und „Wie“ einer Vergütung.

Aufgaben und Pflichten
Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen hat der Verwaltungsbeirat die ihm obliegenden Aufgaben nach allgemeinen Grundsätzen, d. h. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Mitglieds, zu erfüllen (vgl. Hogenschurz in Jennißen WEG Kommentar, 7. Auflage, § 29 Rn. 62). In gewissen Grenzen ist es auch möglich, dem Verwaltungsbeirat Entscheidungskompetenzen einzuräumen. Grundsätzlich erfordert dies aber dessen Bereitschaft, diese zusätzlichen Aufgaben zu übernehmen, er kann sich auch – wenn eine solche Aufgabenerweiterung nach seiner Bestellung beschlossen wird – durch Niederlegung des Amtes neuen Pflichten entziehen.

Pflichtverletzung und Schaden
Verletzt ein Schuldner die ihm aus dem Schuldverhältnis obliegenden Pflichten, so hat er dem Gläubiger gemäß § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den hieraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Voranzustellen ist, dass der Verwaltungsbeirat an sich kein selbstständiges Organ darstellt, das eine Schadensersatzpflicht treffen kann. Eine Haftung des Verwaltungsbeirats insgesamt ist daher ausgeschlossen. Sollen Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden, kommt es auf das  individuelle Verschulden der einzelnen Mitglieder an. Nur wenn eine Pflichtverletzung der betreffenden Person feststeht und der Gemeinschaft hieraus eine Vermögenseinbuße entstanden ist, kommt überhaupt eine Schadensersatzforderung infrage. So begründet z. B. die Fehlerhaftigkeit einer vom Beirat geprüften Jahresabrechnung noch nicht die Annahme, der Gemeinschaft sei hieraus auch ein Schaden entstanden. Dies gilt insbesondere, da der Beirat nicht die Richtigkeit der Abrechnung an sich, sondern grundsätzlich lediglich die Überprüfung der Zahlungsflüsse schuldet (vgl. LG Koblenz, ZWE 2022, 175). Fällt dem Beirat aber z. B. im Rahmen einer solchen Kassenprüfung nicht auf, dass ungeklärte Zahlungsflüsse vorliegen, und er gibt gleichwohl eine positive Stellungnahme im Sinne von § 29 Abs. 2 S. 2 WEG ab, woraufhin die Gemeinschaft im Vertrauen hierauf die Entlastung der Verwaltung beschließt und daher Rückgriffsansprüche ausgeschlossen sind, dürfte wohl von einer Pflichtverletzung mit einem hieraus kausal resultierenden Schaden auszugehen sein. Unterzeichnet der Verwaltungsbeirat auf Grundlage einer Beschlussfassung den Verwaltervertrag, missachtet hierbei aber Vorgaben, z. B. zur Höhe des Honorars, verhält er sich ebenfalls pflichtwidrig.

Fraglich ist daneben, welchen Inhalt die neu geschaffene gesetzliche Verpflichtung – den Verwalter zu überwachen – hat und welche Risiken für den Verwaltungsbeirat hieraus resultieren. Im Allgemeinen dürfte es ausreichend sein, wenn ein angemessener Kontakt zur Verwaltung gehalten und
im Vorfeld der Erstellung der Jahresabrechnung die Buchhaltung überprüft wird (vgl. Hügel/Elzer Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl., § 29 Rn. 43). Stellen sich im Rahmen der Überwachungstätigkeit Mängel heraus, so sind die Wohnungseigentümer zu informieren, um der Gemeinschaft die Möglichkeit einzuräumen, weitere Schritte zu prüfen. Eine reflexartige Haftung des Beirats wegen Verletzung der Überwachungspflicht bei Schlechtleistungen des Verwalters besteht nicht. Vielmehr ist im Einzelfall die Frage zu klären, ob der durch eine Schlechtleistung der Verwaltung entstandene Schaden bei pflichtgemäßer Überwachung durch den Verwaltungsbeirat hätte verhindert werden können.

Der Haftungsmaßstab
Generell hat ein Schuldner im Rahmen von § 280 Abs. 1 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzustehen. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB). Fahrlässigkeit setzt daher einerseits die Vorhersehbarkeit und andererseits die Vermeidbarkeit des pflichtwidrigen Erfolges voraus (vgl. Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Aufl., § 276 Rn. 12). Hierbei gilt ein objektiv abstrakter Sorgfaltsmaßstab (vgl. BGH NJW 2021, 1818). Grundsätzlich soll der Rechtsverkehr darauf vertrauen dürfen, dass jeder Schuldner die Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt, um die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfüllen zu können (vgl. Grüneberg a. a. O. § 276 Rn. 15). Diese Haftung besteht für jede Form der Fahrlässigkeit und verlangt keine grobe Außerachtlassung von Sorgfaltspflichten. Nach Maßgabe dieser Ausführungen würde der Verwaltungsbeirat daher auch bei leichter Fahrlässigkeit, mithin auch bei nur geringer subjektiver Vorwerfbarkeit, haften.

Der Gesetzgeber wollte die Bereitschaft von Wohnungseigentümern fördern, Mitglied im Beirat zu werden. Allein das nach den vorstehenden Ausführungen bestehende Haftungsrisiko steht diesem Ziel jedoch entgegen. Es ist verständlich, dass kein Wohnungseigentümer im Rahmen eines regelmäßig unentgeltlich wahrzunehmenden Ehrenamtes ein solches Risiko eingehen möchte. Entsprechend wurde mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz der Haftungsmaßstab für Beiratsmitglieder beschränkt. Gemäß § 29 Abs. 3 WEG haftet der unentgeltlich tätige Beirat nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, mithin leichtfertig handelt. Der  Sorgfaltsmaßstab ist hierbei derjenige eines ordentlichen, interessierten und gewissenhaften ehrenamtlich tätigen Prüfers, wobei grundsätzlich auf den „durchschnittlich zahlenbegab- ten Wohnungseigentümer“ abzustellen ist (vgl. Hügel/Elzer a. a. O.§ 29 Rn. 94). Haben die Wohnungseigentümer allerdings bewusst einen Wirtschaftsprüfer oder Buchhalter in den Beirat gewählt, so wird dieser sich seine besonderen Kenntnisse haftungserschwerend anrechnen lassen müssen (vgl. Hügel/Elzer a. a. O.). Dennoch ist grobe Fahrlässigkeit, die gerade auch zur Haftung des unentgeltlich/ehrenamtlich tätigen Beirats führen soll, nur in Ausnahmefällen zu bejahen. Im Einzelfall muss dasjenige außer Acht gelassen worden sein, was ohne Weiteres jedem hätte auffallen können. Der Beirat müsste sich in besonders vorwerfbarer Weise über Interessen der Gemeinschaft hinweggesetzt haben. Die Haftungserleichterung aus § 29 Abs. 3 WEG gilt nicht nur gegenüber der Eigentümergemeinschaft, sondern als allgemeine Haftungserleichterung auch gegenüber einzelnen Eigentümern und etwaigen Dritten.

Das Haftungsprivileg aus § 29 Abs. 3 WEG greift allerdings nicht für den entgeltlich tätigen Beirat. Dieser hat uneingeschränkt Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Dabei ist zu unterscheiden: Auslagenersatz bzw. eine Aufwandsentschädigung, die kein verstecktes Honorar beinhalte, steht der Haftungserleichterung nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um ein Entgelt handelt. Dies ist zu befürworten. Sofern eine Vergütung für die Tätigkeit entrichtet wird, besteht dem Grunde nach ein herkömmliches Dienstverhältnis, und es entspricht der Billigkeit, dann auch den gesetzlichen Haftungsmaßstab nach dem BGB anzulegen.

Fazit
In der Rechtsprechung spielen Fälle, in denen Beiratsmitglieder tatsächlich erfolgreich auf Schadenersatz in Anspruch genommen wurden, eine untergeordnete Rolle. Gleichwohl sollte dies den Beirat nicht davon abhalten, seine Pflichten im wohlverstandenen Interesse der Gemeinschaft auszuüben. Lässt sich ein Verwaltungsbeirat aber gegen eine Vergütung bestellen, muss er damit rechnen, dass seine Tätigkeiten genauer überprüft und bei einer etwaigen Verletzung von Pflichten auch Ansprüche geltend gemacht werden.

Linke, Olaf

Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Berliner Kanzlei Wanderer und Partner.
www.wir-wanderer.de