21.10.2014 Ausgabe: 7/2014

Der Verwaltungsbeirat in der Verwalterpraxis

Seine Rolle in der Eigentümergemeinschaft ist sowohl für Verwalter als auch für die Eigentümer ­bedeutend. Grund genug, sich damit auseinanderzusetzen und die gängige Praxis in Frage zu stellen.

Geregelt ist der Verwaltungsbeirat im § 29 WEG, der die Gesetzesreformen ohne Änderung überstand. Leider, denn vieles könnte einfacher und flexibler zu gestalten sein.
Abs. 1 besagt: Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats beschließen. Der Verwaltungsbeirat besteht aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzendem und zwei weiteren als Beisitzern.
Viele Gemeinschaftsordnungen weichen von dieser Regelung wirksam ab. Ist per Gesetz die Bestellung eines Verwaltungsbeirats ein „Kann“, sehen viele Gemeinschaftsordnungen seine Bestellung als „Muss“ an. Sieht das Gesetz einen drei-köpfigen Beirat vor, weichen gerade große Gemeinschaften hiervon oft ab und sehen eine andere, auch größere Zusammensetzung vor. Gesetzlich wäre hier eine Aufweichung sinnvoll, die z. B. mindestens zwei Wohnungseigentümer lautet. Schließlich gibt es auch Gemeinschaften ohne Verwaltungsbeirat – oder in denen sich keine drei Eigentümer zur Verfügung stellen.

Die starre gesetzliche Regelung kennt nur den drei-köpfigen Beirat. Laut BGH Urteil vom 05.02.2010 – V ZR 126/09 entspricht eine davon abweichende Besetzung nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümer die Weichen dafür mit einer Vereinbarung i. S. v. § 10 Abs. 2 WEG gestellt oder der Gemeinschaft die Festlegung der Zahl der Beiratsmitglieder zur Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss zugewiesen haben.
Was tun, wenn sich ohne abweichende Vereinbarung nur zwei Kandidaten stellen? Die Zwickmühle: Ein Bestellungsbeschluss des Verwalters auf dieser Basis ist anfechtbar und wird ggf. auch aufgehoben. Ohne Bestellung aber wird der Verwalter zum Risikomanager, der die Eigentümergemeinschaft auf die rechtliche Problematik und die daraus resultierenden Anfechtungs- und Prozesskostenrisiken hinweisen sollte. Sind diese im Einzelfall als gering einzuschätzen, kann man sich wohl darauf einlassen. Sind Querulanten im Spiel, ist dringend abzuraten. Hier droht sogar § 49 Abs. 2 WEG.

So wird gewählt

Die Beiratswahl im Rahmen der Eigentümerversammlung muss als Tagesordnungspunkt hinreichend angekündigt worden sein. Da hier für Spontanentschlüsse – außer wenn alle Eigentümer anwesend sind – kein Raum ist, sollten Beiratsfragen im Vorfeld vom Verwalter geklärt werden. Sofern die Versammlung nicht widerspricht, kann auf zwei Arten gewählt werden: in Einzelpersonenwahl und in Blockwahl. Die Blockwahl ist der schnellere Vorgang. Sie bietet sich an wenn sich genau so viele Kandidaten der Wahl stellen, wie der Beirat haben soll, und allgemeine Einigkeit herrscht. Übersteigt die Zahl der Kandidaten die Zusammensetzung des Beirats, sollte in Einzelwahl abgestimmt werden. Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereint: bei der Blockwahl das gesamte Team, bei der Einzelwahl jeder zur Wahl stehende Kandidat.
Zur Wahl stellen können sich nur im Grundbuch eingetragene Eigentümer. Dies ist zu beachten, da auf Eigentümerversammlungen auch Nichteigentümer z. B. als bevollmächtigte Personen anwesend sein können. Auch Nießbrauchberechtigte, Testamentsvollstrecker, Zwangs- oder Insolvenzverwalter sind keine Eigentümer. Wird ein Nichteigentümer gewählt ist dieser Beschluss nur anfechtbar.

Wer übernimmt den Vorsitz?

Bei der Einzelpersonenwahl kann man einen Vorsitzenden wählen. Er hat das Amt bis zu einem anders lautenden Beschluss inne. Werden „nur“ gleichberechtigte Beiräte gewählt, bleibt es dem Verwaltungsbeirat überlassen, wer den Vorsitz übernimmt – auch wechselnd, je nach zeitlicher Verfügbarkeit.

Regelung der Amtsdauer und -niederlegung

Die maximale Bestelldauer eines Verwaltungsbeirates ist gesetzlich nicht geregelt. Ist sie auch in der Gemeinschaftsordnung nicht festgeschrieben, legt die Eigentümergemeinschaft sie durch Beschluss individuell fest. Tut sie dies nicht, ist der Beirat auf unbestimmte Dauer gewählt. Er kann sein Amt jederzeit ohne Angabe von Gründen niederlegen – mit einer Erklärung gegenüber dem Verwalter oder auf der Eigentümerversammlung gegenüber den Miteigentümern. Unterjährig sollte dies der besseren Beweisbarkeit wegen schriftlich erfolgen.

Die Sitzung des Beirats

Nach § 29 Abs. 4 WEG wird die Verwaltungsbeiratssitzung nach Bedarf vom Vorsitzenden einberufen. Verwaltungsbeiräte organisieren sich also selbst. Teilnehmen dürfen lediglich die Beiratsmitglieder. Selbst der Verwalter hat weder Teilnahmerecht noch -pflicht. Zu empfehlen ist eine vertragliche Vereinbarung darüber, an welchen Sitzungen, zu welchen Zeiten und wie häufig ein Verwalter teilnehmen muss. Die jährliche Sitzung zur Belegprüfung und Vorbereitung der Eigentümerversammlung wird zur Grundleistung gehören. Weitere können gesondert vergütet werden.
Insgesamt bieten die gesetzlichen Regelungen rund um den Verwaltungsbeirat durchaus Auslegungsspielräume, die erfahrungsgemäß auch nicht durch eine Geschäftsordnung begrenzt werden sollten.

Die gesetzlichen Aufgaben des Verwaltungsbeirats

§ 29 WEG besagt, dass der Verwaltungsbeirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben unterstützt. Ein relativ nichtssagender Satz, der Raum für Interpretationen lässt, zumal jeder Beirat anderes eingebunden, jeder Verwalter mehr oder weniger unterstützt werden möchte. Dies gilt es also individuell zu klären, wobei die Aufgabentrennung klar beibehalten werden muss: Der Beirat unterstützt und berät den Verwalter, letztendlich entscheiden und handeln muss der Verwalter.

§ 29 WEG besagt auch, dass der Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, Rechnungslegungen und Kostenvoranschläge vom Beirat geprüft und mit einer Stellungnahme versehen werden, bevor die Wohnungseigentümerversammlung über sie beschließt. Dies stellt die Beraterfunktion klar heraus.

Auch bei der Eigentümerversammlung hat der Beirat eine in § 24 WEG festgeschriebene Aufgabe: Fehlt der Verwalter oder weigert sich pflichtwidrig, die Versammlung einzuberufen, kann sie – sofern ein Verwaltungsbeirat bestellt ist – auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter einberufen werden.

Erweiterung der Befugnisse durch Beschluss

Auf Eigentümerversammlungen werden häufig Beschlüsse mit der Einbeziehung des Verwaltungsbeirates gefasst. Hier gibt es für Verwalter zweierlei zu beachten: Der Verwaltungsbeirat muss dies auch wollen, denn er kann nicht per Beschluss zu etwas verpflichtet werden. Wesentlicher ist die Bestimmtheit der Beschlüsse, die sonst im Rahmen von Anfechtungen scheitern können. Zwei Formulierungen, die oft verwendet werden, lauten:

„Der Verwalter wird beauftragt, zusammen mit dem Verwaltungsbeirat …“
„Der Verwalter wird beauftragt, in Abstimmung mit dem  Verwaltungsbeirat …“
Aus „zusammen mit“ und in „in Abstimmung“ geht nicht hervor, wie viele Beiräte zustimmen oder mitwirken. Was, wenn sich der Verwaltungsbeirat nicht einig ist? Hier gilt es,konkreter zu formulieren, um Beschlüsse rechtssicherer zu machen:

„Der Verwalter wird beauftragt, zusammen mit dem Verwaltungsbeiratsvorsitzenden Max Mustermann …“

Fazit:

Das Zusammenwirken von Verwalter und Beirat hat den Vorteil, dass bei der Ausführung von Verwaltungstätigkeiten die Interessen der Eigentümer bestmöglich berücksichtigt werden.

Handlungsbedarf, Ideen, Anregungen werden dem Verwalter über den Beirat zugetragen. Eigentümer und Beiräte sind täglich in der Wohnanlage und bemerken so manches schneller als der Verwalter dies mit regelmäßigen Objektkontrollen überhaupt kann. Zielvorstellungen der Eigentümer können ebenfalls durch den Beirat formuliert werden. So werden unnötige – weil in die falsche Richtung gehende – Entscheidungsvorbereitungen vermieden. Die Verwaltung kann effektiver arbeiten. Ein mit dem Beirat abgestimmtes Handeln des Verwalters wird selten dem Vorwurf begegnen, der Verwalter handle eigenmächtig oder gar gegen die Eigentümergemeinschaft. Wie intensiv sich der Kontakt zwischen Verwalter und Beirat tatsächlich gestaltet, wird sich in der Praxis zeigen und hängt von den jeweils Beteiligten ab.

Gesetzliche Vorgaben über die Intensität der Zusammenarbeit gibt es nicht; sie kann aber im Verwaltervertrag, der Gemeinschaftsordnung oder durch Beschluss geregelt werden. Darin kann der Verwalter auch verpflichtet werden, dem Verwaltungsbeirat regelmäßig Kopien über laufende Vorgänge zu übermitteln. Diese Aufgabe und deren Vergütung sollten im Verwaltervertrag geregelt werden. Wenn es dem Verwalter aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr möglich ist, mit dem Beirat oder einzelnen Mitgliedern des Beirates zusammenzuarbeiten, weil persönliche Spannungen vorhanden sind, hat der Verwalter die Möglichkeit, sein Amt niederzulegen oder die neue Wahl des Verwaltungsbeirates in anderer Zusammensetzung anzuregen.

In jedem Fall ist es für Verwalter und Beirat wichtig, in einem angenehmen Verhältnis zu arbeiten. Der Verwalter sollte seine Vergütung für eine Arbeit bekommen, die ihm Spaß macht, und kein Schmerzensgeld als Ausgleich für Magengeschwüre. Auch im Interesse der Eigentümergemeinschaft ist eine gute Zusammenarbeit, da anderenfalls das Wohl der Gemeinschaft auf der Strecke bleibt.

Und nun zur Psychologie der Verwaltungsarbeit: In einer Eigentümergemeinschaft sollte es nach Möglichkeit weder Sieger noch Besiegte geben. Auch derjenige, der bei einer hart geführten Auseinandersetzung, z. B. vor dem Wohnungseigentumsgericht, obsiegt, wird auf Dauer leicht zum Verlierer – weil er in der Wohnanlage weiterhin mit den gegenwärtigen „Verlierern“ zusammenlebt. Die Niederlage in einem Rechtsstreit motiviert unterliegende Miteigentümer, es dem Sieger bei anderer Gelegenheit heimzuzahlen. Jede Wohnungseigentümergemeinschaft bietet dazu hinreichend Gelegenheit. Wohnungseigentümergemeinschaften sind ein komplexes Beziehungsgefüge – sowohl der Wohnungseigentümer untereinander als auch der Eigentümer zum Verwalter. Der Verwaltungsbeirat kann hier Wesentliches leisten: bestenfalls die Verwaltung unterstützen oder schlimmstenfalls alle Untugenden der Vereinsmeierei wohneigentumsrechtlich umsetzen.

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Haase, Steffen

Chefredakteur VDIVaktuell
Geschäftsführer der Immobilienverwaltung Haase & Partner GmbH; Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Immobilienverwalter Bayern e.V.; Vizepräsident des Dachverbandes Deutscher Immobilienverwalter e.V.; Er ist Herausgeber verschiedener Bücher und Fachpublikationen.