06.03.2018 Ausgabe: 2/2018

Die Eigentümerversammlung

Zum Auftakt der Saison: wesentliche Gerichtsurteile, die man kennen sollte, in Kurzfassung.

Anfechtungsgrund: unterbliebene Einladung

Die versehentlich unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung führt regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Unterbleibt die Ladung aber vorsätzlich, um den Eigentümer von seinen Teilhaberechten auszuschließen, kann ein Fall der Nichtigkeit vorliegen.
BGH, Urteil vom 20.7.2012, V ZR 235/1

Unzustellbare Einladung

Eine wirksame Einladung erfordert, dass dem Eigentümer die Ladung auch tatsächlich zugeht. Unterbleibt die Ladung, kann dies zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse führen. Teilt ein Wohnungseigentümer seine ladungsfähige Anschrift aber nicht oder falsch mit und misslingt seine Ladung zu der Eigentümerversammlung aus diesem Grund ohne Verschulden der Verwaltung, muss er sich die unterbliebene Ladung als Folge seiner Obliegenheitsverletzung zurechnen lassen. Die in der Versammlung gefassten Beschlüsse können dann nicht wegen der unterbliebenen Ladung angefochten werden.
BGH, Urteil vom 5.7.2013 ,V ZR 241/12

Einladung werdender Eigentümer

Wer als Ersterwerber nach dem Aufteiler – neben einem durch Vormerkungen gesichertem Eigentumserwerbsanspruch – den Besitz an der erworbenen Wohnung durch Übergabe erlangt hat (nicht durch verbotene Eigenmacht), ist als werdender Eigentümer anzusehen. Er ist dann zu den Eigentümerversammlungen zu laden und darf das Stimmrecht ausüben.
BGH, Urteil vom 11.12.2015, V ZR 80/15

Anforderung an das ­Ladungsschreiben

Bei der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung müssen die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse so genau bezeichnet werden, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der vorgesehene Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft und sie selbst haben kann. Eine schlagwortartige Bezeichnung reicht regelmäßig aus.
BGH, Urteil vom 13.1.2012, V ZR 129/11

PRAXISTIPP
Ladungsmängel führen zwar regelmäßig nicht zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse, in der Praxis aber häufig zu Anfechtungsverfahren. Liegt ein grober Verstoß des Verwalters vor, kann das Gericht von § 49 Abs. 2 WEG Gebrauch machen und dem Verwalter die Kosten des Rechtsstreits auferlegen.

Subtraktionsverfahren bei der ­Stimmauszählung

Soweit durch Gemeinschaftsordnung oder Eigentümerbeschluss nichts anderes ­geregelt ist, kann der Leiter einer Eigentümerversammlung das tatsächliche Ergebnis einer Abstimmung grundsätzlich auch dadurch feststellen, dass er bereits nach der Abstimmung über zwei von drei – auf Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung gerichtete – Abstimmungsfragen die Zahl der noch nicht abgegebenen Stimmen als Ergebnis der dritten Abstimmungsfrage wertet. Durch diese sog. Subtraktionsmethode kann das tatsächliche Abstimmungsergebnis allerdings nur dann hinreichend verlässlich ermittelt werden, wenn für den Zeitpunkt der jeweiligen Abstimmung die Anzahl der anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer und – bei Abweichung vom Kopfprinzip – auch deren Stimmkraft feststeht.
BGH, Beschluss vom 19.9.2002, V ZB 37/02

Beschlussverkündung

Der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden der Eigentümerversammlung kommt grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu. Es handelt sich im Regelfall um eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses. Die Feststellung kann auch konkludent erfolgen, wobei in der Regel die bloße Wiedergabe des für sich genommen eindeutigen Abstimmungsergebnisses im Versammlungs­protokoll genügen kann.
BGH, Beschluss vom 23.8.2001, V ZB 10/01

Unterbrechung der Versammlung

Die Unterbrechung einer Wohnungseigentümerversammlung für ein Mandantengespräch zwischen den von einem Beschlussanfechtungsverfahren betroffenen Wohnungseigentümern und ihrem Prozessbevollmächtigten entspricht grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Durchführung der Versammlung. Vielmehr ist es den Wohnungseigentümern zumutbar, Informationsgespräche mit ihrem Prozessbevollmächtigten zeitlich so zu legen, dass die Eigentümerversammlung hiervon unberührt bleibt. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann eine Unterbrechung zum Zwecke eines Mandantengespräches in Betracht kommen.
BGH, Urteil vom 8.7.2016, V ZR 261/15

PRAXISTIPP
Bei der Durchführung der Eigentümerversammlung sollte sich der Verwalter klar und stringent verhalten. Bei der Auszählung sind Ja-, Nein-Stimmen und Enthaltungen abzufragen und anschließend das Abstimmungs- und Beschlussergebnis zu verkünden, unnötige Unterbrechungen sind zu vermeiden.
Qualifizierte Protokollierungsklausel

Eine in der Teilungserklärung enthaltene Bestimmung, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist und das Protokoll von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterzeichnen ist, ist wirksam. Ein Verstoß hiergegen macht den Beschluss aber nur anfechtbar, nicht nichtig.
BGH, Beschluss vom 3.7.1997, V ZB 2/97

Unterzeichnung des Protokolls

Macht die Teilungserklärung die Gültigkeit der Beschlüsse der Wohnungseigentümer von der Protokollierung und der Unterzeichnung durch den Verwalter und zwei von der Versammlung bestimmten Wohnungseigentümern abhängig, ist in der Versammlung aber nur der Verwalter anwesend, der zugleich Mehrheitseigentümer ist, genügt es, wenn er das Protokoll ­unterzeichnet.
BGH, Versäumnisurteil vom 25.9.2015, V ZR 203/14

PRAXISTIPP
Vor der Eigentümerversammlung sollte die Teilungserklärung/ Gemeinschaftsordnung auf Besonderheiten, z. B. vom Gesetz abweichende Stimmkraftregelungen oder eben eine qualifizierte Protokollierungsklausel, überprüft ­werden.

Bestimmtheit von Beschlüssen und Beschlusssammlung

In einem Beschluss der Wohnungseigentümer kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers, dem Beschluss entnehmen kann, welchen Inhalt er hat. Die Publizität der auch gegen Sonderrechtsnachfolger wirkenden Beschlüsse wird dadurch gewährleistet, dass das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschlusssammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen ist, wenngleich dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Beschlusses hat.
BGH, Urteil vom 8.4.2016, V ZR 104/15

Führung der Beschlusssammlung

Die nicht ordnungsmäßige Führung der Beschlusssammlung gemäß § 26 Abs. 1 S. 4 WEG ist regelmäßig ein wichtiger Grund für eine sofortige Abberufung.
BGH, Urteil vom 10.2.2012, V ZR 105/1

PRAXISTIPP
Die nicht ordnungsgemäße Führung der Beschlusssammlung stellt nach dem ­Gesetzeswortlaut einen wichtigen Grund für eine sofortige Abberufung der ­Verwaltung dar. Wird die Beschlusssammlung nicht geführt oder nur mit erheblicher Verspätung aktualisiert, ist eine erfolgversprechende Verteidigung gegen die Abberufung ­oftmals kaum möglich.

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Linke, Olaf

Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Berliner Kanzlei Wanderer und Partner.
www.wir-wanderer.de