22.04.2014 Ausgabe: 3/2014

Die erste Eigentümerversammlung

Relevante Tagesordnungspunkte – was ist zu beachten?

In Ausgabe 2/14 haben wir die Grundsätze und Grundzüge der ersten Eigentümer­versammlung dargestellt. Aufgrund ihrer praktischen Relevanz und des hohen Haf­­­­-tungsrisikos des Verwalters sollen nachfolgend einzelne, auf der ersten Eigentümerversammlung relevante, Tagesordnungspunkte ausführlicher dargestellt werden.

Wirtschaftsplan und Hausgeld:

Mit Entstehung der werdenden Eigentümergemeinschaft sind die Eigentümer gem. § 16 II WEG verpflichtet, die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen (vgl. BGH Beschluss vom 05.06.2008, Az.: V ZB 85/07, BGH Urteil v. 11.05.2012, Az.: V ZR 196/11). Entsprechend sind sie verpflichtet, zur Deckung der laufenden Kosten ebenso wie zur Ansparung einer Instandhaltungsrücklage ein Haus-/Wohngeld zu leisten. Die Höhe des monatlich zu zahlenden Wohngeldes ergibt sich aus dem ebenfalls zu beschließenden Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan, der insoweit eine Vorausschau über die zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben im kommenden Abrechnungsjahr beinhalten soll. Einzelheiten zum Inhalt des Wirtschaftsplanes sollen an dieser Stelle unerwähnt bleiben.

In seinem Urteil vom 11.05.2012, Az.: V ZR 196/11 hat der BGH in diesem Zusammenhang klargestellt, dass der werdende Eigentümer allein für die Wohngeldzahlung haftet und eine gesamtschuldnerische Haftung mit dem Bauträger abgelehnt. Obwohl der Bauträger weiterhin als Eigentümer eingetragen ist, scheidet eine Haftung seinerseits für laufende und rückständige Wohngeldzahlungen aus. Nach Auffassung des BGH steht dem auch nicht entgegen, dass nach entsprechender Titulierung eine Vollstreckung gegen den werdenden Eigentümer daran scheitert, dass er nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft gehe nach Auffassung des BGH keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher. Der BGH führt hierzu weiter aus, dass auch eine Vollstreckung in das Wohnungseigentum bei Vorliegen eines Titels gegen den Bauträger/Veräußerer praktisch aussichtslos wäre, da eine Zwangsversteigerung bereits deshalb ausscheidet, weil die zugunsten des werdenden Eigentümers eingetragene Auflassungsvormerkung gegenüber einem persönlichen Titel vorrangig ist. Auch eine Zwangsverwaltung kommt wegen fehlenden Eigenbesitzes des Bauträgers/Veräußerers nicht in Betracht. Gegen eine persönliche Haftung des Bauträgers/Veräußerers spreche insoweit auch, dass der werdende Eigentümer wie ein Eigentümer behandelt wird.

Geltendmachung der Rechte gegenüber dem Bauträger:

Grundsätzlich ist jeder Eigentümer verpflichtet und berechtigt, seine (Gewährleistungs-) Rechte eigenständig wahrzunehmen. Dies gilt jedenfalls solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind, st. Rspr: BGH 27.06.2006, VII ZR 276/05. Insofern kann der Erwerber die Rechte auf großen Schadensersatz oder Rücktritt selbstständig geltend machen. Sie sind insoweit nicht gemeinschaftsbezogen (vgl. BGH a. a. O).

Daneben kann der Erwerber die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums selbstständig geltend machen. Dies gilt gleichermaßen für Mängelbeseitigungsansprüche und Ansprüche auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er selbst hatte, vgl. BGH a. a. O. Schlussendlich kann der einzelne Erwerber auch den Anspruch auf Kostenvorschuss gegenüber dem Bauträger geltend machen, wobei dieser auf Zahlung an die WEG gerichtet sein muss (vgl. BGH Urt. v. 12.04.2007, Az.: VII ZR 236/05).

Im Gegensatz hierzu ist die WEG für die Geltendmachung und Durchsetzung solcher Rechte von vornherein allein zuständig, die ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zulassen (vgl. BGH Urt. v. 12.04.2007, Az.: VII ZR 236/05).

Häufig sind einzelne Eigentümer mit der Durchsetzung dieser Rechte überfordert, und auch aus praktischen Gründen bietet es sich an, im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Veräußerer durch Mehrheitsbeschluss auf die Gemeinschaft zu übertragen (vgl. BGH Urt. v. 12.04.2007, Az.: VII ZR 236/05). Dies gilt gleichermaßen für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs auf Kostenvorschuss bei Vorliegen eines Mangels (vgl. BGH Urt. v. 04.06.1981, Az.: VII ZR 9/90, Urt. v. 19.12.1996, Az.: VII ZR 233/95) sowie die gemeinschaftliche Durchsetzung eines auf die Beseitigung von Mängeln gerichteten Erfüllungs- oder Nacherfüllungsanspruches (vgl. Urt. v. 12.04.2007, Az.: VII ZR 236/05).

Insofern bietet es sich im Rahmen von Auseinandersetzungen mit dem Bauträger an, bereits auf der ersten Eigentümerversammlung einen entsprechenden Beschluss zu fassen, mit dem die Geltendmachung und Ausübung der entsprechenden Rechte auf die Gemeinschaft übertragen wird.

Gleichermaßen sollte bei Vorliegen von (Bau-) Mängeln beschlossen werden, dass die Verwaltung ermächtigt wird, einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Objekts und der Mängel zu beauftragen und etwaige Ansprüche der Gemeinschaft unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich geltend zu machen bzw. durchzusetzen. Nur bei vollständiger Beschlussfassung und Berücksichtigung vorstehender Punkte ist die Verwaltung in der Lage, ordnungsgemäß und interessengerecht zu handeln.

Zieht die WEG die Geltendmachung und Durchsetzung der Ansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums per Mehrheitsbeschluss an sich, begründet sie hiermit ihre alleinige Zuständigkeit, die ein selbstständiges Vorgehen der einzelnen Eigentümer ausschließt, vgl. BGH Urt. v. 12.04.2007, Az.: VII ZR 236/05.

Die Frage, ob die WEG in der Folge auch die Befugnis zur Abnahme per Mehrheitsbeschluss an sich ziehen oder beschließen kann, dass der Verwalter, Beirat, Sachverständige oder andere Dritte die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklären können, ist umstritten und bislang nicht höchstrichterlich entschieden.

Das Landgericht München I hat diese Möglichkeit in seinem Urteil vom 16.01.2013, Az.: 18 O 1668/11, mit der Begründung bejaht, dass in dem Beschluss über die Abnahme eine Parallele zu dem Beschluss über das An-sich-ziehen der Mängelrechte zu sehen ist, die eine einheitliche rechtliche Beurteilung rechtfertig. Dieser Auffassung schließen wir uns an. Wenn die Gemeinschaft per Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung der Mängelrechte an sich ziehen kann, dann macht es in der Konsequenz keinen Sinn, wenn die Abnahme (nach Beseitigung der Mängel oder erstmaliger ordnungsgemäßer Herstellung) wiederum nur vom einzelnen Erwerber erklärt werden kann. Im Falle des An-sich-ziehens durch die WEG ist der einzelne Eigentümer naturgemäß nicht in die Auseinandersetzung mit dem Bauträger involviert und wird in der Regel nur im Rahmen der Eigentümerversammlungen oder durch Rundschreiben der Verwaltung bzw. des Beirates o. Ä. über den aktuellen Stand der Dinge informiert. Entsprechend wäre der einzelne Eigentümer in diesem Fall auch nur begrenzt in der Lage, die Abnahmefähigkeit zu beurteilen, so dass es sinnvoll erscheint, den Eigentümern die Möglichkeit einzuräumen, die WEG per Mehrheitsbeschluss zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu berechtigen. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH sich hierzu verhält.

Ebenso offen bleibt in diesem Zusammenhang die in der Praxis häufig relevante Frage, ob durch eine solche Abnahme auch spätere Ersterwerber (Erwerb nach Abnahme) an die Abnahme gebunden und mit Gewährleistungsrechten im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum ausgeschlossen sind.

Bis zu einer endgültigen Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung verbleibt es für den Bauträger dabei, dass spätere Ersterwerber das Gemeinschaftseigentum ebenso abnehmen müssen, mit der Folge, dass zu Lasten des Bauträgers die Gewährleistungsfristen hier erneut zu laufen beginnen und er gegenüber einem Späterwerber zur Mängelbeseitigung verpflichtet ist, obwohl die Gewährleistungsfristen in Bezug auf die Ersterwerber aufgrund der (durch die Gemeinschaft) erfolgten Abnahme bereits abgelaufen sind.

Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Veräußerer mit dem (Spät-)Erwerber im Kaufvertrag eine Regelung trifft, nach der der Erwerber eine bereits erfolgte Abnahme gegen sich gelten lässt und sich ausdrücklich mit den verkürzten Verjährungsfristen einverstanden erklärt.

Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz vom 08.04.2013, Az.: 2 U 1123/12, kann dies sogar dann gelten, wenn der Veräußerer eine solche Regelung formularmäßig in seine Kaufverträge aufnimmt. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Veräußerer eine Klausel in den Kaufverträgen, wonach das Gemeinschaftseigentum durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen abgenommen wurde und der Käufer die Abnahme für sich als verbindlich anerkennt, so dass für ihn die Verjährungsfrist für Baumängel am Gemeinschaftseigentum mit dieser Abnahme zu laufen beginnt. Das OLG Koblenz hielt eine solche Klausel für wirksam und verneinte insbesondere eine unangemessene Benachteiligung des Erwerbers im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. Eine solche Klausel sei aus sich heraus verständlich und werde dem Zweck der längeren Verjährungsfrist, nämlich die Berücksichtigung verdeckter und erst später auftretender Mängel, gerecht, weil sie diese Frist an sich nicht verkürzt, sondern den Erwerber lediglich an eine bereits laufende Frist ­bindet.

Die weitere Problematik in Zusammenhang mit sog. „Nachzüglern“ ist damit jedoch nicht geklärt, sondern bedarf einer besonderen Betrachtung, die den Rahmen dieses Artikels überschreiten würde.

Insofern bleibt abzuwarten, ob und welche Lösungen die Rechtsprechung für dieses Problem entwickelt. Die bisherigen Entscheidungen sind zahlreich und bieten keine Möglichkeit einer rechtssicheren und einheitlichen Handhabung.

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Mattern, Wolfgang

Wolfgang Mattern ist Rechts­anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Immobilienrecht sowie Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Mitbegründer und seit über 20 Jahren geschäftsführender Vorstand des VDIV Schleswig-Holstein, ­Hamburg, Mecklenburg-­Vorpommern, mit Kanzleien in Kiel und Hamburg.