27.01.2020 Ausgabe: 8/19

Die Gefahr bannen - Wie man gegen zu hohe Radonkonzentrationen in Gebäuden vorgeht, um die gesundheitsschädlichen Folgen des radioaktiven Gases zu einzudämmen.

Die Radonproblematik wurde in vdivaktuell 7/19 bereits dargestellt: gesundheitliche Folgen, gesetzliche Grundlagen und die daraus resultierenden Haftungsrisiken für Gebäudeeigentümer. In diesem zweiten Teil geht es nun um Lösungsmöglichkeiten für den Gebäudebestand.

Die Radonkonzentration im Erdboden beträgt in Deutschland je nach Bodenzusammensetzung häufig mehrere 1 000 bis mehrere 100 000 Bq/m³! Im Bereich erdberührender Bauteile von Wohngebäuden liegt also im Vergleich zu den gesetzlich vorgegebenen Referenzwerten von 300 Bq/m³ oder den seitens der WHO empfohlenen Zielwerten von unter 100 Bq/m³ für die Radonkonzentration in Innenräumen im Erdboden eine enorm hohe Konzen­tration des radioaktiven Gases vor. Neben dieser Bodenluftkonzentration spielt die Dichtigkeit der Gebäudehülle (hier der erdberührenden Flächen), die Luftwechselrate im Gebäude und die vorliegende Druckdifferenz zwischen Gebäudeinnenraum (Unterdruck) und Erdreich (Überdruck) eine entscheidende Rolle für die Auswahl der geeigneten Sanierungsmethode.

Radonsanierung im ­Gebäudebestand
Aus den genannten Faktoren können verschiedene Methoden der Radonsanierung im Bestand abgeleitet werden. Die Bodenluftkonzentration lässt sich durch zwei verschiedene Maßnahmen senken: Zum einen durch Zufuhr von Luft in den Boden, sofern dies ohne wesentliche Druckerhöhung möglich ist. Bei extrem durchlässigem Baugrund wie z. B. Schotter kann diese Methode erfolgversprechend sein. Zum anderen kann durch Ableitung der Bodenluft die Konzentration von Radon ebenfalls reduziert werden. Diese sogenannte Radonbrunnen-Methode ist dann geeignet, wenn aus angrenzenden Bereichen Boden- oder Oberflächenluft mit geringerer Radonkonzentration nachströmen kann.

Auch die Erhöhung des Luftwechsels im Gebäude kann mit Einschränkungen die Radonkonzentration im Gebäude senken. Wird die Frequenz des Luftwechsels verdoppelt, halbiert sich die Konzentration, was wegen des hohen Energieverlustes in den Wintermonaten allerdings unpraktikabel sein dürfte. Bei sehr hoher Radonkonzentration von > 300 Bq/m³ und zugleich schnellem Anstieg der Konzentration nach einem Querlüften wird diese Methode daher nicht zum Unterschreiten des Zielwertes von 100 Bq/m³ führen!

Da das Gas Radon im Vergleich zu den Bestandteilen der Luft eine hohe Atommasse aufweist, es also schwerer ist als Luft, wird sich die erhöhte Konzentration im Gebäude auf den unteren Gebäudebereich (Keller und untere Geschosse) beschränken. Eine luftdichte Abschottung des (ggfs. nicht für den Daueraufenthalt genutzten) Kellers zum darüber liegenden Gebäudebereich wird die Konzentration in den bewohnten Bereichen folglich reduzieren. Im Keller selbst wird die Konzentration jedoch ansteigen, und ggfs. findet das Radon dann neue Wege, um sich im Haus auszubreiten.

All diese Maßnahmen sind in Erwägung zu ziehen, und in Fällen, in denen nur eine geringe Überschreitung des Referenzwertes oder des im Rahmen der Sanierung geplanten Zielwertes vorliegt, kann die Anwendung einer oder mehrerer dieser Methoden schon ausreichend sein. Liegt der Ausgangswert jedoch über dem Dreifachen des Zielwertes – dies ist unbedingt der von der WHO empfohlene von 100 Bq/m³ –, dann wird nur eine Reduzierung der Undichtigkeiten und bei noch gravierenderen Überschreitungen die Verschiebung der Druckdifferenzen zum Erfolg führen.

Das Durchdringen von Gasen durch Öffnungen in Bauwerken wird beeinflusst vom Differenzdruck zwischen den beiden Seiten des Bauteils und von der Querschnittsfläche der Öffnung. So wird z. B. bei hohen Druckdifferenzen bereits eine sehr kleine Öffnung bzw. ein Riss zu nennenswerten konvektiven Massenströmen führen. Ist gleichzeitig die Bodenluftkonzentration von Radon sehr hoch (beispielsweise über 20 000 Bq/m³ wie quasi überall in Deutschland), dann wird die Konzentration im Gebäude sehr schnell ansteigen! Vor diesem Hintergrund wird schnell deutlich, dass eine Umkehrung des Druckverhältnisses von Innenraum zu Erdboden an erdberührenden Gebäudeflächen quasi immer zum Erfolg führen wird.

Kontrollierte Unterdruckhaltung
Hierzu wurde eine systematische, iterative Vorgehensweise erarbeitet, die bei Einhaltung aller Arbeitsschritte einer Radonsanierung zum sicheren Erfolg und sogar zu Radonkonzentrationen von teils deutlich unter 100 Bq/m³ führt. Die vor der Sanierung vorliegende Radonkonzentration spielt dabei keine entscheidende Rolle und hat sehr wenig Einfluss auf die Kosten der Sanierung!
Die qualifizierte Messung von Radon in verschiedenen Räumen und verschiedenen Etagen eines Gebäudes muss durch eine Radonfachperson erfolgen. Eine solche zeitauflösende Messung sollte über einen repräsentativen Zeitraum und je nach Gebäudegröße an mindestens zwei Messpunkten pro Etage stattfinden. Entscheidend ist hier häufig nicht die absolute Genauigkeit der Messwerte, sondern deren Größenordnung und ihr Verlauf bzw. der Anstiegsgradient nach einer Querlüftung! Danach erfolgt eine systematische Beurteilung des Gebäudes anhand von Zeichnungen, Analysen vor Ort und Messungen von Undichtigkeiten und Luftströmen mit erprobten Verfahren. Identifizierte Undichtigkeiten und damit potenzielle Pfade für das Eindringen oder die Migration von Radon werden mittels geprüfter und zugelassener Verfahren zur Gebäudeabdichtung hinlänglich abgedichtet.

Eine erneute Radonmessung nach der Abdichtung weist neben der Konzentration selbst den zum Anstieg der Konzentration erforderlichen Zeitraum nach. Steigt die Konzentration sehr schnell an, dann deutet dies auf eine sehr hohe Bodenluftkonzentration oder auf Fehler der Abdichtungsmaßnahme hin. Anhand einer ersten Bohrung etwa im Bereich der Gebäudemitte erfolgen Messungen der Druckdifferenz (Innenraum zu Erdreich) und des aufgrund natürlicher Druckdifferenzen eindringenden Volumenstroms. Auch eine Messung der Radonkonzentration der dort eintretenden Bodenluft sollte gemessen werden. Diese Bodenluftkonzentration liefert den tatsächlich relevanten Wert! Auf seiner Basis erfolgt dann die Ermittlung der erforderlichen Auslegung einer Absauganlage und der notwendigen Anzahl von Bohrungen zur Erreichung eines umgekehrten Druckgefälles von der Innenseite des Gebäudes zum Erdreich.

Der darauf folgende Einbau der Absaugstellen und die Verrohrung zum Radonabsauggerät erfolgt ausschließlich mit geprüften Komponenten. Wichtige Aspekte sind die DIN-gerechte Durchführung der Rohrleitungen durch die Gebäudehülle sowie die Verwendung geprüfter und zugelassener gasdichter Rohrsysteme. Eventuelle Leckagen der Rohrleitungen sind insbesondere auf der Ausblasseite der Sauganlage extrem schädlich, weil hier „verdichtete“ Bodenluft mit hoher Radonkonzentration und mit hohem Druck gefördert wird. Undichtigkeiten in diesem Bereich können sogar zu höheren Werten als vor der Installation führen.

Die richtige Auslegung des Sauggerätes hängt im Wesentlichen von der Größe der erdberührenden Gebäudefläche, der Beschaffenheit des Bodenmaterials (Luftdurchlässigkeit), der daraus resultierenden Anzahl der Absaugbohrungen, der erforderlichen Druckdifferenz und dem erforderlichen Luftvolumenstrom ab. Als sehr vorteilhaft haben sich daher regelbare Absaugsysteme erwiesen, die flexibel auf die jeweils erforderlichen Werte eingestellt werden können. Weitere Anforderungen an das Absaugsystem sind ein störungsfreier, mehrjähriger Betrieb, geringe Wartungs- und Betriebs- sowie Energiekosten und eine minimierte Geräuschentwicklung.

Fazit
Die richtige Reihenfolge der Arbeitsschritte, die Verwendung geprüfter, gasdichter Komponenten und die flexibel auf die örtlich gegebenen Anforderungen einstellbare Sauganlage ermöglichen eine quasi prozesssichere Lösung für die Radonsanierung durch die Absaugung im Bestand! Nach bisheriger Erfahrung kann mit der beschriebenen Absaugmethode in über 99 Prozent aller Bestands­immobilien das Problem gelöst und ein sehr niedriger Radonwert prozesssicher und kosteneffizient erreicht werden.

Foto: © fewerton / Shutterstock.com


Zinken, Dipl.-ing. Richard

Einen Vortrag zum Thema hält der bei der Corroventa Entfeuchtung GmbH Tätige im Rahmen des 13. Sächsischen Radontags am 14./15.11.2019 an der HTW Dresden.
www.corroventa.de