22.07.2022 Ausgabe: 5/22

Die Grundsteuerreform

In diesem Jahr müssen alle Grund­stücks- und Immobilienbesitzer eine elektronische Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts beim Finanzamt abgeben. Ab dem 1. Januar 2025 wird die neue Grundsteuer für vorhandenen Grundbesitz erhoben. Bis dahin müssen die Besteuerungsgrundlagen festgestellt und die notwendigen Besteuerungsver­fahren eingeführt werden.

Maßgeblich für die Neubewertung sind die Verhältnisse zum sogenann­ten Hauptfeststellungszeitpunkt, dem 1. Januar 2022. Die neue Wertermittlung der bundesweit ca. 36 Mio. Immobilien bzw. Grundstücke erfolgt, weil das Bun­desverfassungsgericht im Jahr 2018 die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für ver­fassungswidrig erklärte.


Grundsteuerreform-Gesetz
Mit Inkrafttreten des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 21. November 2019 (BGBl 2019 I S. 1546) war der Gesetzgeber der vom Bundesverfassungsgericht aufer­legten Pflicht nachgekommen, bis spätes­tens Ende Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung zu verabschieden.

Auf Basis des Grundsteuer-Reformge­setzes wird nun die neue Grundsteuer ab dem Jahr 2025 festgesetzt. Bis zum 31. Dezember 2024 dürfen Städte und Gemeinden die Grundsteuer nach bis­herigem Recht weiter erheben, sodass sie bis dahin nach den bisherigen Regeln zu leisten ist.

An der bisherigen dreistufigen Berech­nungsmethode ändert sich danach im Grundsatz nichts. Grundlage für die Ermittlung der Grundsteuer bleibt der Grundsteuerwert.
 

Länderöffnungsklausel im Gesetz
Im Gesetz ist eine Öffnungsklausel ent­halten, die die Bundesländer dazu befugt, eigene Modelle für die Grundsteuer per Landesgesetz anzuwenden. Die meisten Bundesländer haben sich dem Reform­gesetz und damit dem sogenannten Bundesmodell angeschlossen, Sachsen und das Saarland mit kleineren Abwei­chungen bei den Steuermesszahlen. Von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und abweichende Modelle verabschiedet haben hingegen Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Nieder­sachsen.


Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltungen
Die Grundsteuerwerte ermitteln die jeweils zuständigen Finanzämter auf Grundlage der entsprechenden Grund­steuererklärungen. Das Gesetz sieht eine regelmäßige Bewertung der Grundstü­cke vor. Das heißt: Zukünftig werden die Finanzämter alle sieben Jahre überprüfen, ob und inwieweit sich der Grundsteuer­wert geändert hat.


Pflicht für Grundstücks- und Wohnungseigentümer
Für Grundstücks-, Haus- und Woh­nungseigentümer besteht bis zum 31. Oktober 2022 eine Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes (=Feststellungserklärung).

Erforderlich dafür sind Angaben zur Lage des Grundstücks (Gemarkung, Flurstück), zu Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Wohnfläche nach der Wohnflächenver­ordnung, Grundstücks- und Gebäudeart sowie zum Baujahr.

Die in der Feststellungserklärung zu machenden Angaben sind – abhängig vom jeweils zu bewertenden Objekt – unterschiedlich. Daher ist für jede wirt­schaftliche Einheit eine eigene Erklärung abzugeben. Ebenfalls wichtig zu wissen ist, dass bei der Ermittlung des Grund­steuerwerts für Wohngrundstücke im sogenannten Ertragswertverfahren nicht auf die tatsächliche Miete abge­stellt wird, sondern auf eine typisierende durchschnittliche Nettokaltmiete. Für Wohnungseigentum gelten dieselben Nettokaltmieten wie für Mietwohn­grundstücke. Für einen Garagenstellplatz in einer Einzel- oder Tiefgarage wird die Nettokaltmiete mit einem Festwert von 35 Euro angesetzt.

Bei den im Sachwertverfahren zu bewer­tenden Nichtwohngrundstücken wird auf die Berücksichtigung individueller Ausstattungsmerkmale verzichtet, der Wert stattdessen auf der Grundlage pauschalierter Normalherstellungskos­ten in Abhängigkeit vom Gebäudealter ermittelt.
 

Handlungsbedarf und -befugnis für Verwaltungsunternehmen
Grundsätzlich gilt, dass die Pflicht zur Abgabe der Grundsteuererklärung die einzelnen Wohnungs- bzw. Gebäu­deeigentümer selbst trifft. Sofern Immobilien eigentümer hierfür externe Dienstleister beauftragen, steht nach § 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) grundsätzlich den Steuerberatern und ähnlichen Berufsgruppen die Befugnis zur „unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen“ zu, d. h. die steuerbera­tenden Berufe sind befugt, die Grund­steuererklärung auszufüllen und an das Finanzamt zu übermitteln. Aber auch Verwaltungen sind je nach Auftrags­verhältnis im Rahmen ihrer gesetzlich zulässigen Tätigkeiten hinsichtlich der von ihnen verwalteten Objekte zur „beschränkten Hilfeleistung in Steuer­sachen“ gemäß § 4 Nr. 4 StBerG befugt, sofern sie geschäftsmäßig tätig werden. Dabei stellt sich die Frage, welche Arten möglicher angebotener Hilfeleistungen hiervon umfasst sind.

Laut Informationsschreiben der Finanz­verwaltungen einiger Bundesländer kön­nen unter die „Hilfe in Steuersachen“ u. a. auch die Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts, die Entgegennahme der Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide oder auch das Einlegen von Rechtsbehelfen fallen, sofern eine entsprechende Bevoll­mächtigung nachgewiesen wird. Auch die Empfangsvollmachten für den Erhalt der Bescheide müssen in der Feststellungs­erklärung dem Finanzamt gegenüber angezeigt werden.

In den Informationsschreiben der Länder ist allerdings in der Regel von Immobilienverwaltungen im Allgemei­nen die Rede. Es wird also nicht dif­ferenziert, in welchem Tätigkeitsfeld das Verwaltungsunternehmen agiert. Dies erscheint jedoch durchaus sinn­voll, da eine WEG-Verwaltung zwar die notwendigen Informationen über das Grundstück zur Verfügung stellen und entsprechende Auskünfte erteilen wird, jedoch nicht von einzelnen Son­dereigentümern bevollmächtigt werden möchte, deren Grundsteuererklärung abzugeben. Empfehlenswert ist es, in jedem Fall zu prüfen, ob ein Tätigwerden von der abgeschlossenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung gedeckt ist.

Ob ein Verwaltungsunternehmen nun im Bereich der WEG-, Miet- oder Sondereigentumsverwaltung tätig ist, es sollte Wohnungs- und Gebäudeeigentümer rechtzeitig auf die verpflichtende Abgabe der Feststellungserklärung aufmerksam machen.
 

Vergütungsansprüche prüfen
Aufgrund der Befugnis nach § 4 Nr. 4 StBerG sollten Verwaltungsunterneh­men ihre Vergütungsansprüche prüfen. Die Vergütung sollte u. a. die Zurverfügungstellung der benötigten Informati­onen zum Grundstück, die Ermittlung von Daten bzw. den Datenabgleich von Wohn- und Nebenflächen für die Eigentümer umfassen. Gleiches gilt bei entsprechender Bevollmächtigung zur Abgabe der Feststellungserklärung im Bereich der Miet- und Sondereigentumsverwaltung.
 

Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer
Nach Abgabe der Grundsteuererklärung erfolgt die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer durch Städte und Gemein­den auf Basis der von den Finanzämtern erhobenen Daten.

Auf Grundlage der von den Erklärungs­pflichtigen übermittelten Daten berech­net das Finanzamt den Grundsteuerwert und gibt an die Eigentümer des Grund­besitzes einen Grundsteuerwertbescheid aus. Dieser ermittelte Grundsteuerwert wird sodann mit der gesetzlich festge­schriebenen Steuermesszahl multipliziert. Daraus resultiert der Grundsteuermessbetrag, der ebenfalls vom Finanzamt per Grundsteuermessbescheid bekanntge­geben wird.

Abschließend wird der Grundsteuermessbetrag mit dem individuellen Hebesatz der Stadt oder Gemeinde multipliziert, um die endgültige Grundsteuer zu ermit­teln. Nach Aufforderung durch die Städte und Gemeinden ist die neu berechnete Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 auf Grundlage des Grundsteuerbescheids zu zahlen.


FAZIT
Klar ist, dass Immobi­lienverwaltungen mit dem Thema Grundsteuer seit diesem Jahr öfter in Berührung kommen wer­den und eine Flut an Auskunftsbegehren zu erwarten ist. Zeigen wird sich insbesondere, ob Abläufe und Fristen – wie geplant – eingehalten wer­den können. Die Neube­wertung von Grundbesitz ist für alle Beteiligten ein größeres bürokratisches Unterfangen.

Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland