05.07.2013 Ausgabe: 4/2013

Die Kreditaufnahme im Wohnungseigentum

Größere Modernisierungsmaßnahmen sind teuer. Da reichen die Rücklagen meist nicht mehr aus, eine Sonderumlage muss her und oft auch finanziert werden. Doch das ­Finanzieren einer Eigentümergemeinschaft ist rechtlich noch immer nicht ganz einfach.

Zahlreiche Wohnungseigentümergemeinschaften stehen insbesondere bei älteren Gebäuden kostenträchtigen Instandsetzungsmaßnahmen gegenüber. Die Finanzierung solcher Maßnahmen ist aus Mitteln der Instandsetzungsrücklage und gegebenenfalls aus zu beschließenden Sonder­umlagen als Nachtrag zum Wirtschaftsplan zu sichern. In der Praxis scheitern erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen an dem Umstand, dass die Instandsetzungsrücklage nicht über Mittel in entsprechender Höhe verfügt und einzelne Wohnungseigentümer über dies nicht in der Lage sind, Sonderumlagen zu entrichten. Neben staatlichen Zuschüssen locken zinsbegünstigte KfW-Darlehen zur Aufnahme eines Kredits. War es noch anerkannt, dass kurzfristige Liquiditätsengpässe durch Inanspruchnahme eines Girokredits aufgefangen werden können, so sollte die Finanzierung von längerfristig planbaren Instandsetzungsmaßnahmen über ein Darlehen nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen (Landgericht München I BeckRS 2010,22024; Landgericht Bielefeld Z WE 2011,422).

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28. September 2012 (AZ: V ZR 251/11) über die Zulässigkeit der Kreditaufnahme durch den Verband entschieden. Dabei hat der BGH aber lediglich festgestellt, dass der Wohnungseigentümerversammlung im Hinblick auf die Darlehensaufnahme grundsätzlich Beschlusskompetenz zukommt, Nichtigkeitsgründe mithin nicht vorliegen. Die Beschlusskompetenz der Versammlung leitete der BGH aus § 27 Absatz 1 Nummer 4 WEG ab. Der Verwalter ist danach berechtigt und verpflichtet, Tilgungsbeiträge anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Wohnungseigentümer handelt.

Des Weiteren sei es ein Kernanliegen der Reformidee gewesen, die Verwaltung durch Stärkung der Beschlusskompetenz zu erleichtern. Für die Praxis bedauerlich, hatte sich der BGH nicht mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Beschluss über die Kreditaufnahme den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung genügt. Dem gesetzlichen Leitbild folgend führt der Senat lediglich aus, dass keine Beschlusskompetenz besteht, eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer zu begründen. Dies kann nur Mdurch individuelle Verpflichtungserklärungen sämtlicher im Grundbuch eingetragener Wohnungseigentümer erfolgen.

Einige Kernfragen waren vom BGH im zitierten Urteil nicht zu prüfen. Insbesondere wie mit einem Wohnungseigentümer zu verfahren ist, der seinen Anteil an den Instandsetzungskosten aus eigenen finanziellen Mitteln decken kann. Muss die kreditfinanzierende Bank diesen Wohnungseigentümer von seiner anteiligen Haftung gemäß § 10 Absatz 8 WEG freistellen? Hat diese Wohnung im Innenverhältnis gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern einen Freistellungsanspruch?

Einfacher Mehrheitsbeschluss oder Einstimmigkeit?
Ferner ist offen geblieben, welche Kreditkonditionen (Darlehenshöhe, Laufzeit des Darlehens, Vorfälligkeitsentschädigungen und so weiter) vorliegen müssen, damit der Beschluss sich im Rahmen der Rechtmäßigkeit bewegt. Von erheblicher praktischer Bedeutung wäre auch die Klärung gewesen, ob ein einfacher Mehrheitsbeschluss ausreichend ist oder ob Einstimmigkeit erreicht werden muss.

Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung – basierend auf dem Grundsatz, dass Beschlusskompetenz besteht – bleibt nun abzuwarten. Den Wohnungseigentümergemeinschaften, die vor der Entscheidung stehen, Instandsetzungsmaßnahmen zu kreditieren, ist anzuraten, den Beschluss mit der Maßgabe zu fassen, dass der Verwalter erst nach Ablauf der einmonatigen Beschlussanfechtungsfrist berechtigt sein soll, den Beschluss umzusetzen und er für den Fall, dass Anfechtungsklage eingereicht ist, von der Verpflichtung zur Umsetzung befreit wird. Der VDIV Baden-Württemberg hat einen Musterbeschluss entwickelt, der dieser Vorgabe genügt.

Mindestinhalte der Beschlussfassung

  • Beschreibung der Instandsetzungsmaßnahme und der voraussichtlichen Kosten
  • Finanzierung über Rücklage, von der Umlage
  • Höhe des Kreditbetrags (KfW-Förderkredit)
  • Aufnahme des KfW-Förderkredits über XX Euro (Darlehenskonditionen und Bedingungen für die Förderzusage, Festschreibung des Zinssatzes für den KfW-Kredit und Rückzahlungskonditionen)
  • Ermächtigung des Verwalters, den Beschluss erst nach Bestandskraft umzusetzen, Befreiung in der Umsetzungspflicht bei Anfechtungsklage
  • Ermächtigung des Verwalters, der Bank alle Unterlagen und Infos zur Verfügung zu stellen, die für den Erhalt des Förderkredits erforderlich sind
  • Ermächtigung des Verwalters, gegebenenfalls Sicherheiten zu stellen
  • Ganz wichtig: Sämtliche Unterlagen (Kreditvertrag, Förderbedingungen etc.) müssen dem Einberufungsschreiben zur Eigentümerversammlung beigefügt sein

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Volpp, Stephan

Der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Justiziar des VDIV Baden-Württemberg. Volpp ist Dozent bei der Akademie der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Baden-Württemberg und Mitglied des Prüfungsausschuss ­Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.