01.06.2017 Ausgabe: 4/2017

Die Mieterabrechnung

Neue Entscheidungen aus den Gerichten

In der Zeit ab Anfang 2016 haben sich die Gerichte, allen voran der BGH, in der überwiegenden Zahl der Entscheidungen zu Fragen der formellen Ordnungsmäßigkeit von Betriebskostenabrechnungen und der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB geäußert und streitige Rechtsauffassungen geklärt. Ein Überblick bzw. eine Zusammenfassung in Kurzform:

Verspätete Abrechnung aufgrund verspäteter Genehmigung der ­Hausgeldabrechnung

BGH, Urteil v. 25.1.2017 – VIII ZR 249/15
Der vermietende Wohnungseigentümer hat über die Betriebskostenvorauszahlungen seines Mieters innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB abzurechnen, unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt der Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG bereits vorliegt. Der Vermieter hat konkret darzulegen, aus welchem Grund ihm eine rechtzeitige Erstellung der Betriebskostenabrechnung nicht möglich war und welche Bemühungen er zur Sicherstellung einer rechtzeitigen Abrechnung unternommen hat, um eine Entlastung nach § 556 Abs. 3 S. 3 Halbs. 2 BGB zu erreichen. Hinsichtlich der Pflicht zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung ist der WEG-Verwalter nicht Erfüllungsgehilfe des vermietenden Wohnungseigentümers nach § 278 BGB.

Zur Erläuterung
Mit der BGH-Entscheidung erfolgt Klärung eines bislang bestehenden Meinungsstreits. Demnach ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 556 Abs. 3 BGB noch aus den Gesetzesmaterialien, der Gesetzessystematik oder dem Sinn und Zweck der Vorschrift eine (ungeschriebene) Voraussetzung, wonach ein Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG vorliegen muss, damit ein vermietender Wohnungseigentümer über die Betriebskosten abrechnen kann. Grund hierfür sind u. a. die voneinander unabhängigen Rechtsbeziehungen des Wohnungseigentümers zur Wohnungseigentümergemeinschaft und deren Verwalter einerseits und zum Mieter der Eigentumswohnung andererseits. Demnach ergeben sich Unterschiede bezüglich der Art der jeweiligen Abrechnungen. Etwa im Rahmen der Kostenverteilung, welche sich bei der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG gemäß § 16 Abs. 2 WEG nach den Anteilen, hingegen bei der Betriebskostenabrechnung nach § 556 BGB nach der vertraglichen Vereinbarung der Mietvertragsparteien (§§ 556 Abs. 1, 556a Abs. 1 BGB) richtet. Ebenso hinsichtlich der jeweils umlegbaren Kosten, zu welchen im Rahmen der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG auch die Kosten der Verwaltung sowie der Instandhaltung und Instandsetzung gehören, welche jedoch im Rahmen der Betriebskostenabrechnung nach §§ 556 Abs. 1 S. 1 BGB, 1 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1, 2 BetrkV nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen.

Zusammenfassung von Kostenpositionen

BGH, Beschluss v. 24.1.2017 – VIII ZR 285/15
Maßgeblich für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Betriebskostenabrechnung ist die Nachvollziehbarkeit und Prüffähigkeit für den Mieter. Im Hinblick auf die Differenzierung der Abrechnung nach einzelnen Kostenpositionen ist die Nachvollziehbarkeit grundsätzlich gewährleistet, wenn der Vermieter eine Aufschlüsselung vornimmt, die den einzelnen Ziffern des Betriebskostenkatalogs in § 2 BetrkV entspricht. Eine weitere Aufschlüsselung nach einzelnen Positionen innerhalb einer Ziffer ist dann nicht erforderlich. Eine Zusammenfassung der in verschiedenen Ziffern des Betriebskostenkatalogs genannten Kostenpositionen ist unzulässig.

Einwendungsausschluss auch für nicht auf den Mieter umlegbare Kosten

BGH, Urteil v. 11.5.2016 – VIII ZR 209/15
Weder aus dem Wortlaut des § 556 Abs. 3 S. 5, 6 BGB noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften ergeben sich Hinweise auf eine Beschränkung des Einwendungsausschlusses, sodass die Ausschlussfrist gemäß § 556 Abs. 3 S. 5, 6 BGB auch für Einwendungen hinsichtlich solcher Kosten gilt, welche gemäß §§ 556 Abs. 1 S. 1 BGB, 1 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1, 2 BetrkV nicht auf den Mieter umlegbar sind.

Umlage verursachungsunabhängiger ­Betriebskosten

BGH, Urteil v. 6.4.2016 – VIII ZR 78/15
Es ist zulässig, bei der Abrechnung der Betriebskosten der Müllbeseitigung am Maßstab des verursachten und erfassten Restmülls eine angemessene Mindestmenge zu berücksichtigen. Nach § 556 Abs. 1 S. 2, 2 S. 1 BGB ist es gestattet, verursachungsunabhängige Betriebskosten nicht zu 100 Prozent nach erfasster Verursachung umzulegen, sondern in gewissem Umfang verursachungsunabhängige Kostenbestandteile in die Umlage der Betriebskosten einzubeziehen. Eine Änderung des Abrechnungsmaßstabes gemäß § 556 Abs. 2 S. 1 BGB schließt es nicht aus, das Änderungsrecht für einen künftigen Abrechnungszeitraum erneut auszuüben, weil sich der gewählte Maßstab als ­korrekturbedürftig erweisen kann.

Umlagefähigkeit der Pflegekosten öffentlich zugänglicher Flächen

BGH, Urteil v. 10.2.2016 – VIII ZR 33/15
Die Kosten der Pflege von Garten- oder Parkflächen, die durch bauplanerische Bestimmungen oder durch den Vermieter selbst für die Nutzung der Öffentlichkeit gewidmet sind, können nicht als Betriebskosten den Wohnraummietern angelastet werden, da der erforderliche Bezug zur Mietsache, welcher über das in § 556 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltene Merkmal des bestimmungsgemäßen Gebrauchs für die Umlage von Betriebskosten Voraussetzung ist, fehlt. Hingegen handelt es sich bei den Kosten für die Beseitigung von Verunreinigungen auf nichtöffentlichen Gemeinschaftsflächen der Mietsache, welche durch Mieter oder Dritte verursacht worden sind (z. B. Hundekot), um umlagefähige Kosten.

Erläuterung einer Schätzung von Heizkosten

BGH, Urteil v. 24.8.2016 – VIII ZR 261/15
Für die formelle Ordnungsmäßigkeit einer Heizkostenabrechnung bedarf es im Falle einer Schätzung des individuellen Verbrauchs, unabhängig davon, ob eine vom Vermieter vorgenommene Schätzung den Anforderungen des § 9a HeizkV entspricht, weder einer Erläuterung, auf welche Weise eine Schätzung vorgenommen wurde, noch der Beifügung von Unterlagen, aus denen der ­Mieter die Schätzung nachvollziehen kann.

Heizkosten: Kürzungsmöglichkeit bei ­fehlerhafter Verbrauchsermittlung

BGH, Urteil v. 20.1.2016 – VIII ZR 329/14
Sofern der Vermieter den Verbrauch von Heizenergie unter Verstoß gegen § 5 Abs. 2 S. 1 HeizkV ermittelt, ist in der Regel der ermittelte Verbrauch der Abrechnung zu Grunde zu legen und nicht allein nach der Wohnfläche abzurechnen. Der Mieter ist in diesem Fall berechtigt, eine Kürzung der Kosten gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkV vorzunehmen. Der Kürzungsbetrag ist von dem für den Nutzer in der Abrechnung ausgewiesenen Anteil der Gesamtkosten zu errechnen.

Angabe der Gesamtkosten

BGH, Urteil v. 20.1.2016 – VIII ZR 93/15
Eine Betriebskostenabrechnung ist hinsichtlich der Angabe der „Gesamtkosten“ formell ordnungsgemäß erstellt, sofern der Vermieter bei der jeweiligen Betriebskostenart den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umgelegt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter diesen Gesamtbetrag vorab um nicht auf den Mieter umlagefähige Kostenanteile bereinigt hat. Einer Angabe und Erläuterung der Rechenschritte hinsichtlich des ­Vorwegabzuges bedarf es nicht.

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Scheidweiler, Markus

Fachanwalt für Miet- und ­Wohnungseigentumsrecht
www.kanzlei-scheidweiler.de