20.01.2017 Ausgabe: 1/2017

Die Mietpreisbremse

Greift sie oder greift sie nicht? Wie hat sie sich im ersten Jahr ihres Wirkens bewährt? Was dürfen Vermieter und was nicht?

Im laufenden Mietverhältnis darf ein Vermieter die Miete jeweils bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete anpassen. Bei Neuvermietung einer Wohnung allerdings gab es bis zum Jahr 2015 keine gesetzliche Begrenzung. Verlangt werden konnte der auf dem Markt erzielbare Mietpreis, was insbesondere in großen Städten zu einem starken Anstieg führte. Dieser Entwicklung sollte die sogenannte Mietpreisbremse entgegenwirken. Das ins BGB eingefügte Instrument begrenzt bei Neuvermietungen von nicht preisgebundenem Wohnraum die Miethöhe auf maximal 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Ausgenommen wurden Wohnungen zum vorübergehenden Gebrauch, also Ferien- bzw. Montagewohnungen, sowie neu errichtete Wohnungen, die vor dem 1. Oktober 2014 weder vermietet noch genutzt worden waren. Ebenfalls ausgenommen: Wohnungen, die nach umfassender Modernisierung erstmalig wieder vermietet werden. Als umfassende Modernisierung gilt eine Investition in die Wohnung, die einem Drittel der fiktiven Neubaukosten entspricht. Investitionen, die ein Vermieter vor einer Neuvermietung getätigt hat, die unterhalb einer umfassenden Modernisierung liegen, dürfen als Modernisierungszuschlag berücksichtigt werden, so wie dies bei einer Mieterhöhung nach § 559 BGB zulässig wäre, sodass die zulässige Miethöhe sich aus ortsüblicher Vergleichsmiete zzgl. 10 Prozent plus Modernisierungszuschlag zusammensetzt. Hat bereits der Vormieter eine Miete entrichtet, die mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, darf diese Miete auch bei Neuvermietung wieder vereinbart werden.

Es obliegt den Kommunen, festzulegen, wo die Mietpreisbremse greifen soll. Durch Rechtsverordnung weisen sie diejenigen Gebiete aus, in der der Wohnungsmarkt angespannt, d. h. die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen gefährdet ist. In diesen Gebieten gilt die Mietpreisbremse. Der Berliner Senat beispielsweise hat das gesamte Berliner Stadtgebiet zum angespannten Wohnungsmarkt erklärt und dort die Mietpreisbremse nach §§ 556d ff. BGB flächendeckend eingeführt.

Der Erfolg allerdings lässt gut ein Jahr nach Inkrafttreten auf sich warten. Wie die ­Bundesregierung selbst feststellt, ist das Mietniveau in den Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt weiterhin extrem gestiegen, eine Begrenzung bei abgeschlossenen Neuvermietungen nicht erkennbar. Zudem sind bisher lediglich zwei Fälle mit Urteil (AG Lichtenberg 2 C 202/16, AG Neukölln 11 C 414/15) bekannt geworden, in denen Mieter gegen überhöhte Mieten vorgegangen sind – übrigens mit Erfolg. Untersuchungen zufolge gibt es dafür im Wesentlichen vier Gründe:

 

1. Fehlende Kontrollmöglichkeit

Das Gesetz sieht keine wirksame Kontrolle der Einhaltung der Mietpreisbremse vor. Nach § 556g BGB sind Vermieter verpflichtet, auf Verlangen des Mieters Auskunft über Tatsachen zu geben, die zur Feststellung der zulässigen Miethöhe erforderlich sind und die nicht anderweitig erlangt werden können. Hierunter fallen insbesondere Angaben zum vom Vormieter gezahlten Mietpreis und zu den vor einer Neuvermietung ausgeführten Modernisierungsarbeiten. Die ortsübliche Vergleichsmiete kann, zumindest in Städten mit qualifiziertem Mietspiegel, ohne Angaben des Vermieters ermittelt werden.

Auf die Angaben des Vermieters müssen sich Mieter zunächst verlassen. Daten des Vormieters dürfen nur nach dessen Einwilligung herausgegeben werden, also etwa dessen Mietvertrag mit geschwärzten persönlichen Angaben. Unklar ist bis heute, ob der Vermieter zur Herausgabe einer solchen Vertragskopie verpflichtet ist, oder ob der neue Mieter berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Vermieters darlegen muss. Die Durchsetzung des Auskunftsrechtes ist für Neumieter jedenfalls mit Risiken behaftet, sodass viele davon absehen.

 

2. Nachweis der Modernisierung

Bei der Geltendmachung von Modernisierungszuschlägen ist für Neumieter kaum festzustellen, ob durchgeführte Maßnahmen tatsächlich Modernisierungen im Sinne des § 559 BGB waren. Es fehlt der Vergleich des ursprünglichen Zustands der Wohnung mit dem nunmehr hergestellten. Ob tatsächlich modernisiert wurde oder lediglich instand gesetzt, ist für Neumieter nicht zu beurteilen. Maßgeblich sind also die Angaben des Vermieters.

 

3. Möblierte Vermietung

Vermieter sind dazu übergegangen, Wohnungen vermehrt möbliert zu vermieten. Zwar gilt die Mietpreisbremse grundsätzlich auch für möblierten Wohnraum, aber man darf Zuschläge verlangen. In welcher Höhe allerdings, ist schwer festzustellen und im Zweifel gerichtlich zu klären, was viele Mieter scheuen. Innerhalb von vier Jahren ist der Anteil der Inserate für möblierte Wohnungen in München von 35 auf heute 60 Prozent gestiegen, in Stuttgart von 34 auf 61 Prozent und in Frankfurt von 31 auf 40 Prozent.

 

4. Keine Sanktionen für Vermieter

Für den Fall, dass Vermieter zu hohe Mieten verlangen, sieht das Gesetz Sanktionen nicht vor. Die zu viel gezahlte Miete ist lediglich zurückzuzahlen. Die Voraussetzungen aber, um an eine solche Rückzahlung zu kommen, gestalten sich für Mieter schwierig. Nach § 556g Abs. 2 BGB können Mieter den überhöhten Teil der Miete nur zurückverlangen, wenn sie den Verstoß gegen die gesetzlichen Regeln der Mietpreisbremse gerügt haben und die zurückverlangte Miete im Zeitraum nach dieser Rüge liegt. Fällt also der Verstoß (zu hoch angesetzte Miete) erst nach Monaten auf, besteht kein Anspruch auf Rückzahlung der bis dahin zu viel gezahlten Miete.

 

Schlupfloch Indexmiete?

Die Indexmiete im Sinne des § 557b BGB erscheint in der öffentlichen Darstellung immer wieder als Möglichkeit zur Umgehung der Mietpreisbremse – allerdings irrtümlich. Einigen sich Vermieter und Mieter bei Abschluss des Mietvertrages auf eine Indexmiete, so gilt auch hier die Mietpreisbremse ohne Einschränkungen. Es ist jedoch möglich, dass sich die Miete im laufenden Mietverhältnis aufgrund des Anstiegs des Preisindexes für Lebenshaltung über die ortsübliche Vergleichsmiete erhöht. Erreicht sie so im laufenden Mietverhältnis eine Höhe von mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete, dann darf diese Miete auch bei Neuvermietung wieder vereinbart werden. Zur Umgehung der Regelungen der Mietpreisbremse eignet sich die Indexmiete eher nicht. Der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland enthält auch die Kosten für die Anmietung einer Wohnung. Es dürfte sich also für Vermieter kaum lohnen, auf einen übermäßigen Anstieg der Indexmiete zu spekulieren, um bei Neuvermietung eine besonders hohe Miete vereinbaren zu dürfen.

 

Freifahrtschein Staffelmiete?

§ 556a BGB regelt die Möglichkeit, die Miete für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich zu vereinbaren. So tritt eine Mieterhöhung automatisch ein, ohne Mieterhöhungsverlangen gemäß § 558 BGB. Zur Umgehung der Mietpreisbremse ist die Staffelmiete allerdings nicht geeignet, weil nicht nur die Ausgangsmiete sondern auch jede spätere Staffelung mit der Mietpreisbremse vereinbar sein muss. Einen Vorteil aus der Vereinbarung einer Staffelmiete erlangen Vermieter lediglich dann, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete im Laufe der Mietzeit sinkt. In diesem Fall darf der Vermieter bei Neuvermietung die zuletzt verlangte Staffelmiethöhe wieder vereinbaren. Allerdings erlaubt die Vereinbarung einer Staffelmiete nicht, zusätzlich Modernisierungsmieterhöhungen zu verlangen.

 

Mietpreisbremse, Milieuschutz und öffentliche Förderung

Das Ziel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem Gebiet zu erhalten und einer sozialen Verdrängung entgegenzuwirken, verfolgen die Kommunen nicht allein mit der Mietpreisbremse, sondern auch mit dem städtebaulichen Mittel des sogenannten Milieuschutzes. Dazu werden im Rahmen des § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB sogenannte Erhaltungsverordnungen erlassen. In ihrem räumlichen Geltungsbereich wird z. B. die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen beschränkt und auch die Nutzungsänderung etwa von Wohnungen zu gewerblichen Zwecken erschwert. Luxussanierungen und damit verbundene Mieterhöhungen über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus werden begrenzt und zum Teil nur unter Festlegung einer Miet­obergrenze zugelassen.

Ohne direkten Zusammenhang beider Maßnahmen gilt die Mietpreisbremse auch in Gebieten mit Erhaltungssatzung. Aufgrund der Einflussnahme der öffentlichen Hand auf das Mietniveau und die Zusammensetzung der Bevölkerung haben Mieter in diesen Gebieten aber mehr Kontrolle über die Entwicklung als auf dem freien Wohnungsmarkt.

 

Öffentlich geförderter Wohnraum

Die Mietpreisbremse gilt nicht für Wohnungen, die mit öffentlicher Förderung errichtet wurden und für die statt der ortsüblichen Vergleichsmiete die Kostenmiete vereinbart wird. Der Gesetzgeber sieht in der Kostenmiete hier ein hinreichendes Regulativ für das Mietniveau – allerdings nur solange der Förderzeitraum nicht überschritten ist. Danach greift auch die Mietpreisbremse nicht: Noch im laufenden Mietverhältnis kann die Miete dann bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden, bei Neuvermietung auch um bis zu 10 Prozent darüber.

 

Die Verantwortlichkeit des Mietverwalters

Das Risiko des Mietverwalters, im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse in die Haftung genommen zu werden, ist ausgesprochen gering. Er hat bei Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln und die Verhandlungen mit Mietinteressenten so zu führen, dass ein Mietpreis in Höhe der Vergleichsmiete zzgl. 10 Prozent vereinbart werden kann. Ist mietvertraglich eine über dem Zulässigen liegende Miete vereinbart, steht allenfalls zu befürchten, im Rahmen des Schadensersatzes die Prozesskosten tragen zu müssen. Die aber sind, wie zuvor erwähnt, zum einen selten, zum anderen wegen des üblicherweise niedrig anzusetzenden Streitwertes auch eher gering.

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Lietz, Stephen

Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Berliner Kanzlei Hagen Rechtsanwälte.
www.RA-Hagen.de