27.05.2022 Ausgabe: 4/22

Die Nutzungsfrequenz entscheidet - Die regelkonforme Wartung von Aufzuganlagen gehört zu den Betreiberpflichten.

Viele Betreiber von Aufzuganlagen beharren auf der verbreiteten Annahme, der einmalige Besuch eines Wartungstech­nikers pro Jahr würde genügen – ein Irr­glaube. Denn die Zahl der Aufzugfahrten und damit die Belastung der Anlage wird oft unterschätzt. Fazit: Pro Jahr sind für die meisten Anlagen in Wohngebäuden vier bis sechs Wartungen zu empfehlen.

Über die Häufigkeit, mit der ein Aufzug im Jahr gewartet werden sollte, hat sich der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) viele Gedanken gemacht. Seine Empfeh­lungen sind vor Jahren in die VDI-Richtli­nie 3810 eingeflossen, die den Stand der Technik widerspiegelt. Dabei orientiert sich die Richtlinie an der Zahl der Haltestellen einer Anlage, an technischen Besonder­heiten, vor allem aber an der monatlichen Fahrtenzahl.

Diese sogenannte Nutzungsfrequenz kann der Servicetechniker auf Wunsch beim nächsten Besuch an der Anlage ermitteln. Bei Einsatz von digitalen Lösungen wie zum Beispiel KONE 24/7 Connect ist dieser Wert auch online abrufbar.


Je stärker genutzt, desto kürzer die Intervalle
Aufzüge, die besonders sicherheitsrelevant sind, etwa in Krankenhäusern und großen öffentlichen Gebäuden, oder mehr als 40.000 Fahrten im Monat absolvieren, soll­ten monatlich bzw. zwölfmal im Jahr auf ihre Sicherheit hin überprüft werden. Für Auf­züge, die mehr als 6.000 Fahrten monatlich absolvieren, sieht der VDI sechs Wartungen im Jahr vor, idealerweise zweimonatlich. „Als man die Norm abfasste, wurden diese Fre­quenzen meist nur von Anlagen mit sieben oder mehr Haltestellen erreicht. Heute ist das fast schon der Regelfall. Wo Aufzüge ins­talliert sind, werden sie tendenziell immer häufiger genutzt“, erklärt Thomas Lipphardt, Manager Technische Regelwerke beim Auf­zughersteller KONE.


Die Nutzung der Anlagen nimmt zu.
Sechs Wartungen im Jahr sind auch für Anlagen vorgesehen, die älter als 15 Jahre sind, gerechnet ab dem Datum der Inverkehrbringung. „Darunter fallen aktuell alle Aufzüge der Baujahre 2006 und älter“, erklärt der Normenexperte. Ebenfalls häu­figer gewartet werden sollen, dem VDI zufolge, Anlagen mit verglastem Schacht oder mit Glastüren. Da sich diese Aufzüge durch Sonneneinstrahlung stark aufhei­zen können, erhöht sich die Belastung der Komponenten. Für Aufzüge, die monatlich höchstens 6.000 Fahrten machen, können die Intervalle länger ausfallen. Das sind für gewöhnlich Anlagen mit vier bis sechs Hal­testellen. Hier genügen vier Wartungen im Jahr. Das entspricht einem Technikerbe­such pro Quartal.


Empfehlung: mindestens vier Technikerbesuche im Jahr
Längere Abstände zwischen den Wartun­gen beschränken sich auf Anlagen, die jünger als zehn Jahre sind (Baujahr 2011 oder später) oder die nur wenig genutzt werden und daher maximal 3.000 Fahr­ten im Monat absolvieren. Meist sind dies einfache Lastenaufzüge in Gewerbe­betrieben oder in Kliniken, die zweimal im Jahr bzw. alle sechs Monate gewar­tet werden sollten. Doch selbst in die­sen Fällen sind vier Wartungen jährlich eine Überlegung wert. Denn Betreiber sind – über die jährlichen Prüfungen der Zentralen Überwachungsstellen (ZÜS) und die Regelwartungen hinaus – durch die Betriebssicherheitsverordnung auch zur sogenannten Inaugenscheinnahme durch eine fachkundige Person ver­pflichtet.
 

Wartung und Inaugenscheinnahme aus einer Hand
Die Häufigkeit der Inaugenscheinnahme ist nicht normativ geregelt. „Aber vier Besuche vor Ort an der Anlage sollten es im Jahr mindestens sein, um zu prüfen, ob die Kabine bodenbündig hält, die Türen sicher schließen und sich die Anlage über­haupt in einem guten, sicheren Zustand befindet“, erklärt Lipphardt.

Da die Inaugenscheinnahme für Betrei­ber organisatorisch mit einigem Aufwand verbunden ist, bietet es sich an, sie an das Unternehmen zu vergeben, das auch die Aufzüge wartet. „So haben Eigentü­mergemeinschaften und Wohnungsver­waltungen einen Ansprechpartner, und es liegt alles in einer Hand, die auch die Organisation der ZÜS-Prüfungen über­nehmen kann“, betont Lipphardt.
 

VORGABEN DES AUFZUGHERSTEL­LERS UNBEDINGT BEACHTEN
Aufzughersteller geben in der Betriebsanleitung an, wie häufig bestimmte Komponenten überprüft werden müssen. Diese Vor­gaben haben Vorrang vor den Empfehlungen der VDI-Richtlinie. Ein Bei­spiel: Bestimmt der Herstel­ler, dass die Bremse einer Anlage alle zwei Monate geprüft werden muss, dann folgen daraus sechs War­tungen jährlich – auch wenn die VDI-Richtlinie aufgrund der Fahrtenzahl vier War­tungen vorsieht.
 

Wartungshäufigkeit nach Empfehlung der Richtlinie VDI 3810

Aufzug Zahl der Wartungen/Jahr
Mehr als 40.000 Fahrten/Monat ODER sicherheitsrelevante Anlage 12* (monatlich)

Mehr als 6.000 Fahrten/Monat ODER älter als 15 Jahre ODER andere Besonderheiten (Glas, Überecktüren, Geschwindigkeit mind. 1,2 m/s)

6 (zweimonatlich)
Bis zu 6.000 Fahrten/Monat 4 (quartalsweise)
Bis zu 3.000 Fahrten/Monat ODER jünger als 10 Jahre 2 (halbjährlich)

*Derzeit wird die VDI-Richtlinie überarbeitet. Monatliche Wartungen sind künftig auch für Aufzüge vorgesehen, die auf eine Brandschutzmeldeanlage aufgeschaltet sind, die zur Evakuierung dienen oder älter als 25 Jahre sind.

Züchner, Oliver

Fachjournalist, Hannover