21.04.2016 Ausgabe: 3/2016

Die Summe aller Teile

Wie setzen sich eigentlich Energiepreise zusammen? Und lässt sich das Wissen darüber für den Einkauf profitabel umsetzen?

Ob Strom oder Gas – bei der Energiepreisbildung bestimmen folgende Elemente den Preis: der reine Energiepreis, die Netznutzungsentgelte, Steuern und Abgaben bzw. Umlagen, sowie Kosten, Risiken und Margen der Lieferanten.

Der reine Energiepreis

Dieser ist vom Käufer durch den Zeitpunkt sowie die Art und Weise des Einkaufs beeinflussbar. Ähnlich wie beim Hypothekenzins kann man fragen: Lohnt es sich, einen Festpreis über ein oder mehrere Jahre abzuschließen (der Lieferant kauft die gesamte Menge zu einem festgelegten Zeitpunkt ein), weil das Energiepreisniveau z. B. derzeit niedrig ist? Zur Beantwortung hilft ein Blick auf die langjährige Preisentwicklung an einer Energiebörse, z. B. der EEX (eex.com).
Alternativ zum Festpreis besteht zumindest bei größeren Mengen die Möglichkeit, das Preisrisiko zu streuen, indem man beim Lieferanten einen Vertrag mit variabler Preisbildung abschließt. Der Lieferant beschafft dann je nach Vereinbarung mehrere Tranchen zu verschiedenen Zeitpunkten, und man bewegt sich sozusagen im Takt des Energiemarktes.
Niemand kann die Energiepreisentwicklung voraussagen. Ein komplexes System aus Energiepolitik, globalpolitischen Aspekten, Klimaparametern, kalendarischen Einflüssen, konjunktureller Entwicklung u.v.m. bestimmt Angebot und Nachfrage. Entsprechend volatil ist der reine Energiepreis an den Handelsmärkten.
Es gibt Verwalter, die versuchen, günstige Einkaufszeitpunkte zu erwischen, um die Energie über niedrige Festpreise einzukaufen. Andere bevorzugen eine variable Preisbildung, um sich hinsichtlich der Wahl des Einkaufszeitpunktes weniger angreifbar zu machen.

Die Netznutzungsentgelte

Über sie werden die Kosten des öffentlichen Netzes abgebildet. Sie sind grundsätzlich vom Netzbetreiber (nicht vom Lieferanten) in einem von der Bundesnetzagentur regulierten Markt vorgegeben, je nach Netzbetreiber und dessen regionalen Gegebenheiten unterschiedlich, nicht verhandelbar und werden über die Art der Nutzeranlage und die Verbrauchsparameter ermittelt. Bei bestimmten (meist größeren) Anlagen lohnt es sich jedoch, zu prüfen, ob durch technische Änderungen oder Eigenerzeugung Einsparungen möglich sind. Viele Lieferanten sind auch Energiedienstleister und beraten dazu. Der Lieferant nimmt die Netznutzungsentgelte als Bestandteil des gesamten Lieferpreises ein und leitet sie an den Netzbetreiber weiter.

Steuern, Abgaben bzw. Umlagen

Es gibt die Konzessionsabgabe als lokale Größe. Sie wird von den Kommunen unterschiedlich erhoben und ist in der Höhe meist mengenabhängig gestaffelt, was im überregionalen Preisvergleich zu beachten ist.
Im nationalen energiepolitischen Kontext gibt es eine Vielzahl von Steuern und Umlagen, wie die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage. Sie wird von den Übertragungsnetzbetreibern ermittelt und dient der Kostendeckung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Ferner gibt es den Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz-Zuschlag, die Umlage für abschaltbare Lasten, die Stromsteuer, die Erdgassteuer, die Offshore-Haftungsumlage etc.
Wussten Sie, dass der reine Strompreis seit 1998 lediglich um 6 Prozent gestiegen ist, Steuern, Abgaben und Umlagen hingegen um 267 Prozent? Die daraus resultierende Lieferpreissteigerung beträgt insgesamt 68 Prozent (bei 3 500 kWh/a, Quelle: BDEW-Strompreisanalyse März 2015).

Kosten, Risiken und Marge des Lieferanten

Die Vertriebsleistung inklusive Gewinn, diverse Risiken des Energieeinkaufs, die Rechnungsstellung u. a. rechnet der Lieferant zusätzlich zu den bisher genannten Positionen in den Lieferpreis ein. Betrachtet man diese Lieferantenpositionen und bedenkt dabei, dass die Abrechnung insbesondere beim Treppenhausstrom den größten Posten des Lieferantenaufwandes ausmacht (wegen der geringen Mengen je Zähler), erkennt man, dass der verhandelbare Anteil des gesamten Preises relativ gering ist.

Worauf muss der Verwalter achten, damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden?

Oft wird der Preis aus einem laufenden Vertrag mit dem aktuellen Preisniveau verglichen, was nicht zielführend ist. Niemand käme auf die Idee, den Preis des im Vorjahr nach bestem Wissen eingekauften Heizöls wegen des aktuell niedrigeren Marktpreises zu kritisieren. Bei den volatilen Gas- und Strommärkten kann schon ein Tag Differenz zwischen zwei Betrachtungszeitpunkten ausschlaggebend sein und einen Preisvergleich untauglich machen. Außerdem ist zu bedenken, dass Lieferanten i.d.R. nicht erst wenige Tage vor der Lieferung einkaufen. Kurzfristig wird meist nur ge- oder verkauft, um aktuelle Nachfrageschwankungen auszugleichen, d. h. der aktuelle Preis wird meist über Einkäufe in der Vergangenheit gebildet.Insbesondere bei größeren Gasmengen sollte man bei Preisvergleichen genau auf die Preisgültigkeit achten. Bei langer Preisgültigkeit haben viele Lieferanten grundsätzlich Einkaufsrisiken, die i.d.R. eingepreist werden. Es empfiehlt sich, entweder kurze Preisgültigkeiten anzufragen oder aber eine Preisindizierung bis zum Abschluss zu vereinbaren, z. B. eine, die sich an der Börsenentwicklung orientiert.


Was die Vertragsgestaltung angeht, gibt es neben den zuvor genannten unterschiedlichen Einkaufsmodellen (fest/variabel) weitere Vertragsvarianten:

Solche, bei denen die Lieferpreise die Netznutzungsentgelte sowie die Steuern, Abgaben und Umlagen enthalten sind – d. h. Risiko und Chance bei Änderungen dieser Variablen während der Vertragslaufzeit liegen beim Lieferanten. Solche Preisregelungen nennt man „all-inclusive-Preisregelungen“. Ihnen gegenüber stehen Preisregelungen, bei denen Steuern, Abgaben und Umlagen so berechnet werden, wie sie tatsächlich anfallen. D. h. Risiko und Chance bei Änderungen während der Vertragslaufzeit liegen beim Lieferkunden. Es liegt auf der Hand, dass man die Preise beider Modelle nicht 1:1 vergleichen kann. Entsprechend präzise ist zu prüfen bzw. auszuschreiben.

Es kommt vor, dass im genannten Lieferpreis Steuern, Abgaben und/oder Umlagen nicht vollständig genannt werden. Irgendwo im Vertrag steht dann z. B. die Fußnote „* Preis zzgl. Erdgassteuer“. Wer darauf nicht achtet, vergleicht zwangsläufig Äpfel mit Birnen.

Fazit:

Über einen aufmerksamen Preisvergleich, der Einkaufszeitpunkt und Preisbildungsmodell berücksichtigt, kann man beim Energieeinkauf  durchaus Vorteile erzielen. Im Sinne eines ganzheitlichen Lösungsansatzes, der alle Elemente der Energiekosten betrachtet, empfiehlt es sich dringend, mit einem Energiedienstleister über moderne, ökonomisch sinnvolle und ökologisch optimierte Energiesysteme zu sprechen. Wenn man es richtig angeht, kann Energiesparen auch Geld sparen!

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Röhl, Ralf Albert

Leiter Front Offi ce Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, RheinEnergie AG
www.rheinenergie.com