16.04.2021 Ausgabe: 2/21

Die Tücken im Detail - Die Neubauverwaltung: Was das neue WEG ändert, wann sie sich lohnt, und warum sie manchmal Weichen für später stellt.

Als „Neubauverwalter“ haben wir uns natürlich Gedanken gemacht, ob nach Inkrafttreten des neuen Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) Veränderungen auch für diesen Bereich erforderlich sind. Da sich die Neubauverwaltung aber grundsätzlich von der Bestandsverwaltung unterscheidet, richten wir vorab den Blick auf die Details:

Bestenfalls beginnt die Verwaltungstätigkeit, zunächst in der Regel unentgeltlich, bereits in der Planungsphase des Bauträgers. Je früher die Verwaltung in ein Neubauprojekt einbezogen wird, desto besser. Aus der täglichen Verwaltungsarbeit sind wir mit den Problemen im Neubau und Bestand vertraut, und so manches lässt sich daher bereits in der Planung vermeiden.

Planung und Nutzung der Anlage
Das beginnt schon bei der Erfassung des Objekts, da bestimmte Abläufe schon vorher durchdacht werden können. Als Beispiel wäre hier zu nennen die Planung des Müllstandortes und des Müllvolumens. Erhöhten Bedarf an Papiercontainern gibt es nicht erst seit Corona, und zudem sollte die Mülltrennung in viele verschiedene Container berücksichtigt werden. Festzustellen ist leider immer wieder, dass auch bei der Wahl des Standorts nicht an die tägliche Verwaltungsarbeit gedacht wird. In so manchem Neubau befindet sich der Müllplatz an der hinteren Grenze des Grundstückes, und die Müllabfuhr rumpelt mit den Containern dreimal die Woche morgens um 6:00 Uhr quer durch die Anlage zur Straße – kostenloser Weckdienst für die Bewohner inbegriffen. Das hätte sich vermeiden lassen.

Als weiterer Problemfall erweisen sich immer wieder Fahrradkeller bzw. Möglichkeiten, um Fahrräder abzustellen. Ausreichend Stellplätze sollten vorgesehen sein. Wir gehen in diesem Punkt sogar noch einen Schritt weiter, indem wir begonnen haben, Fahrradstellplätze mit einem Sondernutzungsrecht zu versehen. So ist jeder Eigentümer für seinen Abstellplatz und die Nutzung selbst verantwortlich. „Fahrradleichen“ spielen so in der täglichen Arbeit keine Rolle mehr.

Die Teilungserklärung
Nach Abschluss der Planungsphase wird die Erstellung der Teilungserklärung in der Regel vom Bauträger beim Notar beauftragt. Auch hier sollte die Verwaltung so früh wie möglich mit einbezogen werden, um Fallstricke zu vermeiden, die aus „schlechten“ Teilungserklärungen resultieren und die die tägliche Arbeit erschweren. Gerade im Neubau sollten hier zwingend einige Punkte geklärt sein – beispielsweise in Bezug auf bauliche Veränderungen. Klare Regeln dazu sollten schon in der Teilungserklärung vereinbart werden, denn gerade in der Erstbezugsphase gilt es, dem „Wildwuchs“ der von neuen Eigentümern initiierten Markisen, Palisaden, Gartenhäuser usw. vorzubeugen. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass nach dem neuen WEG bauliche Veränderungen mit einer einfachen Mehrheit beschlossen werden können. Doch nach unserer Erfahrung erleichtert es die tägliche Arbeit, wenn erst einmal Spielregeln festgelegt sind. Sie zu ändern, bedarf dann schon der Diskussion und Beschlussfassung. Das gilt auch für Anpflanzungen in Gärten. Um Diskussionen zu vermeiden, ist es ggf. sinnvoll, auch hierfür bestimmte Aspekte festzulegen, z. B. die Art der Bepflanzung und die Höhe von Hecken usw.

Es gibt auch Aspekte, die sicherlich nicht zwingend für die Teilungserklärung relevant sind, jedoch mit dem Bauträger und dem Notar besprochen werden sollten. Probleme tauchen erfahrungsgemäß häufig in Zusammenhang mit der Bezeichnung von Wohn- und Nutzflächen auf. Immer wieder stellt sich nachträglich heraus, dass diese nicht unbedingt übereinstimmen, was meist zu Diskussionen führt, wie damit umzugehen ist. Nach neuem WEG ist es ja auch möglich, Außenstellplätze und Gartenflächen nicht mehr als Sondernutzung zu vereinbaren, sondern hieran Teileigentum zu bilden. Dies hat sicherlich Vor- und Nachteile und sollte deshalb im Fokus der Planung liegen.

Bildung von Untergemeinschaften
Viele Notare bilden in Teilungserklärungen bedenkenlos diverse Untergemeinschaften, die dann eventuell in Eigentümerversammlungen auch noch mit separaten Beschlussfassungen zu führen sind – oder gar jeweils eigene Versammlungen abhalten können. Unserer Erfahrung nach ist die Abrechnung und Handhabung solcher Untergemeinschaften extrem komplex und erschwert die tägliche Verwaltungsarbeit erheblich, zumal wegen des häufigen Nebeneffekts, dass sich die Gemeinschaften entzweien und zur Bildung verfeindeter Grüppchen neigen. Und das, wo zumindest nach unserem Verständnis im Wort „Gemeinschaft“ die Betonung nicht auf „gemein“ liegt – schließlich heißt es doch: Gemeinsam sind wir stark.

Manche Verwaltungen mögen Untergemeinschaften für sinnvoll halten, und jeder sollte sich dazu seine eigene Meinung bilden. Es ist aber sicherlich praktikabler, in die Teilungserklärung nur Kostenregelungen aufzunehmen, statt Untergemeinschaften zu bilden. Das Ziel der Trennung ist damit auch erreicht, der Weg aber ist einfacher.

Finanzen & Verträge
Wenn wir über Kostenregelungen sprechen, liegt es nahe, auch über die Erhaltungsrücklage zu sprechen. In Untergemeinschaften müssten auch unterschiedliche Rücklagen einzeln geführt werden, statt einer Gesamt­erhaltungsrücklage. Auch über die Höhe der laufenden Ansparung gibt es häufig unterschiedliche Ansichten. Hier zeigt die Erfahrung, dass es durchaus sinnvoll ist, sie für die ersten fünf Jahre festzulegen. So geht man auf den Versammlungen vielen Diskussionen aus dem Weg.

Ein weiteres Thema für die Teilungserklärung ist unserer Ansicht nach die „Zwangsunterwerfung“ bei Wohngeldschulden. Wir wissen, dass einige Bauträger dies ungern in die Teilungserklärung aufnehmen. Die Zwangsunterwerfungsklausel bringt jedoch erhebliche Erleichterung im Tagesgeschäft: Mahnbescheide und aufwändige Gerichtsverfahren werden so vermieden. Wir halten es auch für zwingend erforderlich, Teilungserklärungen grundsätzlich mit einer Öffnungsklausel zu versehen, sodass Gemeinschaften die Möglichkeit haben, Anpassungen vorzunehmen, ohne 100 Prozent der Eigentümer davon überzeugen zu müssen.

Welche Wartungsverträge zwingend erforderlich sind und abgeschlossen werden sollten, und welche der Bauträger für notwendig hält, kann sicherlich in der Teilungserklärung vereinbart werden. Wir halten es aber für sinnvoller, den Beschluss über Wartungsverträge auf die erste Eigentümerversammlung der „Ein-Personen-Eigentümergemeinschaft“ (Bauträger) zu setzen. Dabei sollte dann auch die Bestellung des Verwalters erfolgen, da die Bestellung über die Teilungserklärung in der Vergangenheit umstritten war.

§ 27 des neuen WEG ermöglicht es ja, Verwaltervollmachten zu erweitern oder einzuschränken. Daher sollte man sich Gedanken machen, ob es sinnvoll ist, bestimmte Erweiterungen bereits in die Teilungserklärung mit aufzunehmen, etwa Wahlfreiheit bei Abschluss von Dienstleistungsverträgen, bei Versicherungen oder Versicherungsmaklern, Erteilung von Vollmachten, bis zu welcher Höhe Erhaltungen durch den Verwalter beauftragt werden dürfen, das Erstellen einer Hausordnung usw.

Das Gewährleistungsmanagement
Viel gibt es zu beachten im Neubau, und das beginnt schon weit vor Entstehung der Eigentümergemeinschaft. Die Entscheidung, ob es unternehmerisch und kaufmännisch sinnvoll ist, Neubauverwaltung anzubieten, ist daher mit Bedacht zu treffen. Hinzu kommt nämlich gleich zu Beginn der Tätigkeit noch ein weiteres großes Thema, verbunden mit der Frage: Wer übernimmt das Gewährleistungsmanagement? Die hierfür erforderlichen technischen und juristischen Kenntnisse können nur wenige Verwaltungsunternehmen vollumfänglich abbilden. Insofern sollte man sich gut überlegen, ob man diese Leistung, die nicht zur originären Verwaltungstätigkeit gehört, zusätzlich und selbstverständlich gegen Sonderhonorar mit anbietet. Manchmal mag es durchaus sinnvoller erscheinen, wenn die Eigentümergemeinschaft hierfür einen externen Dienstleister beauftragt. Der unternehmerische Erfolg der Neubauverwaltung liegt erfahrungsgemäß aber gerade darin, das Gewährleistungsmanagement ebenfalls anzubieten.

Vertrauensbildende Maßnahmen
Dazu gehört es allerdings, im Vorwege das Vertrauen der künftigen Eigentümer zu gewinnen und sie frühzeitig miteinzubeziehen. Gute Erfahrungen haben wir mit der Kommunikation über ein Kundenportal gemacht, über das sämtliche für die künftige Eigentümergemeinschaft relevanten Informationen bereitgestellt werden. Des Weiteren sollten Eigentümer vor Beginn der Verwaltungstätigkeit zu einer Informationsveranstaltung eingeladen werden, in der die Verwaltung sich und ihre Tätigkeit vorstellt und auf Besonderheiten des Objekts und der Teilungserklärung hinweist. Eine solche Veranstaltung bedeutet zwar zusätzlichen Aufwand, der macht sich aber bezahlt, weil viele Probleme so gar nicht erst entstehen. Wir betrachten das als Investment im Vorfeld, das man tätigen muss. Dass es sich lohnt, zeigt sich daran, dass wir in unserer jahrelangen Tätigkeit als Neubauverwalter noch nie nach Ablauf der ersten Verwaltungsperiode abgewählt wurden.


Foto: © Roman Babakin / Shutterstock.com


Michels, Ralf

Der Geschäftsführer der A.S. Hausverwaltungs- & Projektentwicklungs-GmbH ist Präsidiumsmitglied des VDIV Deutschland.