20.07.2016 Ausgabe: 5/2016

Dienst nach Vorschrift?

Verwalter sind regelmäßig auch in den Abendstunden und an Wochenenden gefordert. Was ist dabei arbeitsrechtlich zu beachten? Das steht im Arbeitszeitgesetz.

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt ganz allgemein die Höchstdauer und die zeitliche Lage der Arbeitszeit, Lage und Länge der Pausen, Ruhezeiten sowie die Sonn- und Feiertagsruhe. Sonderregelungen (beispielsweise für Beschäftigte unter 18 Jahren) finden sich im Jugendarbeitsschutzgesetz oder gegebenenfalls in Tarifverträgen (nicht aber im fachlich einschlägigen Manteltarifvertrag vom 3.6.1997 für die Beschäftigten der Wohnungswirtschaft). Wichtig ist: Der Arbeitgeber ist für die Einhaltung des ArbZG verantwortlich, d. h. er darf keine regelwidrigen Anweisungen erteilen und muss kontrollieren, dass seine Mitarbeiter die Höchstgrenzen der Arbeitszeiten nicht überschreiten. Verstößt ein Arbeitgeber gegen die Arbeitszeitvorschriften, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro. Beharrliche Verstöße oder Verstöße, die die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährden, können auch strafrechtlich sanktioniert werden. Daher ist es wichtig, sich mit den Grundregelungen auseinander zu setzen.

Arbeitsstunden, -tage, -wochen

Die werktägliche Arbeitszeit darf gemäß § 3 S. 1 ArbZG grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten. Da sich das Gesetz auf Werktage (Montag bis einschließlich Samstag, also sechs Tage) bezieht, entspricht dies einer Wochenarbeitszeit von höchstens 48 Stunden. § 3 S. 2 ArbZG erlaubt es, die werktägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche zu verlängern, wenn sie in sechs Monaten bzw. 24 Wochen durchschnittlich höchstens acht Stunden pro Tag beträgt.

Wie lange Pause gemacht werden muss, hängt von der täglichen Arbeitszeit ab. Ohne Pause darf, so die Regelung in § 4 ArbZG, ein Arbeitnehmer höchstens sechs Stunden arbeiten. Arbeitet er zwischen sechs und neun Stunden am Tag, dann stehen ihm insgesamt mindestens 30 Minuten Pause zu (zweimal 15 oder einmal 30 Minuten). Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass sein Mitarbeiter die vorgeschriebenen Pausen macht. Er darf daher nicht erlauben, dass ein Mitarbeiter „durcharbeitet“ und so den Feierabend vorverlegt. Auf den Feierabend muss grundsätzlich eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden folgen (§ 5 ArbZG).

Sonn- und Feiertagsarbeit ist gemäß § 9 ArbZG grundsätzlich nicht erlaubt. Das ArbZG sieht in § 10 zwar einige Ausnahmen vor, beispielsweise bei Not- und Rettungsdiensten, der Daseinsvorsorge oder im Gaststättengewerbe, nicht jedoch im Bereich des üblichen Bürogewerbes.

Wenn Not am Mann ist

Von den oben genannten Grundregeln – also der Höchstarbeitszeit, den Pausenregelungen und dem Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit – darf in einem „außergewöhnlichen Fall“ oder einem „Notfall“ nach § 14 ArbZG abgewichen werden. Es geht dabei um ungewöhnliche bzw. unvorhersehbare Situationen, die unabhängig vom Willen der Beteiligten eintreten und in denen die Gefahr eines unverhältnismäßigen Schadens droht. Not- oder außergewöhnliche Fälle sind z. B. alle Fälle höherer Gewalt wie Unwetter, Sturm, Erdbeben, Überschwemmung, Brand, Totalausfall von Maschinen, aber sicherlich auch z. B. ein Wasserrohrbruch, der ein nächtliches oder sonntägliches sofortiges Handeln des Verwalters notwendig macht. Die Sonderregelung gilt nur für Einzelfälle und nur für einen begrenzten Zeitraum. Erlaubt sind daher nur vorübergehende, d. h. nicht allzu viel Zeit beanspruchende und durch die Situation bedingt unaufschiebbare Arbeiten. Das Löschen eines Brandes oder die Sicherung wichtiger Unterlagen vor dem Feuer können unter die Regelung fallen, nicht aber anschließende Aufräumarbeiten.

Etwaige Kapazitätsengpässe, die durch eine Auftragsballung verursacht werden, so dass der Arbeitgeber Schwierigkeiten hat, alle eingegangenen Aufträge fristgerecht zu erledigen, sind hingegen kein außergewöhnlicher Fall oder Notfall. Generell darf der schwierige Umstand nicht auf einem Verschulden des Arbeitgebers beruhen. Der Gesetzgeber wollte hier kein „Schlupfloch“ beispielsweise für zu enge Personaleinsatzpläne schaffen.

Sonderregeln für Minderjährige

Ist ein Arbeitnehmer unter 18 Jahre alt, darf er nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz höchstens 40 Stunden pro Woche und grundsätzlich nur von Montag bis Freitag arbeiten. Arbeitet ein Jugendlicher an einzelnen Tagen weniger als acht Stunden, darf er an den übrigen Tagen 8,5 Stunden arbeiten. Die Verlängerung der Arbeitszeit an den anderen Werktagen darf über die Zeit der Verkürzung nicht hinausgehen und muss in derselben Woche stattfinden. Der Jugendliche muss schon ab einer Arbeitszeit von 4,5 Stunden 30 Minuten pausieren. Die Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen muss zwölf Stunden betragen und grundsätzlich die Zeit von 20:00 bis 6:00 Uhr (Nachtruhe) umfassen. Jugendliche dürfen in Notfällen nur mit vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten beschäftigt werden, und dies auch nur, soweit erwachsene Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen. Übrigens: Leistet ein Auszubildender Überstunden, so sind diese zwingend entweder zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen (§ 17 Berufsbildungsgesetz).

Mitarbeiter mit Nebenjob

Übersehen wird oft Folgendes: Gemäß § 2 Abs. 1 2. Halbsatz ArbZG werden die Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers in mehreren Arbeitsverhältnissen zusammengezählt. Aus der Zusammenrechnungspflicht lässt sich ableiten, dass bei mehreren Arbeitsverhältnissen jeder der betroffenen Arbeitgeber für die Beachtung des ArbZG verantwortlich ist. Das bringt jeden Arbeitgeber in die Pflicht, zu überwachen und sicherzugehen, dass Arbeitnehmer, denen eine Nebentätigkeit genehmigt wurde, auch unter Berücksichtigung dieser Nebentätigkeit sämtliche Anforderungen des ArbZG erfüllen. Auch bei Mitarbeitern, die auf selbstständiger Basis eine Nebentätigkeit ausüben, ist Vorsicht geboten: Hier besteht die Gefahr, dass die Tätigkeit von den Behörden als „scheinselbstständig“ eingestuft wird, was zu einer rückwirkenden Erhöhung der gesamten Arbeitszeit des Mitarbeiters und damit zu einem Verstoß gegen das ArbZG führen kann.

Bedeutung für die Verwalterpraxis

Die Regelungen des ArbZG sind zwingendes Recht. Arbeitgeber sollten darauf achten, die Normen einzuhalten und ihren Mitarbeitern keine regelwidrigen Arbeitszeiten anzuweisen.

Findet eine Wohnungseigentümerversammlung beispielsweise – wie üblich – am Abend statt, so ist grundsätzlich zu beachten, dass der dort anwesende Mitarbeiter nach Beendigung der Veranstaltung die elfstündige Ruhezeit einhält. Dauert die Eigentümerversammlung also bis 23:00 Uhr, darf der Mitarbeiter am nächsten Tag frühestens um 10:00 Uhr im Büro erscheinen.

Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen sind grundsätzlich nicht zulässig. Wenn Mitarbeiter am Samstag „einsatzbereit“ bleiben, um sich zügig dringenden Anliegen von Mietern und Eigentümern widmen zu können, oder wenn an einem Samstag Besichtigungen durchgeführt werden, sind die oben genannten Regelungen unter Beachtung der Wochenhöchstarbeitsdauer einzuhalten.

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Schwartz, Tobias

Der Fachanwalt fur Arbeitsrecht sowie fur Handels- und Gesellschaftsrecht ist in der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Munchen-Bogenhausen tätig.
www.lkc.de