12.04.2024 Ausgabe: vdivDIGITAL 2024/1

Digitale Transformation & KI in der Immobilienbranche

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Eine strategische und operative Perspektive

Die Immobilienbranche steht an der Schwelle einer revolutionären Veränderung, angetrieben durch die digitale Transformation und künst­liche Intelligenz (KI). Diese neuen technologi­schen Entwicklungen bieten aber auch enorme Chancen. Um in der zunehmend digitalisierten Welt erfolgreich zu sein, ist es allerdings essentiell, die Unternehmens­strategie und -kultur entsprechend anzupassen. Denn gerade Immobilienverwalter müssen die sich ändernden Bedürfnissen ihrer Zielgruppen noch besser verstehen, ihre Geschäftsmodelle kontinuierlich überprüfen und eine Unternehmenskultur fördern, die Innovation und Anpas­sungsfähigkeit unterstützt.

Erfolgsfaktoren für die Bewältigung des digitalen Wandels

Bei der strategischen Bewältigung des digitalen Wandels steht der Unternehmenssinn im Vordergrund. Es geht darum, langfristige Ziele und nachhaltige Visionen zu ent­wickeln, die einen eindeutigen Nutzen stiften und flexibel an neue Technologien angepasst werden können. Die Umsetzung der Strategie im Unterneh­men beinhaltet die Füh­rungshaltung und die Mitarbeiterentwicklung. Mut, Vertrauen, Glaub­würdigkeit, Authentizi­tät und Kreativität sind dabei Schlüsselkompo­nenten.

Strategische Bewältigung des digitalen Wandels

Um den Herausforderungen des digitalen Wandels gerecht zu werden, ist es entscheidend, den Unternehmenssinn zu hinterfragen: Warum machen wir, was wir tun? In einem zunehmend vernetzten Markt ist dabei ein kun­denzentriertes und integriertes Ökosystem entschei­dend. Dies erfordert ein Umdenken in der Definition von Erfolg, weg von reinen Umsatz- und Marktanteilszielen, hin zu einem nachhaltigen Nutzenversprechen, das auch in Zukunft Bestand hat.

...mit KI-Unterstützung

Für Immobilienverwalter bedeutet dies, die eigene Marktsicht und ihr Geschäftsmodell aus der Zielgrup-pensicht permanent zu überdenken. Der Kundennutzen, geprägt durch individuelles Eingehen auf Kunden­bedürfnisse und der Aufbau digitaler Beziehungen, steht dabei im Vordergrund. Dazu gehört auch, das Online/Offline-Denken aufzulösen und die mobile Schnittstelle in den Mittelpunkt zu rücken. Zudem ist eine konsequente Datenerhebung und -analyse mit­tels KI-gestützter Cloud-Lösungen unerlässlich. Denn gerade mit Hilfe von inzwischen breit zugänglichen KI-Tools können Aufgaben wie automatisiertes Pro-perty Management, Vorhersage von Wartungsbedarf, dynamische Mietpreisgestaltung, Energie- und Res-sourcenmanagement, Risikomanagement bis hin zu optimierten Vermietungsprozessen (KI-gestützte Ana­lyse von Mieterdaten und -verhalten zur Identifikation passender Mieter und zur Reduzierung von Leerzeiten) optimiert, Kosten reduziert und der Service für Mieter und Eigentümer verbessert werden.

... und dem CoSiMa-Prinzip

Bei der Überprüfung des eigenen Produkt- und Dienstleis-tungsleitungsportfolios kann das CoSiMa-Prinzip helfen, das eigene Angebot benutzerfreundlicher und marktge­rechter zu gestalten:

  • Convenience (Bequemlichkeit): Dies könnte sich in der Immobilienverwaltung in Form einer benutzer­freundlichen App manifestieren, die es den Mietern ermöglicht, Mietzahlungen zu leisten, Wartungs­anfragen zu stellen oder mit dem Verwaltungsbüro zu kommunizieren. Dies verbessert das Mieterlebnis durch bequemen Zugang zu wesentlichen Diensten.
  • Simple (Einfachheit): Die Vereinfachung von Ver­fahren und Prozessen könnte zum Beispiel in der Standardisierung von Routineaufgaben wie Miet­vertragsverlängerungen oder Schadensmeldun­gen bestehen. Durch die Implementierung klarer, einfacher Prozesse wird sowohl für die Mieter als auch für die Verwalter ein effizienterer Arbeitsab­lauf geschaffen.
  • Markt-Sicht (nicht Produktorientierung): Die beste Lösung und das beste Geschäftsmodell wird vor allem für junge Zielgruppen nicht mehr durch die besten Einzelanwendungen und -produkte, sondern über ein hoch technologisiertes, kundenzentriertes und integriertes Ökosystem aller wichtigen Funktio­nen zur Bedürfnisbefriedigung definiert. Daher gilt es, über Kooperationen mit angrenzenden Berei­chen Immobilien als Teil eines vernetzten Systems zu betrachten. In der Konsequenz müssen Immo­bilienverwalter sich daher mit der Integration von Technologien in Gebäudeautomation und Energie­management auseinandersetzen und die Chancen erkennen, die sich aus der Entwicklung intelligenter Städte ergeben. KI ermöglicht hier eine effiziente Steuerung von Ressourcen und eine Verbesserung des Lebensraums.

Neue Führungsherausforderungen in der Digitalisierung

Der Einsatz von KI in der Immobilienverwaltung bedeu­tet aber nicht nur die Einführung neuer Technologien, sondern auch die Anpassung der Unternehmenskultur. Führungskräfte müssen Mut zeigen, klare Richtungs­vorgaben geben und Komplexität reduzieren. Vertrauen in Kunden, Mitarbeiter und sogar in ehemalige Wett­bewerber, um strategische Kooperationen einzugehen, ist ebenso wichtig. Glaubwürdigkeit, Authentizität, Kre­ativität und neues Denken sind dabei entscheidende Faktoren im Umgang mit jungen Mitarbeitern und der Förderung einer innovativen Unternehmenskultur. Nur so kann die digitale Transformation erfolgreich gemeistert und KI effektiv in die Immobilienverwal­tung integriert werden.

Gröner, Dr. Stefan

Zukunftsforscher und Buchautor Professor und Studiendekan für Digitales Management & Leadership, 
Hochschule Fresenius www:stefan-groener.d