01.04.2023 Ausgabe: vdivDIGITAL 2023/1

Digitales Liftmanagement

Wichtiger Bestandteil einer smarten Gebäudeautomation

Die vierte industrielle Revolution hat mit der Digitalisierung und dem Industrial Internet of Things (IIoT) längst auch Aufzüge im Rahmen der Gebäudeautomation erreicht. Hersteller und herstellerneutrale Dienstleister verbinden den Lift mit dem Internet und damit mit der Gebäudetechnik. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten, Gebäudetechnik und Aufzug integrativ und smart zu nutzen. Das Ergebnis: Die digitale Analyse der Betriebszustände verbessert die Instandhaltung und erlaubt über Big DataAnsätze präzisere Vorhersagen zu Nutzungsverhalten, Verschleiß und Störungen. Dabei wird die Anlagenverfügbarkeit optimiert (Predictive Maintenance) und darüber hinaus können CO2 -Emissionen sowie Betriebskosten reduziert werden.

Welchen Weg sollten Verwalter für die Digitalisierung des Aufzugsbestandes wählen?

Für ein smartes Liftmanagement in der Gebäudeautomation stellen sich für Verwalter vorrangig zwei Fragen: Wie genau binde ich Aufzugsanlagen digital an? Und: Was mache ich mit den Daten? Hier bieten sich zwei Möglichkeiten:

Option 1: Vernetzung der Aufzüge direkt beim Hersteller in Verbindung mit einem Servicevertrag

Viele Hersteller bieten fertige Lösungen digitaler Anbindung der Aufzüge an eine Cloud an. Der Vorteil dabei ist, dass diese Systeme bereits vollständig vernetzt eingebaut werden. Allerdings laufen alle Daten beim Aufzugshersteller auf. So ist der Verwalter bei der Arbeit mit den Daten allein von der proaktiven Information des Dienstleisters abhängig. Das heißt, der Verwalter wird zwar jederzeit über den Status der Anlage informiert, Reportings oder Instandsetzungsempfehlungen bei akuten Problemen erhält er allerdings erst im Nachgang. Außerdem ist in Betracht zu ziehen, dass die Datenhoheit bei den Herstellern verbleibt und das System nur in Verbindung mit Abschluss eines Wartungsvertrags aktiviert wird. Vielfach wird hierbei auch das Thema Cyber Security unterschätzt, wenn über das Internet direkt auf die Aufzugssteuerung zugegriffen werden kann.

Option 2: Vernetzung der Aufzüge mit separaten und herstellerunabhängigen Lösungen

Herstellerunabhängige Lösungen bieten oftmals etwas weniger Datentiefe, da kein Eingriff in die Steuerung erfolgt, sondern mit Sensorik an bestimmten Punkten der Anlagen gearbeitet wird. Dafür bieten die Lösungen allerdings umso mehr Flexibilität was das Baujahr, die Bauart und den Hersteller betrifft. Die gesendeten Daten können unabhängig von einem Aufzugsunternehmen ausgelesen und bewertet werden, idealerweise von einem internen Team oder einem externen Dienstleister mit Aufzugsexpertise. Die daraus resultierenden Erkenntnisse stehen dem Verwalter somit direkt zur Verfügung und bieten mehr Bewertungs- und Handlungsspielraum, bevor Kosten entstehen. So ermöglichen herstellerneutrale Lösungen zum Beispiel bei akuten Abweichungen vom Normalniveau eine direkte Störungsmeldung oder vorgelagerte Prüfung der Anlage durch den Objektbetreuer und müssen nicht durch Störungsdienste behoben werden. Mittelfristig erlauben sie zudem eine Ableitung von Budgetierungen im Bestand bei störungsanfälligen Anlagen sowie Lebenszyklusbetrachtungen für bestimmte Bauteile in Abhängigkeit zur Fahrtenanzahl. Und sie bieten Energieverbrauchsangaben, soweit die Daten der einzelnen Anlagen im Vorfeld bemessen und hinterlegt wurden.

Die nutzungsbasierte Wartung

Beide Ansätze bieten schon jetzt die Möglichkeit zur nutzungsbasierten Wartung. Das bedeutet eine Ableitung der Wartungszyklen auf Basis der echten Nutzungsfrequenz der jeweiligen Aufzugsanlage durch die Fahrtenanzahl. Mittelfristig bietet sich die Möglichkeit, auch zustandsbasierte Wartungskonzepte einzusetzen, die auf Basis des Verschleißgrads der einzelnen Aufzugskomponenten erfolgen. Unabhängig vom Wartungskonzept liegt der Unterschied zwischen den Lösungen jedoch darin, wer von der veränderten Frequenz durch geringere Kosten profitieren wird. Mit dem herstellerneutralen Modell entscheidet der Verwalter gemeinsam mit dem Fachberater direkt, welche Optimierungen umgesetzt und welche Kosten reduziert werden.

Herausforderung Dashboard

Nicht unwesentlich ist für Verwalter auch die Frage, mit wie vielen Aufzugsherstellern sie in ihrem Portfolio unterwegs sein möchten. Häufig gibt es keine Ein-Lieferanten-Strategie mehr. Doch wer mit vielen Anbietern zusammenarbeitet und auf die Digitalisierungslösungen unterschiedlicher Hersteller setzt, sollte daran denken, dass dann auch verschiedene Dienstleisterportale analysiert werden müssen. Das macht es enorm schwer, alle Aufzugsdaten im Überblick zu behalten. Noch ein Argument für eine herstellerunabhängige Variante, die alle digitalisierten Anlagen für den Verwaltungsbestand in einem Dashboard darstellen kann.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der Entscheidung für ein professionelles Liftmanagement zwei Fragen wesentlich sind: Welchen Weg wähle ich für die Digitalisierung meines Aufzugsbestandes? Und: Habe ich die Kompetenz und Kapazität, aus den Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen? Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, einen externen Partner für die Beantwortung der Fragen hinzuzuziehen.

Marquardt, Dana

Leitung Liftmanagement bei HUNDT CONSULT GmbH