21.10.2024 Ausgabe: 7/24

Double- und Triple- Net-Mietverträge:

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Alter Wein in neuen Schläuchen?

In der Gewerberaummiete haben Vermieter oder Verpächter die Möglichkeit, weitreichendere Kosten und Pflichten des Vermieters, insbesondere bzgl. der Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaß­nahmen, auf Mieter oder Pächter zu übertragen als in der Wohnraummiete. Abhängig vom Umfang der Umlage werden heute gerne sog. Double-Net- oder Triple-Net-Mietverträge vereinbart.

Was versteckt sich hinter den US-amerikanischen Modellen?

Als Ausgangspunkt belasten Single-Net-Mietverträge den Mieter ausschließlich mit den Betriebskosten nach § 1 Abs. 1 Betriebskostenverordnung, sie entsprechen damit dem im deutschen Wohnraummietrecht am häufigsten verwendeten Vertragsmodell. Double-Net-Mietverträge verpflichten den Mieter zusätzlich zur Übernahme der Verwaltungskosten und der Instandhaltungskosten, ausgenommen sind Arbeiten an Dach und Fach. Triple-Net-Mietverträge gehen noch weiter und übertragen auch die Instandhaltungspflichten für Dach und Fach auf den Mieter, d. h. Reparaturen am Dach, an Fundamenten, Außenmauern und tragenden Wänden sowie den darin verlaufenden Rohrleitungen. Ausgenommen sind etwa innenliegende Rolltreppen. Besonders bei großen gewerblichen Miet- und Pachtobjekten wie Einkaufszentren, Fitnessstudios, Hotels und Industrieanlagen hat sich das Modell des Triple-Net-Mietvertrags etabliert und bewährt. Bei der „Triple-Net-Konstruktion“ trägt der Mieter bzw. Pächter also nahezu alle finanziellen Verpflichtungen, was einen wesentlichen Vorteil bei der Vermarktung von Gewerbeimmobilien darstellt. Da der Mieter bzw. Pächter die anfallenden Kosten übernimmt, entstehen dem Eigentümer keine gewinnmindernden Aufwendungen. „Dach- und Fach-Klauseln“ fanden dabei schon im Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 13. Februar 1974, Az. VIII ZR 233/72, Erwähnung. Die Umlegungsmodelle entsprechen also den schon lange im deutschen Recht existierenden Pacht- und Gewerbemietverträgen. Die Einkleidung in weltweit etablierte US-amerikanische Begriffe Double Net und Triple Net ist jedoch im internationalen Kontext wichtig, sowohl bei Transaktionen als auch für ausländische Mieter und Eigentümer.

Gefahrenquellen bei der Vertragsgestaltung

Zumeist fließen solche Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in den Vertrag ein und werden in Deutschland, anders als in den USA, gerichtlich geprüft. Eine formularmäßige Übertragung der gesamten Instandhaltungs-und Instandsetzungspflichten auf den Mieter kann gegen § 307 Abs. 1, 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstoßen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 6. November 2020, Az. 2 U 47/20, zeigte die AGB-rechtlichen Grenzen von Dach- und Fach-Klauseln: Werden dem Mieter Instandhaltungspflichten auferlegt, die über den von ihm verursachten Mietgebrauch hinausgehen, und wird dabei keine Begrenzung der Kostentragungspflicht festgelegt, ist eine solche Klausel unwirksam. Zusätzlich muss die Regelung ausschließen, dass der Instandhaltungsaufwand des Mieters auch aus früherer Nutzung durch Vormieter, etwa einem Instandhaltungsstau, resultieren könnte. Vorsicht ist auch bei der Umlegung der Verwaltungskosten geboten: Wird zusätzlich etwa die Umlegung von Kosten des „Center-Managements“ vereinbart, ist diese Regelung nach BGH, Urteil vom 3. August 2011, Az. XII ZR 205/09, unwirksam!

Wirksame Vertragsklauseln müssen sich also an den folgenden Kriterien orientieren: Transparenz – die Regelungen müssen klar und verständlich sein; Kostenobergrenze – es sollte eine angemessene Begrenzung der vom Mieter zu tragenden Kosten geben, etwa mit zehn Prozent oder acht Prozent der Jahresmiete bei Instandhaltung, wobei der BGH noch keine Grenze festgelegt hat; Beschränkung auf die Mietsache und Gemeinschaftsflächen – die Klauseln sollten sich nur auf diese Bereiche beziehen und Schäden ausschließen, die auf Anfangsmängel oder das Verschulden Dritter zurückzuführen sind.

Besonders wichtig ist es, die Schriftform gemäß § 550 S. 1 BGB zu wahren. Die Unwirksamkeit von Instandhaltungs- und Instandsetzungsklauseln kann dazu führen, dass die Schriftform wegfällt, und damit die vertraglich vereinbarte Laufzeit (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2001, Az. XII ZR 254/00), was gravierende rechtliche und finanzielle Folgen haben kann.

Instandhaltungsdefizite: Kostenfalle für Vermieter

Am Ende der Vertragslaufzeit entstehen häufig Streitigkeiten über Instandhaltungsdefizite und Pflichten, die der Mieter nicht ausreichend erfüllt hat. Besonders wenn die vereinbarte Miete aufgrund der Übernahme von Instandhaltungspflichten reduziert wurde und die Klauseln ungenau oder unwirksam sind, drohen dem Vermieter gerade vor einer Neuvermietung erhebliche Kosten. Um die Risiken zu minimieren, müssen die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten, einschließlich der jeweiligen Anlagen, bei Vertragsabschluss in einem detaillierten Leistungsverzeichnis festgehalten werden. Bei komplexen, besonders bei industriellen Mietobjekten ist eine technische Due Diligence ratsam, um die Anforderungen korrekt zu erfassen.

Die Lösung liegt nahe.

Die Vielzahl der möglichen Stolpersteine erfordert es, dass Vermieter und Mieter den Vertrag sowohl vor Abschluss als auch vor Vertragsende juristisch prüfen lassen, um unwirksame Klauseln zu vermeiden oder rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Double- und Triple-Net-Mietverträge bieten somit zwar Vorteile, können jedoch ohne sorgfältige Vorbereitung und juristische sowie ggf. technische Prüfung schnell zur Kostenfalle werden. Eine klare und rechtlich einwandfreie Vertragsgestaltung ist entscheidend, um zukünftige Konflikte und unerwartete finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Zdesenko, Vladislava

Rechtsanwältin, Salary Partnerin Kanzlei Leinemann Partner Rechtsanwälte, Berlin