20.01.2023 Ausgabe: 1/23

EED, HKVO, UVI & Co.

Verwaltungen im Dschungel der Verordnungen – ein Erfahrungsbericht von einem, der sie umsetzen muss

Die unterjährige Verbrauchsinformation (UVI) ist seit 1. Januar 2022 für alle Wohngebäude verpflichtend, in denen fernauslesbare Messtechnik im Einsatz ist. Kenntnis über diese gesetzliche Neuerung erhielten sowohl die Nutzer als auch die verantwortlichen Lieferanten bereits mit der Einführung der Energie-Effizienz-Richtlinie (EED) der Europäischen Union vom 24. Dezember 2018. Die Verordnung sah die Umsetzung auf nationaler Ebene in den Mitgliedsstaaten in mehreren Stufen vor. Zunächst sollten die Informationen in Liegenschaften, die bereits mit fernauslesbarer Messtechnik ausgestattet waren, halbjährlich bereitgestellt werden. Seit 1. Januar 2022 soll die Bereitstellung der Informationen monatlich erfolgen. Die vollständige Umstellung auf fernauslesbare Messtechnik muss – sofern keine Ausnahmeregelung greift – bis 31. Dezember 2026 abgeschlossen sein.

Recht kurzfristig angelegt

Durch verschiedene Verzögerungen erfolgte die Umsetzung in nationales Recht im Rahmen der neuen Heizkostenver- ordnung jedoch erst mit Wirkung zum 1. Dezember 2021, womit die tatsächliche Frist zur Umsetzung der Verordnung nun sehr kurz erscheint.

Mit Bezug auf die EED hat unser Unternehmen schon seit 2019 alle Eigentümer über die anstehenden Änderungen informiert und im Rahmen der Beschlussfassung Gemeinschaften dazu geraten, nur noch vollständig fernauslesbare Messtechnik verbauen zu lassen. So konnte auch sichergestellt werden, dass bei Geräten mit einer Eichfrist von zehn Jahren die Nutzungsdauer gänzlich ausgeschöpft wird und nicht wegen der Übergangsfrist bis Ende 2026 ein früherer Austausch notwendig wird.

Verhaltene Reaktion der Messdienstleister

Auf Nachfrage bei verschiedenen Messdienstleistern zwi- schen Januar 2019 und Dezember 2021, ob die Technik denn bis zum Inkrafttreten der neuen Heizkostenverordnung (HKVO) lieferbar sei, entsprechende Schnittstellen, Portale und weitere erforderliche Strukturen für den Transfer und die Aufbereitung der Daten verfügbar wären, waren die Reaktionen sehr verhalten. Noch sei ja unklar, wie die Regelungen tatsächlich umzusetzen seien, da EU-Vorgaben auf bundesdeutscher Ebene häufig strenger auszulegen sind. Ein Beispiel ist die deutsche Umsetzung der EU-Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO), insbesondere bei der Frage, ab welcher Größe Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten bestellen müssen.

Schon bei der Mitzeichnung der Umsetzungsverordnung der HKVO gab es zahlreiche Anmerkungen vonseiten der Messdienstleister und Fachverbände, insbesondere des VDIV Deutschland. Leider fanden sie keine oder nur sehr wenig Beachtung in der finalen Fassung der Verordnung. Die dann gesetzte Frist für die tatsächliche Bereitstellung der Daten reichte kaum – weder den großen Anbietern, noch weniger den kleineren Messdienstleistern. Zwar wur- den teils vorgegebene einheitliche Schnittstellen definiert, die Anbindung an bestehende Software gestaltet sich aber wegen sehr unterschiedlicher Parameter äußerst schwierig.

Nur lückenhafte Datenlage

Liegen der Verwaltung eines Mietshauses in der Regel alle Daten der Wohnungsnutzer vor, weil sie auch die Mietverträge ausfertigt, sieht das in Eigentümergemeinschaften ganz anders aus. Deren Verwaltungen haben nur ein rechtliches Vertragsverhältnis mit der Gemeinschaft, in deren Namen sie beispielsweise auch den Vertrag mit einem Messdienstleister schließen. Ansprechpartner für das Sondereigentum ist im Innenverhältnis der jeweilige Eigentümer oder Sondereigentumsverwalter. Auf den von der Verwaltung erstellten Mietvertrag oder eine sonstige Überlassungsvereinbarung für eine Wohnung besteht kei- nerlei Zugriff. Stellt der Eigentümer sie nicht bereit, fehlen die Nutzerdaten, die der Messdienstleister aber für die unterjährige Verbrauchsinformation benötigt.

Verwaltungen können dem Messdienstleister in der Regel nur die Daten des Eigentümers einer Wohnung geben. Erst im zweiten Schritt kann der Messdienstleister die Daten des Wohnungsnutzers vom Eigentümer erhalten, der wiederum im dritten Schritt angeben müsste, wie er die unterjährige Verbrauchsinformation erhalten möchte.

Einige Messdienstleister bieten diesen mehrstufigen Weg an, was für Verwaltungen die einfachste Lösung ist, um die nötigen Daten einzupflegen. Andere Messdienstleister lehnen die Einräumung von Zugriffsrechten für Dritte auf ihr Portal grundsätzlich ab. In diesen Fällen muss die Verwaltung die Nutzerdaten selbst einpflegen und hinterlegen – nachdem sie von den Eigentümern übermittelt wurden. Im System angelegte Nutzer können dann zumindest ihre eigenen Daten einsehen. Wieder andere Messdienstleister bieten ausschließlich den Versand von E-Mails an Verwaltungen an, die die Übermittlung der Daten an die Nutzer  selbst übernehmen müssen. 

Verwaltungen sind insbesondere überall dort auf die zügige Mitarbeit der Eigentümer angewiesen, wo die Datenpflege auch von ihnen umgesetzt werden muss. Nur wenn über einen anstehenden Nutzerwechsel frühzeitig informiert wird, kann ausgeschlossen werden, dass Verbrauchsdaten des alten Nutzers nicht irrtümlich dem neuen übermittelt werden. Kann für UVI-Empfänger keine E-Mail-Adresse hinterlegt werden, bieten einige Messdienstleister den postalischen Versand an. Wer aber kommt dafür auf? Hier scheiden sich die Geister: Während einige die Kosten auf die Gesamtgemeinschaft umlegen, sehen andere die Kostentragungspflicht beim Verursacher und übernehmen sie in die individuelle Abrechnung seiner Einheit, wiederum andere bieten im Verwaltervertrag eine entsprechende Wahlmöglichkeit an, wer die Kosten zu tragen hat.

Wie den unterschiedlichen Lösungsansätzen zu entnehmen ist, bietet jeder Messdienstleister einen eigenen Weg mit individueller Herangehensweise an. An den Vertrag mit einem
Messdienstleister sind Eigentümergemeinschaften wegen der Eichfristen und unterschiedlichen Eichintervalle in der Regel langfristig gebunden – bis zu zehn Jahre. Selbst wenn die UVI-Daten unzureichend oder mit enormem Aufwand bereitgestellt werden, ist an einen vorzeitigen Wechsel bislang nicht zu denken, weil zum einen die Interoperabilität nicht gegeben ist, zum anderen lange Vertragslaufzeiten im Wege stehen. Der so anfallende Mehraufwand kann bei einzelnen Objekten erheblich sein. 

Auslegung der Fernauslesbarkeit

Außerdem bietet die Verordnung eine sehr variabel auslegbare Interpretation der Fernauslesbarkeit. Konsequent der Verordnung folgend, erscheint diese bereits gegeben, wenn Messinstrumente ohne das Betreten der Wohnung abgelesen werden können. Im klassischen Walk-by-Verfahren ist das theoretisch der Fall. Andererseits ist es wirtschaftlich betrachtet und auch ökologisch nicht zu rechtfertigen, einen Mitarbeiter des jeweiligen Messdienstleisters allmonatlich mit einem Fahrzeug an bzw. in die Häuser zu schicken, um Daten einzusammeln. Dies erfordert theoretisch für jedes „Walk-by-Objekt“ eine individuelle Wirtschaftlichkeitsberechnung des Messdienstleisters. 

Die Resonanz vonseiten der Nutzer, insbesondere der Eigentümer, ist gegenwärtig entsprechend noch sehr verhalten. Aktives Interesse an und Abfragen der UVI-Daten gab es bei weniger als einem Prozent des Ge- samtbestandes. Ob und inwieweit die Nutzung bei den jetzt registrier- ten Kunden wegen der gegenwärtigen Lage am Energiemarkt steigt, kann nur von den Messdienstleistern und Portalanbietern erfasst werden. Zumindest erscheint es derzeit wahrscheinlich, dass mit den steigenden Energiepreisen das Interesse an einer frühzeitigen Bereitstellung von Verbrauchsinformationen in den kommenden Monaten zunehmen wird. 

Wenn dies aber tatsächlich eintritt, muss dringend nachgebessert werden, und auch den Messdienstleistern muss bewusst sein, dass der Zugriff auf Nutzerdaten von Sondereigentümern für WEG-Verwaltungen nur sehr begrenzt ist. Können nur E-Mail-Adressen bereitgestellt werden, dann nur die der Eigentümer, falls sie der Verwaltung vorliegen. Eigentümerfreundlich ist es jedoch keinesfalls, wenn sie monatlich eine E-Mail oder einen Brief selbst ausdrucken und an den jeweiligen Nutzer versenden müssen.

Hier muss nachgebessert werden

Wünschenswert wäre hier eine Service-Optimierung der Messdienstleister-Portale, sodass Verwaltungen die Eigentümerdaten und Eigentümer die Nutzerdaten selbst pflegen können. Einige – auch kleinere Messdienstleistungsunternehmen in unserem Verwaltungsbestand – haben diese formalen Anspruchskriterien hervorragend umgesetzt. Andere arbeiten aktiv an eigenen Lösungen oder Kooperationen mit bestehenden Portalbetreibern. Genau diese Unternehmen pflegen wir als Verwaltung auch den von uns betreuten Gemeinschaften in den Eigentümerversammlungen zu empfehlen.

Der postalische Versand gehört ebenfalls dringend auf den Prüfstand. Sicherlich sollten UVI-Daten optional auch postalisch zugestellt werden können, insbesondere an einen Personenkreis ohne digitale Anbindung. Der erzwungene Versand von Papierdokumenten an Nutzer, die diese Daten gar nicht haben wollen, trägt definitiv nicht zu Umweltschutz und Energieeinsparung bei, sondern erhöht den Energieverbrauch und die Kosten, fördert zudem Streitigkeiten um die Abrechnung.

 

 

Nitsche, Thomas