20.05.2021 Ausgabe: 3/21

Eigentlich ganz einfach - Für Hauseigentümer ist die Photovoltaikanlage auf dem Dach keine große Sache. Für Eigentümergemeinschaften gestaltet sich das ­bekanntlich deutlich komplizierter. Eine Orientierungshilfe.

Ohne Rechts- und Steuerberatung geht es nicht! Dabei wäre es ja nur konsequent, die Ladestation fürs E-Auto mit Solarstrom aus eigener Produktion zu speisen. Mit den rechtlichen Hürden aufgrund der Unternehmereigenschaft von Eigentümergemeinschaften (WEG) und den steuerlichen sowie administrativen Widrigkeiten wegen der nicht gegebenen Personenidentität einer WEG als Anlagenbetreiberin und den zu beliefernden Miteigentümern haben sich bereits mehrere Autoren in diesem Magazin auseinandergesetzt. Eine Chance, dass es künftig einfacher wird, könnte die EU-Richtlinie 2018/2001 bieten. Das sogenannte Prosumer-Recht, in dem es darum geht, dass Konsumenten in bestimmten Bereichen auch zugleich Produzenten sein können, muss bis zum 30. Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden, um eine rechtlich risikoarme, attraktive und gemeinschaftliche Eigenversorgung mit Strom zu ermöglichen. Derzeit geltendes Recht macht Privatleuten die gemeinschaftliche Eigenversorgung ohne Rechtsbruch nahezu unmöglich.

Tatsächlich scheint der Gedanke, Strom auf dem eigenen Dach selbst zu produzieren, für Eigentümergemeinschaften eher idealistisch zu sein. Der Wunsch, sich von den Energielieferanten unabhängig zu machen, autark zu sein, gar Geld zu sparen und bestenfalls die Fahrt mit dem E-Mobil noch umweltfreundlicher zu gestalten, ist recht komplex in der Umsetzung – zumal rein regenerativ gewonnener Strom mit einem entsprechenden Versorgungsvertrag ja ohnehin aus der Steckdose kommt. Aber: Das Konzept Photovoltaik an sich ist ein Gewinn für Umwelt- und Klimaschutz. Jede sonst nicht genutzte Dachfläche, auf der eine Photovoltaikanlage (PVA) Platz findet und betrieben wird, somit eine gute Sache.

Dass es dennoch wirtschaftlich umsetzbare Betriebskonzepte für PV-Anlagen in Eigentümergemeinschaften gibt, zeigt ein Leitfaden, den die Energieagentur Regio Freiburg aufgelegt hat. „Solar-WEG: Schritt für Schritt“ gibt einen Überblick über die gängigsten Betreibermodelle für Photovoltaik in WEG – und den dafür erforderlichen Aufwand.

Gemeinschaftsstromlieferung
Ein Konzept, das sich mit sehr geringem Aufwand umsetzen lässt, ist demnach die auf den Gemeinschaftsstrom begrenzte Eigenversorgung. Dazu finanziert und betreibt die WEG die PVA, und der gewonnene Strom, der für Allgemeinstrom, also Licht und Aufzug, Wärmepumpe, Raumlufttechnik sowie Kälte-/Klimageräte verwendet wird, wird in diesem Fall als Eigenversorgung anerkannt. Voraussetzung: Die gespeisten Geräte werden von der WEG selbstverantwortlich betrieben. Nicht genutzter Strom fließt ins öffentliche Netz und wird nach Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Licht und Aufzug bekommen einen Zweirichtungszähler, an den auch die PVA angeschlossen ist. Bei Anlagen mit einer Leistung von mehr als zehn Kilowatt peak (kWp), ist für den Eigenverbrauch die reduzierte EEG-Umlage von 40 Prozent zu zahlen. Wird die EU-Richtlinie auf nationaler Ebene umgesetzt, ließe sich dieses Betriebskonzept vielleicht sogar umstellen, sodass alle Wohnparteien mit dem selbst erzeugten Strom versorgt werden.

WIRTSCHAFTLICHKEIT:  Zur Umsetzung kauft und betreibt die WEG die PVA als Gemeinschaftsanlage zur Mitversorgung des Allgemeinstroms. Das senkt die Nebenkosten, weil weniger Strom vom externen Energieversorger bezogen wird. In der Nebenkostenabrechnung werden Einnahmen aus der Einspeisung von Überschüssen ins öffentliche Netz mit EEG-Vergütung ebenso aufgeführt wie die umlagefähigen Kosten für die Wartung der Anlage. Ein wirtschaftlicher und gewinnorientierter Betrieb ist möglich, eine Rendite während der Betriebszeit der Anlage erzielbar.

Die Volleinspeisung
Ebenfalls sehr geringen Aufwand erfordert dieses Modell: Der gesamte selbst erzeugte PV-Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist, also nicht im Gebäude verbraucht. Damit wird er mit dem nach EEG aktuell gültigen Satz vergütet, und das garantiert für 20 Jahre und das Jahr der Inbetriebnahme.

WIRTSCHAFTLICHKEIT:  Bei den heutigen, typischerweise anzusetzenden Kosten für die Errichtung und ab einer Leistung von rund acht kWp amortisiert sich die Anlage schon vor der angesetzten Abschreibungsdauer von 20 Jahren und kann somit auch wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden, heißt es im Leitfaden.

Das Nebenkostenmodell
Verfügt eine WEG über einen gemeinsamen geeichten Stromzähler als Netzanschlusspunkt, lässt sich das gesamte Gebäude mit PV-Strom versorgen. Ein einfacher Trick: Die gesamten Stromkosten des Hauses werden intern entsprechend umgelegt. So wird auch der PV-Strom über die Nebenkosten abgerechnet. Die PVA gehört als Teil des Gebäudes der Gemeinschaft. Lehnt eine Partei die Eigenversorgung ab oder will den Stromversorger wechseln, kann dies über ein Summenzählerkonzept extra abgerechnet werden.

WIRTSCHAFTLICHKEIT:  Da in diesem Fall die Personenidentität nicht gegeben ist, sollte vorsorglich die volle EEG-Umlage gezahlt werden. Sie könnte sonst rückwirkend für die gesamte Lebensdauer der Anlage nachgefordert werden. Ein gewinnorientierter Betrieb ist mit diesem Modell dennoch möglich und auch die Erzielung einer Rendite über die Gesamtlaufzeit der PVA.

Die Anlage vermieten
Als Anlageneignerin kann die WEG eine oder auch mehrere PVA an eine Wohnpartei zu einem unabhängig von der Produktion festgesetzten Preis vermieten und ihr damit den Anlagenbetrieb übertragen. Sie nutzt die Eigenversorgung und trägt auch das Risiko. Über einen Service-Vertrag lässt sich aber die technische Betriebsführung an die Anlagenbesitzerin zurückgeben. Dafür bedarf es pro Anlage und Partei eines Zweirichtungszählers.

WIRTSCHAFTLICHKEIT:  Bei Anlagen mit mehr als zehn kWp Leistung ist die auf 40 Prozent verminderte EEG-Umlage für den Eigenverbrauch zu entrichten. Der PVA-Mieter wird durch die Überschusseinspeisung steuerlich zum Unternehmer, somit umsatz- und einkommensteuerpflichtig, es sei denn, er unterfällt der Kleinunternehmerregelung oder stellt eine negative Gewinnerzielungsprognose. Die PVA selbst lässt sich dennoch wirtschaftlich gewinnorientiert betreiben, mit über die Gesamtlaufzeit zu erzielender Rendite. Dem Leitfaden zufolge ist dieses Modell als Kapitalanlage für WEG geeignet, wenn der Gemeinschaftsstrombedarf gering ist, nur eine oder einzelne Wohnparteien Interesse an einer PVA haben oder der Strombedarf des Anlagenmieters besonders hoch ist.

Die Dachpacht
Die WEG verpachtet Dachfläche an einzelne Wohnparteien oder einen externen Investor. Der oder die Pächter betreiben die PVA und versorgen sich selbst, sofern Personenidentität besteht, oder speisen den Strom ins öffentliche Netz ein. Bei Eigenversorgung aus Anlagen mit weniger als zehn kWp Leistung entfällt die EEG-Umlage, darüber gilt der reduzierte Satz. Wie bei der Anlagenvermietung werden Betreiber zu Unternehmern und entsprechend steuerpflichtig.

WIRTSCHAFTLICHKEIT: Die Einnahmen aus der Verpachtung der Dachfläche können steuerlich wie Mieteinnahmen behandelt  werden und kommen der WEG zugute, die hier lediglich als Vermieterin auftritt.

Contracting
Hier kommt ein Investor ins Spiel, der eine Dachfläche nutzt, um eine PVA zu erreichten und zu betreiben. Dafür erhält die WEG eine Dachpacht, oder sie wird an dem mit der Anlage erzielten Gewinn beteiligt bzw. erhält als Gegenleistung eine vergünstigte Stromversorgung.

WIRTSCHAFTLICHKEIT:  Dieses Modell, das für die WEG praktisch mit keinerlei Aufwand verbunden ist, eignet sich dem Leitfaden zufolge für Gemeinschaften ab 30 Wohneinheiten und große Dachflächen ab 250 Quadratmeter Fläche.

Vollstromlieferung
Hier wird es nun schon aufwändiger. Verzichtet man jedoch auf die Mieterstromförderung, entfallen vielfältige Pflichten. Für den Eigenverbrauch ist in diesem Fall die volle EEG-Umlage zu zahlen, weil eben keine Personenidentität von Anlagenbetreiber und Nutzern besteht. Erforderlich ist auch ein Zählerkonzept, das die Verbräuche von Netz- und PV-Strom separat und für jede Partei erfassen kann. Das Summenzählermodell eignet sich dafür insofern, weil die Umrüstkosten relativ gering sind und im Falle eines Anbieterwechsels für Ergänzungsstrom kein Umbau der Bezugszähler für die Wohnparteien fällig wird. Geeignet ist das Modell für Gemeinschaften mit mehr als zehn Selbstversorgern, zudem ist wegen der Komplexität zur Hinzuziehung eines externen Dienstleisters für die Umsetzung zu raten.

WIRTSCHAFTLICHKEIT: Auch ohne Inanspruchnahme der Mieterstromförderung ist ein rentabler Anlagenbetrieb über die Gesamtlaufzeit möglich, sogar mit Gewinnerzielung.

Der Weg zur Mieterstromförderung
Will man die Mieterstromförderung für dieses Konzept in Anspruch nehmen, was unter bestimmten Bedingungen möglich ist, übernimmt die WEG die Komplettversorgung aller Parteien im Haus und erhält damit den Status eines Energieversorgungsunternehmens – mit allen Konsequenzen: Verbraucher erhalten eine Gesamtstromrechnung vom Anlagenbetreiber, und der Strompreis darf maximal 90 Prozent des Grundversorgungstarifs betragen. Um gefördert zu werden, dürfen Anlagen maximal 100 kWp Leistung haben, und mindestens 40 Prozent der Gebäudefläche müssen Wohnzwecken dienen. Hinzu kommen weitere Pflichten, etwa Meldungen bei Versorgungsnetzbetreibern, Bundesnetzagentur und Übertragungsnetzbetreiber etc., u. a. ist für den Eigenverbrauch die volle EEG-Umlage zu entrichten. Zur Umsetzung dieses Modells sollten mindestens 15 Parteien im Haus die Eigenversorgung mit PV-Strom wünschen, und es ist zu empfehlen, einen externen Dienstleistungspartner, z. B. Stadtwerke, miteinzubeziehen.

WIRTSCHAFTLICHKEIT: Wer den Aufwand nicht scheut, kann mit diesem Modell innerhalb der Gesamtlaufzeit der Anlage eine Rendite erzielen und sie wirtschaftlich gewinnorientiert betreiben.

ZUR VERTIEFUNG
Den Leitfaden „Solar-WEG: Schritt für Schritt“ zu den Betriebskonzepten für Photovoltaikanlagen in Eigentümergemeinschaften gibt es online auf der Website der gemeinnützigen Klimaschutzagentur Bremer Energie-Konsenz GmbH:
https://t1p.de/2dcr


Foto: © sumkinn / Shutterstock.com


Körner, Andrea

Redaktion