21.05.2021 Ausgabe: 3/21

Ein Modell mit Zukunft - Zur vertraglichen Gestaltung von Homeoffice und mobilem Arbeiten

Seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie ist in vielen Unternehmen das Arbeiten aus dem Homeoffice zur Selbstverständlichkeit geworden. Der Anteil der Beschäftigten, die ihre Arbeit nun von zu Hause oder von einem anderen Ort aus verrichten, ist stark angestiegen.

Eine ausdrücklich auf das Homeoffice zugeschnittene gesetzliche Regelung existiert bislang nicht. Zwar hat das Bundesarbeitsministerium nach jahrelanger Diskussion den „Entwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit“ präsentiert, der den Anspruch auf Homeoffice vorsah. Dieser ist jedoch im Kanzleramt auf Ablehnung gestoßen. Es ist aber zu erwarten, dass sich Homeoffice auch über die Pandemie hinaus aufseiten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber weiterhin großer Beliebtheit erfreuen wird. Aus der Verschmelzung des betrieblichen und privaten Bereichs entstehen insbesondere arbeits- und datenschutzrechtliche He­rausforderungen, die es zu meistern gilt. Möchten Arbeitgeber und Arbeitnehmer das nun erprobte Modell fortsetzen, sollte hierfür rechtzeitig eine vertragliche Grundlage geschaffen, resp. „nachjustiert“ werden.

Zur Begriffserklärung
Die Begriffe Homeoffice, mobiles Arbeiten und Telearbeit werden regelmäßig synonym verwendet. Dabei bestehen durchaus Unterschiede: Die fast altertümlich anmutende Telearbeit ist der Oberbegriff für Tätigkeiten, die nicht ortsgebunden sind, eigenverantwortlich durchgeführt werden und weitgehend unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie erledigt werden können. Telearbeitsplätze im Sinne der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat.

Bei mobiler Arbeit erbringt der Arbeitnehmer die Telearbeit ohne festen Arbeitsplatz an einem ausschließlich durch ihn festgelegten Ort, etwa im Zug oder im Café. Wird Telearbeit zumindest teilweise in der Wohnung des Beschäftigten verrichtet, spricht man von Homeoffice.
Je nachdem, welche Form der außerbetrieblichen Arbeit gewählt wird, können sich unterschiedliche Regelungsbedürfnisse ergeben. So ist etwa für das Homeoffice aufgrund des in Art. 13 Grundgesetz (GG) festgeschriebenen Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung eine vertragliche Grundlage erforderlich. Auch bei den Anforderungen des Arbeitsschutzes ergeben sich Differenzen.


Die Arbeitszeit
Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind nicht auf die betriebliche Arbeitsstätte beschränkt. Gestaltung und Kontrolle erweisen sich oft als schwierig, auch weil der Wunsch der Beschäftigten nach Homeoffice oft mit der Vorstellung von flexibleren Arbeitszeiten einhergeht.

Schon in Anbetracht drohender Bußgelder (§ 22 ArbZG) – in Extremfällen sogar von Freiheitsstrafen (§ 23 ArbZG) – sollten Arbeitgeber die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen beachten. Die tägliche Höchstarbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten sind zu wahren. Da die Verantwortung hierfür beim Arbeitgeber liegt und nicht pauschal auf Beschäftigte abgewälzt werden kann, sollte eine vertragliche Vereinbarung präzise Vorgaben über die Einhaltung der Vorgaben des ArbZG enthalten. Ferner müssen Arbeitgeber die Arbeit so organisieren, dass Verstöße möglichst ausgeschlossen werden. Ansonsten kann Homeoffice zu einem steten Quell von Arbeitszeitrechtsverstößen werden.

Gleichzeitig sollte die Einhaltung des ArbZG regelmäßig, zumindest stichprobenartig, überprüft werden. Die Pflicht zur Zeit­erfassung kann der Arbeitgeber an den Beschäftigten delegieren. Sie beschränkt sich derzeit auf diejenige Arbeitszeit, die über acht Stunden hinausgeht (§ 16 Abs. 2 ArbZG). Sowohl bei der Dokumentation als auch bei der Kontrolle können sich Arbeitgeber technischer Lösungen bedienen.

Zum Arbeitsschutz
Arbeitgeber sind nach § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, die für den Arbeitsschutz erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Sie haben die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird (§ 4 ArbSchG).

Die im ArbSchG festgelegten Grundsätze werden durch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) konkretisiert, die außerhalb des Betriebs jedoch nur für den Fall des Telearbeitsplatzes gelten, also nur dann, wenn der häusliche Bildschirmarbeitsplatz durch den Arbeitgeber eingerichtet wurde.

Es obliegt dann dem Arbeitgeber, durch eine Gefährdungsbeurteilung festzustellen, ob der heimische Arbeitsplatz für die auszuübende Tätigkeit geeignet ist. So ist etwa darauf zu achten, dass der Arbeitsplatz ergonomisch eingerichtet ist und gesundheitsgefährdende Risiken in der Umgebung erkannt und beseitigt werden. Mit Einverständnis des Beschäftigten kann der Arbeitgeber eine Ortsbesichtigung durchführen, im Allgemeinen dürfte eine ausführliche Befragung „aus der Ferne“ über die Arbeitsumgebung ausreichen.

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich einen Laptop zur Verfügung und lässt ihm hinsichtlich der Tätigkeitsstätte freie Wahl, finden die Vorschriften der ­ArbStättV keine Anwendung. Zwar ist auch dann prinzipiell noch eine Gefährdungsbeurteilung anzustellen, aufgrund der Besonderheiten dieser Beschäftigungsform reicht es aber aus, typische Gefahren zu identifizieren und den Mitarbeiter hierüber aufzuklären.

Eine Homeoffice-Vereinbarung sollte zumindest einen Hinweis an den Arbeitnehmer enthalten, dass er gesetzlich zum Eigenschutz (§ 15 ArbSchG) und zur Meldung unmittelbarer erheblicher Gefahren (§ 16 ArbSchG) verpflichtet ist.

Datenschutz und ­Geschäftsgeheimnisse
Auch wenn Arbeitnehmer ihre Tätigkeit außerhalb des Betriebs verrichten und dabei personenbezogene Daten verarbeiten, bleibt der Arbeitgeber datenschutzrechtlich Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Er hat durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ein angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.

Im Homeoffice ist dies oft schwierig, da regelmäßig auch unbefugte Dritte Zugang zu den Arbeitsräumen haben können oder der Datenaustausch nicht hinreichend gesichert ist. Schon aus letzterem Grund sollten die Arbeitsmittel (Laptop, Drucker) grundsätzlich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und mit geeigneten Schutzmechanismen (Verschlüsselung, Einrichtung von VPN) ausgerüstet werden.

Gefährdet ist auch der Schutz vertraulicher und sensibler Unternehmensdaten bzw. von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Nach dem Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (GeschGehG) geschützte Geschäftsgeheimnisse liegen überhaupt nur dann vor, wenn sie Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen sind (§ 2 Abs. 2 lit. b GeschGehG). Fehlt es an solchen Maßnahmen, können Arbeitgeber für sich auch weitgehend keinen Schutz beanspruchen.

Genaue Vorgaben für Beschäftigte können in einer Homeoffice-Richtlinie gemacht werden. Eine solche benennt dann konkret, welche Endgeräte genutzt werden, welche Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten sind – vom Blickschutzfilter über technische Kopier-/Löschbeschränkungen für externe Datenträger bis zum Verbot des Ausdrucks von Unterlagen –, welche Kommunikationsmöglichkeiten genutzt werden dürfen und wie sich der Beschäftigte bei einem Datenschutzvorfall oder dem Verlust eines Datenträgers zu verhalten hat. Des Weiteren sollte die Entsorgung von geschäftlichen Unterlagen im Hausmüll untersagt werden.

Die Arbeitsmittel
Arbeitgeber haben Beschäftigten grundsätzlich die erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen und die anfallenden Kosten zu tragen. Dazu können auch das Mobiliar fürs Arbeitszimmer, Strom- und Heizkosten sowie eine Beteiligung an den Mietkosten zählen. Die Parteien können jedoch vereinbaren, dass diese Kosten bereits durch das Grundgehalt gedeckt sind. Alternativ ist auch eine monatliche Kostenpauschale denkbar.

Betriebliche Übung verhindern
Wer seinen Beschäftigten auch nach der Pandemie erlaubt, ganz oder regelmäßig außerhalb des Betriebs zu arbeiten, ohne dass hierüber eine konkrete Vereinbarung getroffen wurde, läuft Gefahr, eine betriebliche Übung zu begründen. Darunter versteht man allgemein die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll. In diesen Fällen kann ein Anspruch des Beschäftigten auf Beibehaltung des Homeoffice entstehen. Deshalb sollte in die Homeoffice-Vereinbarung ein Freiwilligkeitsvorbehalt aufgenommen werden. Alternativ ist auch eine Widerrufsklausel denkbar. In jedem Fall sollte unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit geregelt werden, in welchen Fällen der Arbeitnehmer wieder im Betrieb zu arbeiten hat und wie lange im Voraus ihm dies angekündigt werden muss.

FAZIT
Die flexible Arbeit im Homeoffice oder an einem anderen Ort außerhalb der Betriebsstätte kann für beide Parteien von Vorteil sein. Um dauerhaft Streitigkeiten und Haftungsrisiken zu vermeiden, ist diese Arbeitsform jedoch auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, die von vornherein keine Zweifel an den gegenseitigen Rechten und Pflichten zulässt.

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Schwartz, Tobias

Der Fachanwalt fur Arbeitsrecht sowie fur Handels- und Gesellschaftsrecht ist in der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Munchen-Bogenhausen tätig.
www.lkc.de