29.11.2018 Ausgabe: 8/2018

Eine Frage des ­Vertrauens?

Homeoffice heißt für viele: „Ich bin dann mal weg und mach' blau.“

Wer regelmäßig, insbesondere montags und freitags, unter Berufung auf das Stichwort „Homeoffice“ nicht an seinem Arbeitsplatz im Büro erscheint, weckt vor allem unter Kollegen Argwohn. Und die Arbeitgeber, Vorgesetzten, Chefs selbst? Auch für sie liegt der Gedanke an eine faule Ausrede nahe. Kein Wunder, schließlich sind wir alle, so unterstelle ich einmal, seit Jahrzehnten darauf konditioniert, Präsenz zeigen zu müssen, um Tätigkeit unter Beweis zu stellen. Es lohnt sich aber, das Modell Homeoffice genauer zu betrachten, denn es birgt mehr Chancen als Risiken.

Geld ist nicht alles

In Zeiten von Fachkräftemangel und steigenden Anforderungen an den Beruf des Property Managers müssen Unternehmen etwas mehr bieten als ein angemessenes Gehalt, das bekanntlich nur kurzfristig motiviert. Überzeugende Rahmenbedingungen sind ein weiteres und vor allem wichtiges Entscheidungskriterium für zu gewinnende Mitarbeiter. Die Möglichkeit, auch zu Hause arbeiten zu können, kann zumindest ein kleiner Beitrag zu einer ausgeglichenen Work-Life-Balance sein. Sie zu nutzen, heißt Arbeit und Privatleben flexibler und vor allem individuell in Einklang zu bringen – ohne Konflikte, die in der Regel zulasten des ­Unternehmens gehen.

Schon seit Jahren halte ich es für den falschen Ansatz, erwachsenen Menschen vorzuschreiben, wann sie im Büro zu sein haben, und wann sie es wieder verlassen dürfen. Letzteres freilich wird von vielen meiner Kollegen eher nachlässig betrachtet, während sie erheblichen Aufwand betreiben, um nachzuweisen, dass Mitarbeiter zu Arbeitsbeginn unpünktlich waren. Aber das steht auf einem anderen Blatt unter dem Stichwort „Arbeitszeiten“.

Technisch durchaus machbar

Als eines der ersten Unternehmen haben wir bereits vor vielen Jahren für Mitarbeiter die Möglichkeit geschaffen, von zu Hause zu arbeiten, – und damit erstaunliche Ergebnisse erzielt. Aber dazu später mehr.

Natürlich bedarf es gewisser technischer Voraussetzungen: eine VOIP-Telefonanlage oder zumindest eine digitale, die über jeden Arbeitsplatz um- und eingestellt werden kann, ein Notebook nebst VPN- oder Citrix-Zugang. Das war's aber auch schon. Dies ergänzend haben wir ein paar Regeln festgeschrieben in Bezug auf Erreichbarkeit und persönliche Anwesenheit im Büro im Falle unerwarteten Kundenbesuchs. Wie und in welcher Form solche Maximen aufgestellt und gehandhabt werden, ist selbstverständlich eine Frage der jeweiligen Unternehmensführung. Entsprechende Niederschriften sollten sich im Qualitäts­management-Handbuch für alle zugänglich finden.

Angst vor Kontrollverlust?

Die Vorteile, die das Modell Homeoffice bietet, überwiegen meines Erachtens die Risiken. Welche Risiken überhaupt? Dass ich nicht weiß, was ein Mitarbeiter von zu Hause aus für mich tut? Genaue Kenntnis über das, was er leistet, habe ich auch dann nicht, wenn er im Büro ist. Seine bloße Anwesenheit bedeutet noch lange nicht, dass der Output stimmt. Widerlegen werden das nur zeitmesseraffine Unternehmer. Von ihnen rede ich hier nicht und lasse sie weiter Zeiten messen, verarbeiten, verwalten und korrigieren.

Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten, haben einen viel effektiveren und schnelleren Durchlauf von Themen und erledigen in weniger Zeit mehr Aufgaben. Natürlich können sie zwischendurch mal das eine oder andere im Haushalt erledigen. Wenn aber der Output stimmt, warum nicht?

Des Weiteren haben sich die Krankmeldungen und Fehlzeiten unserer Mitarbeiter um mehr als zwei Drittel reduziert. In Summe ergibt das heute eine höhere Anwesenheitsquote als in der Zeit vor dem Homeoffice. Und das bietet Mitarbeitern letztlich noch einen weiteren erheblichen Vorteil: Der Weg zur Arbeit entfällt. Das spart heute eine Menge Zeit, denn sie kann zugunsten des Unternehmens zum Arbeiten genutzt werden, nicht um unterwegs zu sein. Wir verzeichnen steigende Zufriedenheit bei Mitarbeitern und Kunden.

Homeoffice ist also sicher nicht „Blaumachen“, sondern eine Frage des Vertrauens. Unsere Kunden vertrauen unseren Mitarbeitern Millionenwerte an – und wir ihnen nicht einmal bezahlte Arbeitszeit?

Foto: © Radachynskyi Serhii / Shutterstock.com


Kubal, Sven

Bundesweiter Geschäftsführer der BGV-Unternehmensgruppe, Immobilienverwalter des Jahres 2014 und Dritt­platzierter 2017.
www.bgv-berlin.de