23.01.2019 Ausgabe: 1/19

Einfach outsourcen?

Die Digitalisierung hat auch dem WEG-Verwalter viele Möglichkeiten eröffnet, seine Aufgaben effizienter zu erfüllen – sei es durch den Versand von Informationen an Eigentümer per E-Mail, die Einrichtung von Web-Portalen für verwaltete Gemeinschaften oder die Ablesung von Verbrauchsdaten per Funk. Viele Neuerungen sind seit Langem Gegenstand der Diskussion bzw. (fast schon) Verwaltungsalltag. Da verwundert es nicht, dass auch die Tätigkeit des Verwalters in Bezug auf die Jahresabrechnung ins Blickfeld gerät: Lässt sich vielleicht mit Hilfe externer Spezialisten das Abrechnungswesen verschlanken? Und wenn ja: Wäre das wohnungseigentumsrechtlich überhaupt zulässig?

Der praktische Hintergrund

Worum es konkret geht: Ein WEG-Verwalter möchte die lästige Aufgabe der Erstellung der Jahresabrechnung ausgliedern und auf ein Drittunternehmen übertragen. Für dieses „Outsourcing“ sind verschiedene Modelle denkbar. Bei der kleinen Lösung erfolgt die laufende Buchhaltung weiterhin durch den Verwalter, und das Drittunternehmen erstellt anhand dieser Daten die Jahresabrechnung. Die größere Lösung geht dahin, dass das Drittunternehmen bereits die vollständige Buchhaltungserstellung übernimmt, der Verwalter also alle Belege und Bankkontoauszüge an das Drittunternehmen übermittelt und dieses daraus sowohl die Buchhaltung als auch die Jahresabrechnung erstellt. Der Verwalter macht sich bei beiden Modellen anschließend das Produkt des Drittunternehmens, also die Jahresabrechnung, zu eigen und verwendet sie im üblichen Umfang gegenüber den Wohnungseigentümern. Der Verwalter versendet also die Abrechnung im eigenen Namen an die Wohnungseigentümer, die anschließend über die Abrechnung beschließen. Dies geschieht selbstverständlich mit Einverständnis des Drittunternehmens.

Die Pflicht zur Erstellung

§ 28 Abs. 3 WEG verpflichtet den Verwalter dazu, nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung zu erstellen, über die die Wohnungseigentümer dann nach § 28 Abs. 5 WEG beschließen. Das Gesetz schweigt aber zu der Frage, ob der Verwalter die Jahresabrechnung persönlich erstellen muss. Soweit ersichtlich, haben sich weder Rechtsprechung noch Literatur bislang mit dieser konkreten Problemstellung befasst. Die allgemeine Frage nach einer Zulässigkeit der Delegation von Verwaltungsaufgaben ist aber selbstverständlich Gegenstand der juristischen Diskussion. Hierbei ist es einerseits anerkannt, dass sich der Verwalter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben der Unterstützung durch Hilfspersonen bedienen darf (BayObLG v. 19.6.1997 – 2Z BR 35/97). Andererseits ist es einhellige Meinung, dass der Verwalter seine Befugnisse nicht rechtsgeschäftlich auf Dritte übertragen oder diesen zur Ausübung überlassen kann (BGH v. 21.2.2014 – V ZR 164/13). Die entscheidende Frage lautet daher, wo man die Erstellung der Jahresabrechnung durch Dritte einordnet: Handelt es sich um eine bloß unterstützende Handlung oder bereits um die unzulässige Delegation von Verwalterbefugnissen? Hier ist zu beachten, dass die Erstellung der Jahresabrechnung dazu dient, einen Beschluss der Wohnungseigentümer über das Zahlenwerk zu ermöglichen. Die Erstellung der Jahresabrechnung ist insoweit eine vorbereitende Verwaltungshandlung. Wenn man dies in den Vordergrund stellt, spricht wenig dafür, in der Einschaltung eines Drittunternehmens eine unzulässige Übertragung von Verwalterbefugnissen zu erblicken. Vielmehr bedient sich der Verwalter bei der Vorbereitung eines WEG-Beschlusses der Hilfe eines Dritten, ähnlich wie dies etwa bei Sanierungsbeschlüssen oder solchen über eine Rechtsverfolgung durch Einschaltung von Bauingenieuren oder Rechtsanwälten in der Praxis geschieht. Die Verantwortung für den Beschlussvorschlag übernimmt in all diesen Fällen hingegen der Verwalter, indem er sich die Vorbereitungshandlungen des Dritten zu eigen macht. Ergänzend kann man anführen, dass die Erstellung der Heizkostenabrechnung, die bekanntlich Bestandteil der Jahresabrechnung ist, bereits heute ganz verbreitet durch externe Dienstleister erfolgt, ohne dass dies bislang moniert worden wäre.

Die Rechnungslegungspflicht

Bei der rechtlichen Betrachtung darf indes nicht übersehen werden, dass § 28 WEG den Verwalter auch zur Rechnungslegung verpflichtet, die nach allgemeiner Ansicht in der Jahresabrechnung enthalten ist. Jedenfalls die Rechnungslegung dient der Kontrolle des Verwalters; ganz verbreitet wird auch der Jahresabrechnung diese Kontrollfunktion beigelegt. Genügt ein Verwalter dieser Berichtspflicht, wenn der Rechenschaftsbericht nicht aus seiner Feder, sondern aus der eines Dritten stammt? Auch an dieser Stelle mag man betonen, dass der Verwalter seine Pflichten höchstpersönlich zu erledigen habe. Überzeugender erscheint aber die Gegenposition: Auch soweit der Verwalter durch die Jahresabrechnung Rechenschaft ablegt, geschieht dies höchstpersönlich, weil er sich die Vorarbeiten des von ihm eingeschalteten Dritten zu eigen macht und daher persönlich für ihr Ergebnis einsteht.

Fazit

Ob der Verwalter die Erstellung der Jahresabrechnung unter Nutzung digitaler Kommunikationswege einem Drittunternehmen überlassen darf, ist wohnungseigentumsrechtlich noch nicht geklärt. Es sprechen gute Gründe dafür, die Frage wegen der nur unterstützenden Tätigkeit des Dritten, der gegenüber den Wohnungseigentümern nicht in Erscheinung tritt, zu bejahen. Rechtssicherheit wird die Praxis aber auch hier erst haben, wenn eines Tages der Bundesgerichtshof zu dem ­Pro­blem Stellung genommen hat.

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Lehmann-Richter, Prof. Dr. Arnold

Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin