10.12.2019 Ausgabe: 7/19

Einfach zu Hause ­arbeiten …?! Homeoffice – in Zeiten der Digitalisierung ja eigentlich überhaupt kein Problem mehr, zudem spart es Wege. Aber arbeits­rechtlich birgt es reichlich Tücken.

So unkompliziert es klingt: Zu Hause arbeiten zu können, bedeutet für Arbeitnehmer nicht nur mehr Freiheit und Flexibilität. Arbeits- und datenschutzrechtlich kann diese Möglichkeit sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber recht knifflig sein, auch mit Blick auf die gesetzliche Unfallversicherung. Und deshalb bewirkt der von Mitarbeitern geäußerte Wunsch nach einem Homeoffice bei Arbeitgebern häufig gemischte Gefühle, von Unsicherheit bis Ablehnung.

Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf für das „Recht auf Homeoffice“ auf den Weg zu bringen – er liegt aber noch nicht vor. Geplant ist dem Vernehmen nach, für alle Arbeitnehmer, deren Tätigkeit eine Beschäftigung von zu Hause aus zulässt, einen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice zu schaffen. Arbeitgeber sollen in Zukunft begründen müssen, warum sie dem Wunsch der Beschäftigten nach Heimarbeit nicht entsprechen können.

Aktuell gibt es in Deutschland also keinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice. Welche Themenkreise bei der Gewährung von Homeoffice geregelt werden sollten, wird im Folgenden beleuchtet.

Generelle Regelung der Tätigkeit im Homeoffice
Sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist, hat kein Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes oder die Ausübung seiner Tätigkeit von zu Hause aus. Umgekehrt kann ein Arbeitgeber aber einem Arbeitnehmer auch nicht einseitig die Ausübung seiner Tätigkeit von zu Hause aus zuweisen. In einem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 14.11.2018 entschiedenen Fall war der Arbeitnehmer als Ingenieur beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsortes. Der Arbeitgeber bot dem Arbeitnehmer nach einer Betriebsschließung an, seine Arbeit im „Homeoffice“ zu verrichten. Nachdem der Arbeitnehmer hierzu nicht bereit war, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Das Gericht hat die Kündigung für unwirksam gehalten, da der Beschäftige arbeitsvertraglich nicht verpflichtet war, die ihm angebotene Arbeit zu Hause zu verrichten. Der Arbeitgeber hätte ihm dies nicht aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) einseitig zuweisen dürfen.

Aus Arbeitgebersicht ist es ratsam, Arbeitnehmern keinen einseitigen und dauerhaften Anspruch auf Ausübung ihrer Tätigkeit von zu Hause aus einzuräumen. Wenn dies aus betrieblichen Gründen oder wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers irgendwann nicht mehr opportun erscheint, sollte die Möglichkeit bestehen, die Homeoffice-Tätigkeit einseitig wieder zu beenden.

Arbeitsschutz
Auch im Homeoffice fällt ein Arbeitsplatz unter die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben, z. B. in Bezug auf Ergonomie, Unfallverhütung und Arbeitssicherheit. Der Arbeitgeber muss daher, bevor er das Homeoffice gewährt, sicherstellen, dass in der Wohnung des Arbeitnehmers auch Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die für die geplante Tätigkeit geeignet sind. Der Arbeitsraum muss zu lüften und beheizbar sein, es müssen ein der Arbeitsstättenverordnung genügender Arbeitstisch, Arbeitsstuhl und EDV-Ausstattung vorhanden sein. Der Arbeitgeber muss also auch eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen. Den Arbeitsplatz selbst inspizieren muss er aber nicht, er kann sich die erforderlichen Angaben durch Befragung des Arbeitnehmers beschaffen.

Auch die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gelten für die Tätigkeit im Homeoffice. So wünschenswert es für viele Arbeitnehmer ist, beispielsweise an einem schönen Sommertag nachmittags mit den Kindern ins Freibad zu gehen und die Arbeit dann in den Abendstunden zu Hause zu erledigen – die in § 5 ArbZG angeordnete elfstündige Ruhezeit ist jedenfalls einzuhalten, bevor die Arbeit am nächsten Morgen wieder aufgenommen wird.

Datenschutz
Bei der praktischen Umsetzung der Beschäftigung im Homeoffice sind die Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers erschwert, die Einflussnahme- und Missbrauchsgefahr durch Dritte ist aber deutlich erhöht. Um den gesetzeskonformen Schutz personenbezogener Daten, die im Homeoffice genutzt oder verarbeitet werden, zu gewährleisten, sollte schon bei der Planung eines solchen Arbeitsplatzes nicht nur der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens hinzugezogen werden, auch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen sind zu treffen und schriftlich zu fixieren. Denn auch im Büro zu Hause trägt der Arbeitgeber datenschutzrechtlich die Verantwortung dafür, dass insbesondere personenbezogene Daten nicht von Unbefugten eingesehen werden können.
Ohne auf die einzelnen Anforderungen detailliert einzugehen, die eine datenschutzrechtlich sinnvolle Vereinbarung fürs Homeoffice enthalten sollte: Die Aufbewahrung von Daten innerhalb des Arbeitsraumes, dessen Verriegelung sowie die Sicherung von Eingabegeräten und Datenträgern muss geregelt sein, ferner auch die Verpflichtung, Datenübermittlungen zu verschlüsseln, und welche Arbeitsutensilien dazu zur Verfügung gestellt werden. Der Arbeitgeber sollte sich und weiteren Personen, beispielsweise aus dem ggf. vorhandenen Betriebsrat, der Schwerbehindertenvertretung, aber auch von Behörden, etwa für Arbeits- und Datenschutz, Kontroll- und Zutrittsrechte vorbehalten. Diese dürfen allerdings das grundgesetzlich geschützte Recht des Arbeitnehmers auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht über Gebühr einschränken.

Nutzung eigener Arbeitsmittel
In der Fachsprache steht das Kürzel BYOD für „bring your own device“. Darunter versteht man die einvernehmliche Nutzung von Arbeitsmitteln wie Smartphone, Laptop, Tablet, PC, die dem Arbeitnehmer gehören, um die Arbeitsleistung zu erbringen. So attraktiv das für Arbeitgeber auf den ersten Blick erscheinen mag, weil die Kosten für Anschaffung und laufenden Unterhalt entfallen, so problematisch stellt sich BYOD bei näherer Betrachtung dar: Der Arbeitgeber bleibt der datenschutzrechtlich Verantwortliche für personenbezogene Daten, auch auf Endgeräten des Mitarbeiters. Speichert der Arbeitnehmer nun bspw. Dateien des Arbeitgebers mit personenbezogenen Daten auf seinem privaten Rechner ab und machen Dritte Berichtigungs- oder Löschungsansprüche geltend, kann es – wenn der Arbeitnehmer nicht „mitzieht“ oder die Weisung des Arbeitgebers nicht befolgt – für den Arbeitgeber schwierig sein, die Berichtigung/Löschung durchzusetzen. Entsprechendes gilt für die datenschutzrechtlich gebotenen technisch-organisatorischen Maßnahmen. Was, wenn der Arbeitnehmer seinen privaten Laptop, auf dem dienstliche Daten gespeichert waren, verkauft, ohne den Arbeitgeber zu informieren und ohne die Daten zuvor gesetzeskonform zu löschen? Will man sich als Arbeitgeber dennoch im Einzelfall auf BYOD einlassen, kommt man um eine strikte Trennung privater Daten (auf die der Arbeitgeber keinen Zugriff haben darf) und dienstlicher Daten (auf die der Arbeitgeber zwingend Zugriff haben muss) nicht herum.

Die durch den dienstlichen Gebrauch der privaten Arbeitsmittel verursachten Kosten sind dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber regelmäßig entsprechend § 670 BGB zu ersetzen. Nur durch Individualabrede kann dieser Aufwendungsersatzanspruch ausgeschlossen werden, nicht aber durch einen nicht-individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag. Zulässig ist allerdings die Vereinbarung einer angemessenen Nutzungspauschale, mit dem die zu erwartenden Kosten des Arbeitnehmers abgegolten werden.

Übrigens: In Betrieben, in denen es einen Betriebsrat gibt, unterliegt die Einführung und Ausgestaltung von BYOD grundsätzlich dessen Mitbestimmung!

Gesetzliche Unfallversicherung
Generell fällt eine vom Arbeitnehmer im Homeoffice verrichtete arbeitsvertragliche Tätigkeit zwar unter die gesetzliche Unfallversicherung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Im Einzelfall können sich aber bei Unfällen während der Tätigkeit im Homeoffice Zuordnungsprobleme ergeben. Sofern das schädigende Ereignis in einem inneren Zusammenhang mit der zu verrichtenden Arbeit steht, liegt ein versicherter Arbeitsunfall vor. Die Tätigkeit ist aber nicht versichert, wenn der Arbeitnehmer eine private Verrichtung vornimmt. Bei einer mehrfach motivierten Handlung ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer die betrieblich veranlasste Tätigkeit auch ausgeführt hätte, wenn er die privaten Interessen außer Acht gelassen hätte. Die Sozialrichter sprechen von einer objektivierbaren Handlungstendenz. Diese Problematik lässt erkennen, wie wichtig es für den Arbeitnehmer ist, bei einem Unfall, der sich im Bereich der Tätigkeit im Homeoffice ereignet, exakt zu dokumentieren, was er zu diesem Zeitpunkt gemacht hat.

In einem aktuellen Fall entschied das Sozialgericht München, dass ein Arbeitnehmer, der im Homeoffice arbeitet und auf dem Gang zur eigenen Toilette verunglückt, nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt sei. Der Kläger war als Arbeitnehmer mit Zustimmung seines Arbeitgebers in einem Büro im Keller seines Hauses tätig, wo sich die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte EDV-Anlage befand und das regelmäßig auch für Besprechungen diente. Auf dem Weg zur Toilette stürzte der Beschäftige. Die daraus resultierende Verletzung machte er als Arbeitsunfall geltend. Das Sozialgericht lehnte den Anspruch ab. Der Arbeitgeber habe in den Räumlichkeiten seines Mitarbeiters keinen Einfluss auf die Sicherheit der Arbeitsumgebung. Das Homeoffice sei deshalb nicht als Teil der Betriebsstätte zu sehen (Sozialgericht München, Urteil vom 4.7.2019, Az. S 40 U 227/18,  nicht rechtskräftig). Ähnlich argumentiert die Sozialgerichtsbarkeit auch auf Gängen vom heimischen Büro in die Küche, um z. B. ein Glas Wasser zu holen.

Regelungsbedarf
Die Ausführungen zeigen, dass es durchaus klug ist, das Modell Homeoffice in vielerlei Hinsicht zu durchdenken und rechtlich wirksame Regelungen zu treffen, bevor man es in die Tat umsetzt. Dies vermeidet Streitigkeiten über das Bestehen und den Umfang der einzelnen Rechte und Pflichten, die sich allzu oft zum Nachteil des Arbeitgebers auswirken können.


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Schwartz, Tobias

Der Fachanwalt fur Arbeitsrecht sowie fur Handels- und Gesellschaftsrecht ist in der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Munchen-Bogenhausen tätig.
www.lkc.de