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01.03.2017 Ausgabe: 2/2017
(LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 18.4.2016, Az.: 16 S 151/15)
Die Mietrechtsreform 2013 zielte unter anderem darauf ab, gegen Mietnomaden schärfer vorgehen zu können. In § 940a Abs. 2 ZPO wurde daher die Möglichkeit der – vergleichsweise schnellen – einstweiligen Räumungsverfügung gegen dritte Besitzer einer Wohnung eingeführt. Eine solche Räumung kann nur durchgesetzt werden, wenn ein Vollstreckungstitel gegen alle (volljährigen) Besitzer dieser Wohnung vorliegt. Bei Wohnungen (oder auch einzelnen Räumen), die wechselnden Untermietern überlassen werden, war es vorher fast unmöglich, einen Räumungstitel zu erlangen – bis zum Abschluss des Hauptverfahrens war der jeweilige Untermieter meist aus der Wohnung wieder ausgezogen. Der rasche Wechsel von Mitbesitzern, die nicht Mitmieter sind, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers die Räumung nicht mehr verhindern. Nun muss gegen Mitbesitzer kein Hauptverfahren mehr durchgeführt werden, stattdessen kann durch einstweilige Verfügung schnell ein Räumungstitel gegen sie erlangt werden – unter der Voraussetzung, dass dem Vermieter der Besitz des Dritten erst „nach der mündlichen Verhandlung“ des Räumungsprozesses gegen den Mieter bekannt wurde. Dem Wortlaut nach enthält das Gesetz allerdings keinen Hinweis darauf, ob die mündliche Verhandlung in der ersten Instanz oder erst die mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz gemeint ist. Bei den Berufungsgerichten und in der Literatur gibt es hierzu unterschiedliche Auffassungen. Das LG Frankfurt (Oder) vertritt in dieser Entscheidung ebenso wie die herrschende Literatur die vermieterfreundliche Auffassung, nach der die Kenntniserlangung nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz genügt, um eine einstweilige Verfügung durchzusetzen, ohne den langwierigen Weg eines weiteren Hauptsacheverfahrens.
Die beklagten Mieter wurden mit erstinstanzlichem Urteil am 27.5.2015 zur Räumung verurteilt und legten Berufung ein. Mit ihr wurde am 19.10.2015 das Räumungsurteil bestätigt, den Mietern jedoch eine weitere Räumungsfrist bis zum 31.1.2016 eingeräumt. Nach dem erstinstanzlichen Urteil nahm der beklagte Mieter seinen pflegebedürftigen Vater zu sich, wovon der Vermieter im Juli 2015 erfuhr. Er erstritt gegen den pflegebedürftigen Vater im Wege der einstweiligen Räumungsverfügung nach § 940 Abs. 2 ZPO einen Räumungstitel. Die Gerichte hatten dabei zum einen zu beurteilen, ob der Vater des Mieters als naher Verwandter überhaupt „Dritter“ im Sinne des § 940 Abs. 2 ZPO ist, zum anderen, ob es für die Durchführung der einstweiligen Räumungsverfügung genügt, dass der Vermieter bereits nach Schluss der ersten Instanz Kenntnis von der Aufnahme des Vaters erlangt hatte, oder ob er, weil er dies noch vor dem Berufungsverfahren erfahren hatte, in der zweiten Instanz des Hauptsacheverfahrens einen Titel gegen den Vater hätte erwirken müssen.
Zum Begriff des „Dritten“ führt das LG Frankfurt (Oder) aus, dass Dritter im Sinne der Vorschrift jede vom Mieter verschiedene Person ist, die Besitz oder Mitbesitz an der Wohnung erlangt hat. Dies gilt nicht zuletzt für den in der Wohnung aufgenommenen Ehe- oder Lebenspartner sowie für weitere Familienangehörige, die in der Wohnung wohnen und nicht Mietvertragspartner sind. Anderes gilt nur für minderjährige Kinder, die als Besitzdiener des Mieters eingestuft werden. Weder das enge Verwandtschaftsverhältnis noch die Pflegebedürftigkeit stehen dem Mitbesitz entgegen. Ein Vollstreckungstitel im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 940 Abs. 2 ZPO kann daher gegen jeden angestrebt werden, dessen Mitbesitz einer Räumung entgegensteht.
In der Frage, ob die Kenntnis des Vermieters – noch vor Schluss der Berufungsinstanz, jedoch nach Abschluss der ersten Instanz – es zulässt, eine einstweilige Verfügung zu beantragen, widerspricht das LG Frankfurt (Oder) ausdrücklich einer Entscheidung des LG Berlin (vom 28.5.2015, Az.: 63 T 22/15): Das LG Berlin hatte die einstweilige Verfügung bei dieser zeitlichen Abfolge von erstinstanzlicher Entscheidung, Kenntnis des Vermieters und zweitinstanzlichem Verfahren gerade nicht zugelassen, mit dem Hinweis auf die Vollstreckungsvorschrift des § 767 ZPO. Er lässt Rechtsbehelfe im Vollstreckungsverfahren nur zu, wenn der Sachvortrag im Instanzenrechtszug nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die Möglichkeit zur Geltendmachung in der zweiten Instanz würde genügen.
Das LG Frankfurt (Oder) widerspricht dem aus folgendem Grund: Für die Ausdehnung der Berufungsinstanz auf den dritten Mitbesitzer gibt es große Hürden. Eine weitere Partei kann im Berufungsverfahren nur in den Prozess einbezogen werden, wenn der neue Beklagte zustimmt. Hierin liegt nach Ansicht des Berufungsgerichts auch der erhebliche Unterschied zu § 767 Abs. 2 ZPO, der auf die Geltendmachung von sachlichen Einwendungen abhebt, nicht aber auf eine Parteierweiterung, die vom Willen des (zukünftigen) Prozessgegners abhängt. Die Möglichkeit zur Parteierweiterung im Berufungsverfahren ist daher höchst ungewiss. Davon darf es also nicht abhängen, ob der Vermieter eine einstweilige Räumungsverfügung gegen den Dritten beantragen kann oder nicht. Das LG Frankfurt (Oder) eröffnet daher die Möglichkeit einer einstweiligen Räumungsverfügung, wenn der Vermieter erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlungen in erster Instanz Kenntnis erlangt. Diese Position wird auch in der Literatur zu dieser Frage vertreten.
Zu bedenken ist, dass die Möglichkeit einer einstweiligen Räumungsverfügung eine erhebliche Ausnahmevorschrift darstellt und die Rechtsprechung hierzu angesichts nur zweier vorliegender landgerichtlicher Urteile noch lange nicht als gefestigt angesehen werden kann. Wird ein Vermieter daher von einem Gericht nach Ende des Berufungsverfahrens gegen die Mieter, in dem es um eine einstweilige Räumungsverfügung gegen einen dritten Mitbesitzer geht, mit der strengen Argumentation des LG Berlin zurückgewiesen, läuft er Gefahr, ein neues Hauptverfahren gegen den Mitbesitzer anstrengen zu müssen. Währenddessen kann auch die Räumung der Mieter nicht durchgeführt werden. Um diese noch langwierigere Verzögerung zu vermeiden, scheinen Vermieter gut beraten zu sein, wenn sie versuchen, den Dritten schon in der Berufungsinstanz ins laufende Verfahren einzubeziehen. Scheitert dies – in der Regel nach wenigen Wochen – ist der Weg zur einstweiligen Räumungsverfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO jedenfalls geebnet – mit deutlich geringerer Verzögerung als bei einem weiteren Hauptsacheverfahren gegen den Dritten.
Foto: © Darren Baker / Shutterstock.com
DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.