04.03.2014 Ausgabe: 2/2014

Entweder geht’s um Geld oder ums Prinzip

Der Verwalter im Beschlussanfechtungsverfahren

Es gehört zu den Aufgaben eines Verwalters, die Wohnungseigentümergemeinschaft im gerichtlichen Beschlussanfechtungsverfahren zu vertreten. Nach § 27 Abs. 2 Nr.1 WEG ist er in diesem Zusammenhang dazu berechtigt, Zustellungen mit Wirkung für die Wohnungseigentümer entgegenzunehmen. Dazu muss man wissen, dass Klagen aus Beschlussanfechtungen nicht gegen die Gemeinschaft, sondern gegen die einzelnen Wohnungseigentümer zu richten sind.

Im Beschlussanfechtungsverfahren vertritt der Verwalter die beklagten Eigentümer gegen den oder die klagenden im so genannten Passivprozess.

Darauf kommt es an:

Der Ungültigerklärung eines Beschlusses geht ein Antrag beim zuständigen Amtsgericht innerhalb der Monatsfrist nach Beschlussfassung voraus. Innerhalb eines weiteren Monats muss die Klage begründet werden, und es ist Sache des Verwalters, die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft unverzüglich über den anhängigen Rechtsstreit und die damit verbundenen Fristen in Kenntnis zu setzen.

Gemäß § 48 Abs. 1 WEG hat das Gericht den Verwalter von Amts wegen dem Rechtsstreit beizuladen, mit dem Hinweis, dass er dabei der einen oder anderen Seite unterstützend beitreten kann, aber nicht muss. Sofern der Beitritt beabsichtigt wird, bedarf es innerhalb der Anfechtungsfrist einer Erklärung hierzu gegenüber dem Gericht (Köhler, Anwaltshandbuch Teil 14 Rn. 277). In Folge des fristgemäßen Beitritts kann der Verwalter im Prozess auch im Widerspruch zu der von ihm unterstützten Partei handeln. Ein eventuell ergehendes Urteil wird unabhängig davon, ob der Verwalter beitritt, immer auch für oder gegen ihn wirken. Hier ist genau zu betrachten, welches Verhalten des Verwalters besonders haftungsträchtig ist.

Haftungsträchtige Pflichten des Verwalters

Ausgangspunkt für das rechtswirksame Zustandekommen eines Beschlusses der Wohnungseigentümer – und damit Ansatz für Beschlussanfechtungsklagen – ist zunächst die Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter. Erst damit wird der Beschluss wirksam, und seine Feststellung bekommt konstitutive Wirkung. Auch ein fehlerhaft vom Versammlungsleiter festgestellter Beschluss bedarf der Anfechtung, um dessen Ungültigkeit herbeizu­führen.

In Frage zu stellen ist hierbei insbesondere, wie weit die Pflichten des Verwalters gehen, wenn das erforderliche Mehrheitsverhältnis für den einzelnen Beschluss unklar ist. Dies z. B. vor dem Hintergrund, dass der Verwalter bei der Abstimmung über eine Sanierungsmaßnahme vor der Entscheidung stehen kann, ob für das Zustandekommen eines Beschlusses eine Mehrheit nach § 21 WEG bzw. § 22 WEG erforderlich ist.

Soweit dies möglich ist, sollten Verwalter daher bei einer geplanten baulichen Maßnahme eine Abgrenzung zwischen Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandsetzung und Instandhaltung, der modernisierenden Instandsetzung, der Modernisierung und einer baulichen Veränderung vornehmen.

Liegt eine bauliche Veränderung vor, muss die Zustimmungspflicht gem. § 22 Abs. 1 WEG geklärt werden. Damit einher gehen Informationen über Kostenvoranschläge und den Kostenverteilerschlüssel. Die Beschlussfassung erfolgt dann über Art und Umfang der durchzuführenden Maßnahme unter Bezugnahme auf die zu Grunde liegenden Kostenvoranschläge sowie über die Kostentragungspflicht. Sind in diesem Schritt bereits alle Eigentümer namentlich erfasst, befreit dies im Sinne des § 16 Abs. 6 WEG von einem weiteren Beschluss zur Kostentragungspflicht. Abschließend sollte der Verwalter darauf hinweisen – und dies auch in die Niederschrift aufnehmen – dass ein Mehrheitsbeschluss innerhalb Monatsfrist angefochten werden muss, sofern gegebenenfalls nach § 22 Abs. 1 WEG die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich gewesen wäre.

Bei den übrigen baulichen Maßnahmen empfiehlt sich die gleiche Vorgehensweise. Sie bewahrt Verwalter vor der misslichen Lage, bei Feststellung und Bekanntgabe von Ergebnissen zu möglicherweise fehlerhaft zustande gekommenen Beschlüssen selbst entscheiden zu müssen, ob der Beschluss angenommen wurde oder nicht. Im Falle eines Falles kommt es letztendlich zur Rechtmäßigkeitskontrolle durch das Gericht und gerade nicht durch den Verwalter.

Sofern ein Beschluss mangels erforderlicher Mehrheit nicht zustande kommt (sog. Negativbeschluss), kann der initiierende Wohnungseigentümer ebenfalls anfechten und rügen, dass sein Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verletzt wurde. Die Darlegungs- und Beweislast ist hier jedoch erdrückend, so dass aus Sicht des Verwalters in der Wohnungseigentümerversammlung lediglich in Einzelfällen Hinweise zu einem anderen „Abstimmungsverhalten“ erforderlich sind.

Strittige Abrechnungen

Beschlussanfechtungsverfahren werden auch häufig zur Aufstellung des Wirtschaftsplanes sowie zur Aufstellung und Vorlage der Jahresabrechnung geführt. Streitgegenstand des Beschlussanfechtungsverfahrens ist die Ungültigerklärung des Beschlusses über die Jahresabrechnung, nicht die Jahresabrechnung selbst. Einem Verwalter, der wissentlich eine gesetzes-, vereinbarungs- oder beschlusswidrige Jahresabrechnung vorlegt und damit schuldhaft zu einer Beschlussanfechtung beiträgt, können die Prozesskosten gem. § 49 Abs. 2 WEG auferlegt werden.

Ausschlaggebend für die Beurteilung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung. Das bedeutet, dass Unterlagen, die vom Verwalter nach diesem Zeitpunkt nachgereicht werden, auch dann unbeachtlich bleiben und den Beschluss nicht mehr retten können, wenn sie die Abrechnung noch nachvollziehbar machen. Trotz laufender Beschlussanfechtungsverfahren bleiben angegriffene Beschlüsse bis zu einer eventuellen rechtskräftigen Ungültigerklärung durch das Gericht wirksam und Verwalter für ihre Umsetzung verantwortlich. Ergangene Urteile sind in die Beschluss-Sammlung mit umfassendem Tenor aufzunehmen. Dies gilt im Einzelfall auch für Vergleiche, die die ursprüngliche Beschlusslage verändern.

Ratschlag für den Verwalter

Verwalter sollten bereits im Vorfeld einer Wohnungseigentümerversammlung Vorkehrungen für eindeutige und anfechtungssichere Beschlussfassungen mit größter Sorgfalt treffen und dabei die Einhaltung aller Formalien strikt beachten. Sinnvoll ist es zudem, im Verwaltervertrag eine Prozessvollmacht für Aktiv- und Passivprozesse festzuschreiben, die im Sinne einer effektiven Vertretung der Wohnungseigentümer dazu befugt, einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung zu betrauen.

Foto: © Onypix / Shutterstock.com

Locke, Katrin

Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist
in der Dresdner Kanzlei „Locke Borchardt Rechtsanwälte“ und zudem als Mediatorin und Lehrbeauftragte an der TU Dresden tätig.
www.locke-borchardt.de