10.03.2022 Ausgabe: 2/22

Erleichterung für Eigentümergemeinschaften? - Ohne Gewinnerzielungsabsicht entfällt für kleinere PV-­Anlagen und BHKW die Einkommensbesteuerung.

Mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF­-Schreiben) vom 2. Juni 2021 (BStBl 2021, S. 722) hatte die Finanzverwaltung eine Verfügung erlassen, nach der bestimmte kleine Photovoltaik­ Anlagen (PV) und vergleichbare Block­heizkraftwerke (BHKW) auf Antrag für die Einkommensbesteuerung in allen noch offe­nen Fällen ausgenommen werden sollten. Die umsatzsteuerliche Behandlung bleibt hingegen auch nach der Vereinfachungs­regelung in diesem und dem BMF­Schrei­ben vom 29. Oktober 2021 unverändert.

Nach der ursprünglichen Verwaltungs­anweisung vom 2. Juni 2021 sollten die Erleichterungen ausschließlich für PV-­Anla­gen mit einer installierten Leistung von bis zu zehn Kilowatt (kW) und BHKW bis 2,5 kW elektrischer Leistung gelten, sofern sie auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein-­ und Zweifamilienhausgrundstücken genutzt werden. Diese Einschränkung wurde durch das BMF­-Schreiben vom 29. Okober 2021 aufgehoben. Somit gilt die Vereinfachungs­regelung unabhängig von der Grundstück­art, also auch für Mehrfamilienhäuser, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, die nachfolgend noch näher beschrieben werden. Weiterhin ist nicht mehr Voraus­setzung, dass der Betreiber der „kleinen Anlage“ gleichzeitig auch Grundstücks­eigentümer ist. Die Erleichterungen könn­ten daher im Zweifel auch von einem Mieter in Anspruch genommen werden. Was sind nun die Kernpunkte der neuen Verwaltungsregelungen?


Die Anlagengröße
Zunächst wird in den Verwaltungsanweisun­gen auf die Größe der Anlagen abgestellt. Konkretisiert wurde die Leistungsgrenze im BMF­Schreiben vom 29. Oktober 2021 und nunmehr auf zehn kW/kWp für PV-­Anlagen begrenzt, wobei „p“ für „peak“ (Leistungs­spitze) steht, da Anlagen mit einer Leistung von zehn kWp durchaus eine geringfügige Überschreitung der Zehn-­kW-­Grenze aufweisen können. Für die vergleichbaren BHKW wurde lediglich klargestellt, dass sich die 2,5-­kW-­Grenze auf die elektrische Leis­tung der Anlage bezieht. Bei der Berechnung der Leistungsgrenzen werden mehrere von einem Steuerpflichtigen betriebene Anlagen zu einem einzigen Betrieb zusammengefasst. Damit ist es nicht möglich, den Antrag auf Befreiung von der Einkommensteuer nur für einzelne Anlagen zu stellen.


Eigennutzung oder Einspeisung in das öffentliche Stromnetz
Die Verwendung des erzeugten Stroms ausschließlich für eigene Wohnzwecke bzw. zur Einspeisung in das öffentliche Strom­netz ist von besonderer Bedeutung und schließt damit die Nutzung durch einen Mieter grundsätzlich aus. Der Verbrauch in gemieteten Räumen ist lediglich dann unschädlich, wenn die jährlichen Mietein­nahmen 520 Euro nicht überschreiten. Dies würde z. B. für den Fall der gelegentlichen Vermietung eines Gästezimmers gelten. Weiterhin ist auch die Nutzung des selbst erzeugten Stroms für das häusliche Arbeits­zimmer unschädlich. Wird die PV­Anlage bzw. das BHKW durch eine Eigentümerge­meinschaft betrieben, wäre auch in diesem Fall die ausschließliche Nutzung für eigene Wohnzwecke durch sämtliche Miteigentü­mer bzw. die Einspeisung in das öffentliche Netz unabdingbare Voraussetzung. Inso­fern sollte der Hinweis im BMF­Schreiben vom 29. Oktober 2021 unter Tz. 5 nicht missverstanden werden, soweit dort ausge­führt wird, dass es bei einer Mitunterneh­merschaft ausreicht, wenn der Strom von mindestens einem Mitunternehmer privat zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Mit dem ebenfalls dort aufgeführten Bei­spiel 6 wird deutlich, dass diese Regelung nur z. B. für ein räumlich getrennt leben­ des Ehepaar gelten kann, wenn die Eigen­nutzung nur durch einen Partner erfolgt.


Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme
Für kleine PV­-Anlagen oder BHKW kön­nen die Vereinfachungsregelungen dann in Anspruch genommen werden, wenn sie nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurden. Einen Sonderfall stel­len die sogenannten ausgeförderten Anla­gen dar, die vor dem 1. Januar 2004 bzw. vor mehr als 20 Jahren in Betrieb genom­men worden sind. Da für diese Anlagen die ursprünglich hohen Einspeisevergütungen ausgelaufen sind, kann auch hier der Antrag zum Verzicht auf die Einkommensbesteu­erung (Übergang zur Liebhaberei) gestellt werden, soweit die übrigen Voraussetzun­gen ebenfalls erfüllt sind.


Antragstellung und Fristen
Für Altanlagen, die vor dem 31. Dezem­ber 2021 in Betrieb genommen wurden, kann dem zuständigen Finanzamt bis zum 31. Dezember 2022 formlos erklärt werden, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden und es sich daher um eine steuerlich unbeachtliche Liebhabe­rei handelt.

Bei Neuanlagen, die nach dem 31. Dezem­ber 2021 in Betrieb genommen werden, ist der Antrag bis zum Ablauf des Veran­lagungszeitraums zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt. Abwei­ chend hiervon ist der Antrag für die aus­ geförderten Anlagen bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen, der auf den Veranlagungszeitraum folgt, in dem letztmalig die erhöhte garantierte Einspei­severgütung gewährt wurde (Tz. 10 des BMF­Schreibens vom 29. Oktober 2021).

Wohnungseigentümergemeinschaften müssten einen solchen Befreiungsantrag wohl bei dem Finanzamt stellen, welches bisher für die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständig war. Allerdings dürfte es zwingend notwendig sein, vor der Antragstellung einen entspre­chenden Beschluss durch die Eigentümer­gemeinschaft einzuholen.


Folgewirkung der Antragstellung auch für die Vergangenheit?
Mit der Antragstellung, die PV-­Anlage bzw. das BHKW nunmehr außerhalb der Einkünfteerzielungsabsicht (Liebhaberei) zu behandeln, werden alle Gewinne und Verluste einerseits für die Zukunft, ande­rerseits aber auch für die Vergangenheit nicht mehr steuerlich berücksichtigt, sofern Veranlagungen früherer Jahre noch nicht endgültig abgeschlossen sind. Vor einer möglichen Antragstellung sollte daher geprüft werden, ob sich auf den Steuer­bescheiden der Vorjahre Vermerke fin­den, die auf einen „Vorbehalt gem. § 164 Abs. 1 AO“ oder die „Vorläufigkeit gem. § 165 Abs. 1 AO“ hinweisen. Während der „Vorbehaltsvermerk“ nach Ablauf der regelmäßigen Festsetzungsfrist von vier Jahren verjährt, behält die „Vorläufigkeits­ erklärung“ (z. B. hinsichtlich bisher erklär­ter Verluste) bis zur endgültigen Klärung bzw. Prüfung und anschließenden Aufhe­bung durch das Finanzamt ihre Gültigkeit.


Auswirkungen auf den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG
Soweit im Zusammenhang mit der Anschaffung einer PV­Anlage bzw. eines BHKW der Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch genommen wurde, entfällt die­ser nicht durch die Inanspruchnahme der hier angesprochenen Vereinfachungsrege­lung, da keine schädliche Verwendung i. S. d. § 7g Abs. 4 EStG vorliegt.


Vereinfachungsregelung als Wahlrecht
Nach dem Wortlaut der BMF­-Schreiben vom 2. Juni und 29. Oktober 2021 ist auf schriftlichen Antrag der Steuerpflichtigen aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungs­zeiträumen zu unterstellen, dass die hier angesprochenen Anlagen ohne Gewinn­ erzielungsabsicht betrieben werden und es sich daher um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei handelt. Insoweit wird den Anla­genbetreibern ausdrücklich das Wahlrecht zugestanden, von dieser Vereinfachungsre­gelung Gebrauch zu machen. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Gewinnerzie­lungsabsicht weiterhin nach den allgemeinen Grundsätzen des Abschnitts H 15.3 Amtli­ches Einkommensteuer­-Handbuch (EStH) zu prüfen ist, falls die Vereinfachungsregelung nicht in Anspruch genommen wird.


Umsatzsteuer
Die mit den BMF-Schreiben für Betreiber kleinerer Anlagen eröffnete Möglichkeit zum Verzicht auf die Besteuerung nach den ertragsteuerlichen Vorschriften hat keine Auswirkung auf die Umsatzsteuer. Soweit in der Vergangenheit Vorsteuerbeträge z. B. aus den Anschaffungskosten einer Anlage durch das Finanzamt erstattet worden sind, bleiben diese erhalten. Umsatzsteuererklärungen sind auch weiterhin dem Finanzamt einzurei­chen. Vielfach werden die Betreiber kleinerer Anlagen jedoch die „Kleinunternehmerrege­lung“ nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Anspruch genommen haben, wodurch die umsatzsteuerliche Abwicklung ohnehin keine Bedeutung hätte.


FAZIT
Die nunmehr eröffnete Möglichkeit zum Verzicht auf die ertragsteuerliche Behandlung der kleinen PV-Anlagen und BHKW dürfte sowohl vielen Anlagenbe­treibern als auch der Finanz­verwaltung nicht nur eine Menge Bürokratieaufwand ersparen, sondern auch die damit verbundenen Kos­ten, die oftmals in keinem angemessenen Verhältnis zu den geringen Erträgen stehen, die mit solchen klei­nen Anlagen erzielt werden. Ob und in welchem Aus­maß diese Erleichterungen sich auch auf Eigentümer­gemeinschaften auswirken, bleibt jedoch abzuwarten, da ja bereits die Vermie­tung eines einzigen Wohn­eigentums die Anwendung der Vereinfachungsregelung ausschließen würde.
 

Wilhelmy, Wolfgang

Der Steuerberater betätigt sich auch als Autor und Referent im Wohnungs­eigentumsrecht.
www.steuerberater-­wilhelmy.de