22.01.2020 Ausgabe: 8/19

Es gibt viel zu tun! Die heutige Immobilienverwaltung bietet vielfältige neue Ertragsmodelle – ­Zukunftschancen für Verwalter.

Als ich vor 30 Jahren meine Berufsausbildung begann, unterschied sich die Verwaltung von der heutigen immens. Hin und wieder klingelte das Telefon, ab und an ging ein Fax ein, und die Tagespost war überschaubar. Von Reaktionszeiten, einer Erreichbarkeit von 24/7 und erst recht von der Digitalisierung war keine Rede. Heute nun sagen die einen Kollegen: „Was waren das noch für schöne Zeiten!“, während die anderen längst auf dem Weg sind zur Verwaltung 4.0. Dieser Wandel ist selbstredend mit einem Fingerschnipsen nicht zu erreichen, neue Medien- und Software-Lösungen unterstützen ihn aber mit vielfältigen Möglichkeiten.

Chancen der Verwaltung 4.0
Natürlich ist die heutige Verwaltung ist nicht mehr das, was sie einst war: Aus dem Verwalter, der im Wesentlichen auf Anrufe und Zuschriften reagiert und ausführt, was ihm damit aufgetragen wird, ist eher ein Immobilienmanager geworden, der Gebäude proaktiv betreut und bewirtschaftet. Die Verwaltung 4.0 bietet mit vielfältigen Möglichkeiten neue Chancen, sich auf dem Markt zu präsentieren und den Leistungsumfang für Kunden zu erweitern. Befördert wird diese Entwicklung zum einen durch den Fortschritt der Digitalisierung, zum anderen durch die Gesetzgebung. Allein die Einführung des Bestellerprinzips für die Wohnraumvermietung hat dazu geführt, dass viele Verwaltungen in den betreuten Liegenschaften nun direkt für die Eigentümer tätig werden: Indem sie die Miet- und Sondereigentumsverwaltung übernehmen, generieren sie Zusatzeinnahmen. Diese Leistung lässt sich trefflich nicht nur für die Miet­objekte im Verwaltungsbestand anbieten, sondern natürlich allen Eigentümern aller vermieteten Eigentumswohnungen im Bestand. Es lohnt sich, für diese Zusatzleistung aktiv zu werben, z. B. indem man die Eigentümer regelmäßig darüber informiert – in einem ­Schreiben oder mit einem Flyer, den man Briefen oder E-Mails beifügt.

Warum das Geschäft anderen überlassen?
Zusätzliche Einnahmen und Gewinne lassen sich aber auch auf anderen Gebieten erzielen: Hausmeisterservice, Hausreinigung und die Heizkostenabrechnung bieten dazu Gelegenheit. Wer nun die Augen verdreht, weil er sich fragt, wie das wohl umzusetzen sei, dem sei eine nähere Betrachtung der Abrechnungsbranche empfohlen: Welche Gewinnmargen dort erzielt werden, ist wohl hinreichend bekannt. Zahlreiche Dienstleister übernehmen bereits das gesamte Gerätemanagement für Verwaltungen, sodass diese lediglich die Abrechnung noch selbst erstellen müssen. Häufig verfügt das genutzte ERP-System bereits über diese Funktion, womit noch nicht einmal eine gesonderte Software erforderlich ist. Der Mehraufwand für den Datenaustausch mit den Abrechnungsunternehmen entfällt, und die Verwaltung bekommt die erbrachte Leistung sogar zusätzlich vergütet.

Es lohnt sich, kreativ zu sein.
Nicht nur an den Bewerbungen um die Branchenauszeichnung Immobilienverwalter des Jahres des VDIV Deutschland zeigt sich, wie kreativ einige Verwaltungen mittlerweile geworden sind. Auch Bettina Adams, Mitgeschäftsführerin der als Unternehmensberatung und -makler für Immobilienverwaltungen tätigen Dr. Adams Consulting GmbH, löste beim Forum Zukunft des VDIV Deutschland in Weimar eine Diskussion aus. Sie berichtete, dass Verwaltungen Zusatzeinnahmen erzielen, indem sie Rauchwarnmelder selbst erwerben und an ihre Eigentümergemeinschaften vermieten. In einer Bewerbung um den Immobilienverwalter des Jahres findet sich das Beispiel eines Unternehmens, das in Wohnquartieren eigene Servicepoints einrichtet und betreibt, um den Bewohnern Zusatzleistungen anzubieten, etwa die Annahme von Paketsendungen, die Vermietung von Veranstaltungsräumen für private Feste, Blumen gießen oder das Auffüllen des Kühlschranks, für Bewohner, die nach längerer Abwesenheit wieder nach Hause kommen.

Zugegeben, das Beispiel Servicepoint ist hoch gegriffen und nur für wenige Verwaltungen realisierbar. Möglichkeiten für das Angebot von Zusatzleistungen stecken aber in jeder Immobilie – immer vorausgesetzt, dass sich daraus keine Kickback-Zahlungen für die Vermittlung von Leistungen der ordnungsgemäßen Verwaltung ableiten lassen. Da aber jede WEG-Verwaltung sich auf das Gemeinschaftseigentum bezieht, nicht auf das Sondereigentum, bietet eben dies viel Raum für neue Ertragsmodelle. Werden von der Verwaltung also beispielsweise neue Rahmenverträge für Gas, Strom und Versicherungen ausgehandelt, warum nicht auch gleich für die Sondereigentümer mit? So können diese die Konditionen für den Strom- und Gasverbrauch in ihren Wohnungen über ihre Verwaltung buchen, und die Vermittlung von Hausrat- und Haftpflichtversicherungen bringt nicht nur Provisionen ein, sondern wird von Kunden als Service wahrgenommen.

Ein Kollege erzählte mir einst, dass er jahrelang Kontakte zu guten Handwerkern wie Malern, Elek­trikern und Klempnern einfach an seine Sondereigentümer weitervermittelt hatte. Von den guten Leistungen und Preisen profitierten allein sie – und die Gewerke von den Aufträgen. Die Verwaltung ging dabei leer aus. Nun verlangt sie für die Vermittlung von Arbeiten im Sondereigentum von den Handwerkern eine Provision.

Diese Beispiele zeigen auf, dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, die Einnahmesituation zu verbessern. Natürlich muss man all diese Nebeneinkünfte kritisch hinterfragen und entscheiden, welche Leistungen man Sondereigentümern tatsächlich anbieten will und kann.

Die Medien nutzen
So manche gute Gelegenheit wird von Verwaltungen aber auch schlicht verschenkt: So sind doch Werbeplatzierungen im Internet heute selbstverständlich. Warum also nicht auch gezielt Anzeigen von kooperierenden Unternehmen auf der eigenen Website platzieren?

Auch das Modell kostenloser Werbebroschüren, die sich über Anzeigenverkäufe finanzieren, dürfte vielen bekannt sein. Unsere Imagebroschüren haben wir früher von einem Dienstleister auf diese Weise erstellen lassen – bis wir einmal nachgerechnet haben. Die errechnete Gewinnmarge veranlasste uns dazu, dies nun selbst in die Hand zu nehmen. Mit unserer selbst produzierten und über Anzeigen refinanzierten Imagebroschüre erzielen wir seitdem einen nicht unerheblichen Gewinn.

Dies alles sind nur Beispiele, die die Bandbreite der Möglichkeiten aufzeigen sollen und sicherlich nicht überall auf Zustimmung stoßen, sondern vielleicht zu Diskussionen führen werden. Sie sollen keine Anleitung sein, sondern lediglich den Horizont erweitern. Letztlich muss jede Verwaltung selbst entscheiden, was für sie passend, denkbar und machbar ist. Auch wir haben das in unserem Unternehmen getan und sorgsam abgewägt, was umsetzbar, zu verantworten und für die Eigentümer akzeptabel ist. Die Rolle und Aufgabe des Verwalters muss dabei stets klar definiert bleiben. Unserer Erfahrung nach wurden Zusatzleistungen von Eigentümern überwiegend positiv aufgenommen und auch gern genutzt. Weil wir die dafür anfallenden Kosten immer offen kommuniziert haben, gab es auch in dieser Hinsicht niemals Missverständnisse oder Kritik.


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Michels, Ralf

Der Geschäftsführer der A.S. Hausverwaltungs- & Projektentwicklungs-GmbH ist Präsidiumsmitglied des VDIV Deutschland.