21.04.2016 Ausgabe: 3/2016

Fassadendämmung? Aber natürlich!

Neuartige Fassadendämmsysteme setzen auf nachwachsende Rohstoffe: zum Beispiel Hanf.

Dass Wärmedämmung viele Vorteile bietet, ist mittlerweile hinreichend bekannt. Der Energieverbrauch einer Immobilie lässt sich damit um bis zu 30 Prozent senken. Das ist gut für den Geldbeutel und freut die Umwelt. Ersteres in Hinblick auf die Einsparung von Heizkosten durch geringeren Energieverbrauch, Letzteres durch den so bedingten verminderten CO2-Ausstoß.

Ein Dämmstoff, der nachwächst

Die Zukunft der umweltfreundlichen Fassadendämmung könnte in einer der ältesten Kulturpflanzen der Welt liegen: Hanf. Außergewöhnliche Robustheit, Belastbarkeit und geringe Feuchtigkeitsaufnahme sind ideale Eigenschaften für die Herstellung langlebiger und vielseitig einsetzbarer Baustoffe. Zudem lässt sich Hanf zu einem herkömmlich aufgebauten Wärmedämmverbundsystem (WVDS) verarbeiten, ohne dass bestehende Verarbeitungsprozesse angepasst oder verändert werden müssen. Als „grüne“ Alternative zu gängigen WVDS aus Polysterol ergänzt es die Angebotspalette um eine Lösung, die durch ihre bauphysikalischen und ökologischen Eigenschaften Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit bietet. Neben einer effektiven Wärmedämmung überzeugen WVDS auf Hanfbasis von Caparol durch wirksamen Hitzeschutz und optimale
Schalldämmung. Der hoch diffusionsoffene Aufbau erzeugt darüber hinaus ein gesundes und behagliches Wohnklima zu jeder Jahreszeit.

Der Aufbau des Systems

Auf eine Hanffaserdämmplatte mit hervorragenden Wärmedämm- und Schallschutz-Eigenschaften werden eine mineralische Armierungsmasse und ein Armierungsgewebe aufgebracht, deren Widerstandsfähigkeit eine hohe Lebensdauer gewährleistet. Zur Ausführung auf der Fassade werden ein diffusionsoffener, wasserabweisender mineralischer Deckputz und die individuelle Fassadenfarbe aufgebracht, wobei alle Komponenten dieser Systemlösung aufeinander abgestimmt sind.

Die Ökobilanz

Hanf wächst bei sonnigem Wetter bis zu 4 Meter in 100 Tagen – man kann also fast dabei zusehen. Das Erstaunliche daran: Hanfpflanzen benötigen dafür keinerlei Düngemittel und sind derart schädlingsresistent, dass auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ebenfalls komplett verzichtet werden kann. Der regionale Anbau sorgt für kurze Transportwege, was wiederum die CO2-Emissionen reduziert. Da Fasern, Stroh und Samen wertvolle Rohstoffe für die Produktion von Nahrung, Kleidung und Medizin liefern, gestaltet sich auch die Nutzung der Hanfpflanze äußerst effizient. Zudem bindet Hanf Kohlendioxid aus der Luft – schon während der Wachstumsphase nimmt die Pflanze mehr davon auf als unser Wald. Zu Pellets verarbeitet weist Hanf darüber hinaus den gleichen Brennwert wie Braunkohle auf, und zwar ohne Einfluss auf den Treibhauseffekt. Die nahezu CO2-neutrale Hanfproduktion setzt sich als positive Ökobilanz durch den gesamten Lebenszyklus fort: Der Dämmstoff ist vollständig recycelbar und damit durchaus eine Alternative für alle, die bei der Fassadendämmung über die Grenzen ihres Eigentums hinausdenken.


Als Rohstoff seit Jahrhunderten bewährt

Die Verarbeitung von Hanf als eine der ältesten Kulturpflanzen ist bereits auf 5000 vor Christus datiert: Extrem robuste Hanfsehnen machten den Bogen zur effektiven Waffe. Auch die ersten „Outdoor-Jacken“ wurden aus Hanffasern gefertigt: Schon im alten Ägypten, Griechenland und Rom wurde Hanfkleidung auf Grund ihrer geringen Feuchtigkeitsaufnahme geschätzt. Unübertroffen ist Hanf seit jeher zudem in der Seefahrt: 80 Prozent aller Taue und Segel wurden Jahrhunderte lang aus Hanf gefertigt. Johannes Gutenberg druckte 1455 die erste Bibel auf Hanfpapier, die erste Levi‘s Jeans aus Hanf war gegen Ende des 19. Jahrhunderts die bis dato unverwüstlichste Arbeitshose. Doch auch heute kommt Hanf vielfältig zum Einsatz. Die Automobilindustrie etwa nutzt ihn für die Herstellung von Faserverbundstoffen und Formpressteilen. Seit mittlerweile zehn Jahren wird Hanf als natürliches und überaus leistungsfähiges Dämmmaterial verwendet, das mit hochwertigen mineralischen Beschichtungen individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bietet – von hellen pastellfarbenen Nuancen bis zu kräftigen, dunklen oder sogar Effektfarben, unterschiedliche Putzstrukturen für akzentuierende Oberflächen inklusive.

Zum nachlesen:

Das Thema Wärmedämmung wurde in DDIVaktuell bereits mehrfach von Fachleuten aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Wir verweisen hier auf Beiträge von Andrea Huss in Ausgabe 8/14 und Dr. Ray Galvin in Ausgabe 3/15. Die Hefte stehen online zum Nachlesen und zum Download zur Verfügung:
www.ddivaktuell.dehttp://www.ddivaktuell.de


Böhm, Falk

Der Architekt ist im Objektmanagement der DAW Deutsche Amphibolin-Werke von Robert Murjahn für die Wohnungswirschaft verantwortlich.