22.01.2018 Ausgabe: 1/2018

Fehlerhafte Abrechnungsbeschlüsse

Sind fehlerfreie, anfechtungssichere ­Abrechnungsbeschlüsse überhaupt machbar? Ja! Welche häufigen Fehler leicht vermieden werden können – und was die Folgen einer gerichtlichen (Teil-) Ungültigerklärung sind:

Nicht um die selbstverständliche Einhaltung der Formalia jeder Beschlussfassung soll es hier gehen, sondern um das Gebot der Bestimmtheit von Beschlüssen. Dagegen wird bei Abrechnungsbeschlüssen häufig auf zweierlei Weise verstoßen. Die erste Variante: Beschlüsse mit Korrekturvorbehalt. So lautete bspw. der Beschluss in einem vom LG München I entschiedenen Fall (Urt. v. 27.10.2015 – Az. 36 S 22442/15, ZMR 2017, 8): „Die Jahresabrechnung 2015 wird beschlossen; ggf. noch vorzunehmende Korrekturen sind in der Jahresabrechnung 2016 vorzunehmen.“ Worum es bei den „vorzunehmenden Korrekturen“ geht, bleibt bei einem solchen Beschluss offen; aufgrund des Korrekturvorbehalts ist deshalb eine durchführbare Regelung nicht mehr erkennbar, mit der Folge, dass der ganze Beschluss (und nicht nur der Korrekturvorbehalt) anfechtbar bzw. nichtig ist. Denn weder der Korrekturvorbehalt noch die Genehmigung einer sehenden Auges – wenn auch nur in kleineren Punkten – falschen Jahresabrechnung entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Aus dem gleichen Grund ist auch der Beschluss einer Jahresabrechnung unter einer Bedingung, z. B. „vorbehaltlich einer Prüfung durch den Verwaltungsbeirat“, anfechtbar. Durch Bedingungen wird stets eine mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung unvereinbare Unsicherheit über den Inhalt und die Wirksamkeit des Abrechnungsbeschlusses begründet. Deshalb gilt: Wenn eine Abrechnung nicht beschlussreif ist, muss ihr die Genehmigung versagt und der Beschluss auf einer weiteren Versammlung nachgeholt werden.

Varianten der Unbestimmtheit

Eine zweite Variante besteht darin, die zu beschließende Jahresabrechnung ungenau zu bezeichnen. Oft lautet der Beschluss nur: „Die Jahresabrechnung 2016 wird genehmigt.“ Ob die Jahresabrechnung damit ausreichend genau bezeichnet ist, ist allerdings umstritten. Das LG Dortmund hatte im Urteil vom 30.6.2017 (Az. 17 S 232/16, ZMR 2017, 759) dagegen keine Einwände, weil – was ja der Normalfall ist – die betreffende Abrechnung bereits mit der Einladung verschickt worden war. Aber es gibt auch strengere Meinungen, und jedenfalls dann, wenn mehrere Versionen der Abrechnung kursieren, muss die beschlossene Version genauer bezeichnet werden. Das ist ohnehin generell zu empfehlen, zumal es einfach zu bewerkstelligen ist; der Beschluss kann bspw. lauten: „Die mit der Einladung zur Versammlung versandte Jahresabrechnung 2016, Druckdatum 17.5.2017, wird beschlossen.“ Die meisten Musterformulare sehen darüber hinaus vor, im Beschluss nicht nur von der „Jahresabrechnung“, sondern ausdrücklich von „Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen“ zu sprechen; das verlangte auch einmal das LG Gera (Urteil vom 16.2.2015 – 5 S 23/14, ZMR 2015, 481, wobei allerdings der dem Fall zugrunde liegende Beschlusstext nicht mitgeteilt wird). Die Formulierung „Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen“ ist zwar unschädlich, aber überflüssig, denn die Jahresabrechnung hat zwingend mehrere Bestandteile. Zu dem mit der Einladung verschickten „Rechenwerk Jahresabrechnung“ gehören außer der Gesamtabrechnung und den Einzelabrechnungen bekanntlich auch der Kontenabgleich, die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage und (nicht obligatorisch) häufig auch noch ein Vermögensstatus. Diese Bestandteile müssen nicht einzeln genannt werden, denn wenn „die Jahresabrechnung“ beschlossen wird, sind die Einzelabrechnungen „automatisch“ umfasst.

Mangelnde Schlüssigkeit

Zum Inhalt der Abrechnung: Der häufigste „materielle“ Grund, aus dem heraus Gerichte Jahresabrechnungsbeschlüsse für ungültig erklären, ist der, dass es der Abrechnung an der Nachvollziehbarkeit bzw. an der rechnerischen Schlüssigkeit fehlt. Dabei ist auch diesem seit Jahrzehnten unverändert geltenden Erfordernis ganz einfach Genüge getan: Es muss eine Gesamtabrechnung der Einnahmen und Ausgaben (nach dem Zu- und Abflussprinzip) geben, und die Kontenstände zum Anfang und zum Ende des Abrechnungsjahres sind auszuweisen. Liegt dies vor, lässt sich der zum Nachweis der Schlüssigkeit erforderliche Kontenabgleich nach der Formel „Anfangsbestand plus Einnahmen minus Ausgaben gleich Endbestand“ ohne Weiteres darstellen. Die Musterabrechnung 2.0 des vnwi (erhältlich über den DDIV-Shop) macht vor, wie's geht! Dass an dieser Stelle keine (mit dem Zu- und Abflussprinzip unvereinbaren) Abgrenzungen auftauchen dürfen, liegt auf der Hand. Fehlen die Gesamtabrechnung oder die Kontenstände, ist die Abrechnung nicht prüfbar und wird zur Gänze – also auch in Bezug auf die Einzelabrechnungen – für ungültig erklärt. Der früher ins Spiel gebrachte „Ergänzungsanspruch“ spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr, denn heute ist anerkannt, dass es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, eine unvollständige oder nicht prüfbare Abrechnung zu beschließen (vgl. nur LG Rostock, Urteil vom 30.6.2017 – 1 S 143/16, ZMR 2017, 835).

Gründe für Teilungültigkeit

Selbstverständlich sind in den Einzelabrechnungen die richtigen Verteilerschlüssel zu verwenden. Wird aber einmal ein falscher Schlüssel eingesetzt, hat dies im Normalfall keine drastischen Auswirkungen; im Falle der Anfechtung wird regelmäßig nur eine Teilungültigerklärung die Folge sein, die keinen hohen Streitwert hat. Nach ständiger Rechtsprechung müssen materielle Mängel der Jahresabrechnung nämlich nicht zwangsläufig zur Ungültigerklärung des (ganzen) Genehmigungsbeschlusses führen. Vielmehr kann die Anfechtung und die Ungültigerklärung auf einzelne Positionen beschränkt werden, wenn es sich um einen rechnerisch selbstständigen und abgrenzbaren Teil der Abrechnung handelt und wenn der Abrechnungsfehler keine Auswirkung auf andere Rechnungspositionen hat (BGH, Urteil vom 3.6.2016 – V ZR 166/15, ZWE 2017, 43). Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Miteigentümer, die nur einen Teilaspekt der Abrechnung monieren (z. B. die fehlerhafte Verteilung der Heizkosten), den Abrechnungsbeschluss unbeschränkt anfechten, also ohne im Klageantrag deutlich zu machen, dass es sich um eine Teilanfechtung handelt. Wenn eine solche Klage hinsichtlich des beanstandeten Teils der Abrechnung Erfolg hat, müssen die Kläger trotzdem den Großteil der Prozesskosten tragen. Denn für den Streitwert der Klage ist der (unbeschränkte) Antrag und nicht die Begründung maßgeblich; und soweit die Kläger gegenüber der beantragten Gesamtungültigerklärung verlieren, sind ihnen die Verfahrenskosten entsprechend anteilig aufzuerlegen (so z. B. LG Berlin, Beschluss vom 8.4.2016 – 53 T 9/16, ZMR 2016, 557).

Wird ein Abrechnungsbeschluss nur teilweise für ungültig erklärt, bspw. indem einzelne Positionen der Einzelabrechnungen wegen fehlerhafter Verteilerschlüssel aufgehoben werden, kommt dadurch zwangsläufig auch das Ergebnis der Einzelabrechnungen in Wegfall. Man kann das Ergebnis nicht nachträglich an die weggefallenen Positionen anpassen. Nach dem LG Frankfurt/M. (Urteil vom 17.2.2016 – 13 S 225/13, ZMR 2016, 559) muss eine gerichtliche Entscheidung den Wegfall der Ergebnisse sogar ausdrücklich erwähnen, z. B. wie folgt: „Der unter TOP 1 auf der Eigentümerversammlung vom 20.3.2013 gefasste Beschluss über die Hausgeldabrechnung 2012 wird hinsichtlich der Ergebnisse der Einzelabrechnungen („Abrechnungsspitze“) für ungültig erklärt. Die Einzelabrechnungen werden hinsichtlich der Positionen … für ungültig erklärt.“ Die meisten Gerichte begnügen sich aber damit, im Urteil die für ungültig erklärten Teile der Abrechnung aufzuführen und sprechen den Wegfall der Ergebnisse nicht besonders aus. Praktisch wirkt sich der Wegfall der Ergebnisse der Einzelabrechnungen übrigens kaum aus, denn bis das Urteil ergeht, werden alle Eigentümer bereits (freiwillig oder zwangsweise) etwaige Nachzahlungen geleistet haben. Hier ist zu beachten, dass eine Anfechtung – ob ganz oder teilweise – kein Grund dafür ist, von der Beitreibung abzusehen: Die Anfechtung hat keine aufschiebende Wirkung; Hausgeldzahlungen gemäß beschlossener Abrechnung sind zu leisten (und einzutreiben), solange der Abrechnungsbeschluss nicht (ganz oder teilweise) für ungültig erklärt wurde (LG Düsseldorf, Urteil vom 31.5.2017 – 25 S 52/16, ZWE 2017, 319). Unabhängig davon ist es ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung, nach einem gerichtlichen Urteil über die (ganz oder teilweise für ungültig erklärte) Jahresabrechnung erneut zu beschließen. Der Verwalter hat sie neu aufzustellen; und damit er aus dieser Pflicht nicht entlassen wird, ist auch eine etwaige beschlossene Entlastung (sofern angefochten) für ungültig zu erklären.

Foto: © Marie Maerz / Shutterstock.com


VDIV Aktuell Autor - Dr. David Greiner
Greiner, Dr. David

Rechtsanwalt, Fachanwalt für 
Wohnungseigentumsrecht, Bau- und Archi­
tektenrecht, Kanzlei Dr. Greiner & Partner Rechts­
anwälte mbB, Tübingen 
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