19.10.2016 Ausgabe: 7/2016

Fortgesetzter Verstoß gegen Mieterpflichten nach rechtskräftigem Urteil als Kündigungsgrund

(BGH, Urteil vom 13.4.2016, Az.: VIII ZR 39/15)

DAS THEMA

Der BGH konkretisiert mit diesem Urteil die Kündigungsrechte des Vermieters wegen fortgesetzter Pflichtverletzung des Mieters. Darüber hinaus macht er weitere Andeutungen zu den Möglichkeiten des Mieters, sich hinsichtlich einer Zahlungsunfähigkeit zu entlasten.

DER FALL

Der beklagte Mieter zeigte dem Vermieter bereits im Jahr 2010 ein Aufwölben des Bodens und Schimmelbildung an verschiedenen Stellen der Wohnung an und minderte die Miete um 25 Prozent, da er die Schimmelbildung auf bauseitige Mängel zurückführte. Die Parteien führten einen Vorprozess, in dem der Vermieter die Zahlung der einbehaltenen Miete sowie die Kosten der Schadenbeseitigung geltend machte, weil er, zunächst gestützt auf ein Privatgutachten, den Mieter wegen falschen Lüftungs- und Heizverhaltens für die Mängel verantwortlich machte. Dies wurde dem Vermieter durch rechtskräftiges Urteil zugesprochen. Allerdings konnte der Vermieter seinen Schadensersatzanspruch nie realisieren, da der Mieter arbeitslos wurde und die Vermögensauskunft abgab.
In den Folgejahren verstieß der Mieter erneut gegen seine Verpflichtung zum sachgemäßen Heizen und Lüften und behauptete  nach wie vor ausdrücklich, dass die Schimmelbildung auf bauseitige Mängel zurückzuführen sei. Er zeigte wiederholt Mängel wegen Schimmel an und machte deshalb Mietminderungen geltend. Daraufhin sprach der Vermieter im Januar 2013 eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus und stützte diese zum einen darauf, dass der Mieter die Zahlung auf Schadensersatz nicht erfüllt habe, zum anderen darauf, dass der Mieter nach wie vor seine rechtskräftig festgestellten Pflichten vernachlässige und dadurch eine Verwahrlosung bzw. erhebliche Gefährdung der Wohnung zu befürchten sei. Das Amtsgericht hat dem Räumungsanspruch zunächst stattgegeben, das Landgericht allerdings wies ihn in der Berufungsinstanz zurück. Der BGH schließt sich nunmehr weitgehend der Auffassung des Amtsgerichts an.
Zwar lässt der BGH offen, ob die Nichtzahlung der Schadenersatzforderung nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen ein Recht zur außerordentlichen Kündigung begründet. Die außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 3 BGB setzt den Verzug mit der Mietzinszahlung voraus. Hier hat der Schuldner in jedem Fall für seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einzustehen. Bei der Schadensersatzforderung aus dem ersten Prozess handelt es sich aber nicht um Mietzinszahlungen, sodass eine Kündigung lediglich nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht kommt. Hier kann den Mieter eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit entlasten. Der BGH lässt allerdings offen, ob für das fehlende Verschulden bereits genügt, dass der Mieter eine Vermögensauskunft abgibt, nach der weitere Vollstreckungsmaßnahmen zumindest auf absehbare Zeit sinnlos sind.
Der BGH stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass das Fehlverhalten des Mieters, das der Vermieter in seiner Kündigung ebenfalls thematisiert und als Kündigungsgrund angegeben und näher bezeichnet hatte, jedenfalls für eine ordentliche Kündigung wegen Zerrüttung des Mietverhältnisses ausreicht. Wenn der Mieter sein mangelhaftes Lüftungs- und Heizverhalten trotz des rechtskräftigen Urteils im Vorprozess tatsächlich nicht geändert hat und weiterhin beharrlich leugnet, für die Feuchtigkeitsschäden verantwortlich zu sein, darüber hinaus wegen der gleichen Mängel auch noch weitere Mietminderungen geltend macht, stellt dies eine schwerwiegende und auch schuldhafte Vertragsverletzung dar.
Der BGH konnte den Fall nur deshalb nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht
fälschlicherweise in seinem Urteil diese Themen nicht aufgegriffen und darüber auch nicht Beweis erhoben hatte. Die Sache musste daher an eine andere ­Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen ­werden.

VERWALTERSTRATEGIE

Bei Ausspruch einer Kündigung sind Hausverwaltungen gut beraten, alle vorliegenden Kündigungsgründe im Einzelnen darzustellen. Soweit die Kündigung nicht auf bestimmte Kündigungsgründe gestützt ist, können diese nur noch nachgeschoben werden, wenn sie sich zeitlich nach der Kündigung ergeben haben.
Zum Heizungs- und Lüftungsverhalten des Mieters ist noch darauf hinzuweisen, dass Mietern ganz konkrete Verhaltensvorgaben gemacht werden sollten. Allgemein gehaltene Broschüren oder ein Verweis auf zahlreiche Veröffentlichungen im Internet genügen nicht. Im vorliegenden Fall scheinen die entsprechend konkreten Anweisungen jedoch spätestens im Urteil des Vorprozesses niedergelegt worden zu sein.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.