14.10.2021 Ausgabe: 6/21

Gemeinschaftseigentum vermieten - Was dabei steuerrechtliche Probleme aufwirft, und warum sie sich in der Praxis mehr oder weniger in Luft auflösen.

Die Vermietung stellt eine zulässige Form des Gebrauchs von Gemeinschaftseigentum dar und kann deshalb als Gebrauchsregelung gem. § 19 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) beschlossen werden. Mietverträge dürfen auch eine lange Laufzeit haben, so der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 8.4.2016, Az. V ZR 191/15, ZMR 2016, 888), unkündbar dürfen bzw. können sie aber nicht sein, sonst würde die Überlassung  auf ein (dauerhaftes) Sondernutzungsrecht hinauslaufen, das nur im Wege der Änderung der Teilungserklärung begründet werden kann. Gründe für die Vermietung (oder Verpachtung, was letztlich auf das Gleiche hinausläuft) gemeinschaftlicher Flächen gibt es viele, beispielsweise um die Nutzung begehrter, aber rarer gemeinschaftlicher Stellplätze auf zulässige Art zu regeln: Im Losverfahren, nach einem gerechten Punktesystem oder anderen Kriterien kann entschieden werden, wer einen Stellplatz anmieten darf, so das Landgericht München I (Urteil vom 11.5.2017, Az. 36 S 11050/16, ZMR 2017, 925). Das Hausdach kann zwecks Aufstellung einer Photovoltaikanlage (an einen Miteigentümer oder an einen externen Investor) vermietet werden, was nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Gemeinschaftskasse ist (siehe dazu ­vdivaktuell 3/21, S. 32). Der konkrete Beschluss der Vermietung muss – wie jeder Beschluss – natürlich den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dazu und zum Inhalt der Mietverträge ließe sich noch viel schreiben. Aber darum soll es hier nicht gehen, sondern um die mit der Vermietung erzielten Einkünfte und deren steuerrechtliche Behandlung.

Einnahmen einer ­Eigentümergemeinschaft
Wie werden Mietzahlungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft behandelt? Sie fließen als Einnahmen in die Gesamtabrechnung des jeweiligen Kalenderjahres ein und werden in den Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Verteilerschlüssel (üblicherweise gemäß § 16 Abs. 1 WEG nach Miteigentumsanteilen) auf alle Eigentümer verteilt – problemlos.

Nun zum Steuerrecht: Betrachten wir zunächst die ertragsteuerliche Seite, also die Frage, wer nach § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“ versteuern muss. Man sollte meinen, dies seien Einkünfte der Gemeinschaft, die ja gem. § 9a WEG uneingeschränkt rechtsfähig ist und deshalb – nicht anders als bspw. eine GmbH – ertragsteuerpflichtig sein könnte. Das sieht der Bundesfinanzhof (BFH)  bislang – wohlgemerkt: unter Geltung des alten WEG – anders: Im Urteil vom 20.9.2018 (ZWE 2019, 332) legt er unter Hinweis auf die in § 10 Abs. 6 WEG a. F. geregelte „Teilrechtsfähigkeit“ dar, warum eine Eigentümergemeinschaft nicht selbst ertragsteuerpflichtig ist und dass ihre Einkünfte den Miteigentümern als „Mitunternehmern“ zuzurechnen sind. Nach aktuellem, durch die WEG-Reform 2020 geänderten Recht ist die Eigentümergemeinschaft aber nicht mehr nur teil-, sondern vollrechtsfähig. Überhaupt ist sie jetzt strukturell anderen Verbänden gleichgestellt und letztlich als juristische Person zu betrachten. Die im Urteil des BFH angeführten Argumente sind deshalb nach Meinung des Verfassers überholt, was aber nichts an der aktuellen Verbindlichkeit ändert. Infolgedessen ist zur steuerrechtlich relevanten Ermittlung der Mieteinkünfte der Eigentümergemeinschaft und ihrer Verteilung auf die Miteigentümer („Mitunternehmer“) grundsätzlich ein gesondertes und einheitliches Feststellungsverfahren nach §§ 180ff. Abgabenordnung (AO) durchzuführen. Auf der Grundlage des entsprechenden Feststellungsbescheids des Finanzamts können bzw. müssen die Miteigentümer dann den auf sie entfallenden Anteil an den Mieteinnahmen in ihren jeweiligen Steuererklärungen angeben. Die Erstellung einer solchen „Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung“, welche die Gemeinschaft zusammen mit einer Einnahmen- und Überschussrechnung gemäß Anlage EÜR abgeben muss, ist sehr aufwändig, weil bspw. Eigentümerdaten wie Steuernummer und Geburtsdatum anzugeben sind, die der Verwaltung im Normalfall gar nicht bekannt sind. Insbesondere bei Eigentümerwechseln müssen – anders als in der Jahresabrechnung – Einkünfte dem aktuellen und dem früheren Eigentümer je zeitanteilig zugeordnet werden; all das ist ohne Steuerberater kaum möglich. Verwaltungen sollten darauf achten, dass ein Beschluss zur Vermietung sie rein vorsorglich zugleich auch ermächtigt, bei Bedarf auf Rechnung der Gemeinschaft ein Steuerberaterbüro zu beauftragen.


Ein Fall von geringer Bedeutung
Bislang ist es allerdings unüblich, bei der Vermietung von Gemeinschaftseigentum das geschilderte Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung anzuwenden. Eine Ausnahmebestimmung erspart Eigentümergemeinschaften diesen Aufwand: Gemäß § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO kann die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung unterbleiben, wenn „es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen.“ Die Höhe der Einnahmen und deren Verteilung stehen aber fest, weil sich beides aus der Jahresabrechnung ergibt. Aus gutem Grund also verlangt die Finanzverwaltung bislang regelmäßig keine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Mieteinkünften einer Gemeinschaft. Das erwähnte BFH-Urteil scheint aber Zweifel gesät zu haben, ob es dabei bleiben wird. In dem Urteil ging es um die steuerliche Behandlung von Einnahmen einer Gemeinschaft; allerdings nicht um Mieteinkünfte, sondern um Einnahmen aus der Strom­einspeisevergütung. Die Gemeinschaft betrieb ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und speiste Strom in das öffentliche Netz ein. Der BFH lehnte für diesen Fall die Anwendung des § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO mit der Begründung ab: „Ein Fall von geringer Bedeutung liegt vor, wenn leicht überschaubare Verhältnisse zu beurteilen sind. Diese Voraussetzung ist nach Ansicht der Finanzverwaltung bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft z. B. dann gegeben, wenn Zinsen aus der Anlage der Instandhaltungsrücklage erzielt werden.“ Teils wurde daraus geschlossen, dass allein bei Zinseinnahmen von einem solchen Fall geringer Bedeutung auszugehen sei – ein Trugschluss. Missverständlich ist auch das Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 22.1.2020 (Az. 3 K 1065/16, ZWE 2020, 353), in dessen Leitsätzen steht: „Für eine Wohnungseigentumsgemeinschaft […] ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO durchzuführen, soweit die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich unter Einsatz von Gemeinschaftseigentum Einkünfte erzielen. […] Für die im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft stehenden Wirtschaftsgüter (hier: Garage und Stellplätze), die sie gemeinschaftlich und nicht als Einzelpersonen vermietet haben, ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen.“ Dies ist im Prinzip richtig und unstreitig, aber insofern verkürzt, als der Zusatz fehlt: „… sofern nicht ein Fall von geringer Bedeutung i. S. v. § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO vorliegt“. Der vom FG Köln entschiedene Fall, in dem die Gemeinschaft u. a. Werbungskosten, also im Zusammenhang mit der Vermietung stehende Aufwendungen, von ihren Einkünften abgezogen hatte, war offenbar nicht von geringer Bedeutung, weshalb das Finanzamt zu Recht einen Feststellungsbescheid erlassen hatte. Dem (reichlich komplizierten) Urteil ist jedenfalls keine verallgemeinerungsfähige Aussage des Inhalts zu entnehmen, dass Mieteinkünfte einer Eigentümergemeinschaft generell kein Fall von geringer Bedeutung i. S. v. § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO seien.

Wie steht es um die Umsatzsteuer?
Die gute Nachricht zuerst: Die Vermietung von Gemeinschaftsflächen wie Dach, Garten oder Räumen ist gem. § 4 Nr. 12 S. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer befreit. Nun die (nur auf den ersten Blick) schlechte Nachricht: Für die Vermietung von Stellplätzen gilt diese Umsatzsteuerbefreiung nicht (§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG). Muss eine Eigentümergemeinschaft die Umsatzsteuer  in den Mietverträgen über Stellplätze ausweisen und Umsatzsteuererklärungen (Voranmeldungen, Jahresmeldungen) abgeben? Wohl kaum. Im Normalfall wird sie unter die „Kleinunternehmerregelung“ des § 19 Abs. 1 UStG fallen: Übersteigen die Einkünfte aus der Vermietung von Stellplätzen im vo­rangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht und werden sie im laufenden Kalenderjahr nicht über 50.000 Euro liegen, muss keine Umsatzsteuer erhoben werden. Eine besondere Erklärung gegenüber dem Finanzamt ist somit nicht erforderlich.

Praxistipp
Jedenfalls dann, wenn mit Mieteinnahmen keine Ausgaben verrechnet werden, können Verwaltungen ohne Weiteres von einem Fall geringer Bedeutung ausgehen und davon absehen, beim Finanzamt eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Mieteinkünfte einzureichen. Unabhängig davon sind die Einnahmen wie erwähnt natürlich in der Jahresabrechnung zu verteilen. Sinnvollerweise, aber nicht zwingend, findet sich darin ein Hinweis, dass die Eigentümer ihre anteiligen Einkünfte aus der Vermietung in ihren Steuererklärungen selbst angeben müssen. Ob sie dieser Pflicht nachkommen oder nicht, muss die Verwaltung nicht interessieren.

Fotos: © BCFC / Shutterstock.com


Greiner, Dr. David

Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht sowie für Bau- und Architektenrecht in Tübingen.
www.greiner.one