30.08.2018 Ausgabe: 6/2018

Gewerbe vs. Wohnraum

Wo bestehen wesentliche Unterschiede in der ­Gestaltung der Mietverträge?

Bekanntlich ist nach dem Gesetz der Wohnraummieter schutzwürdiger als derjenige, der sich Geschäftsraum mietet. Denn sein Mietobjekt ist in der Regel sein Zuhause, dasjenige des Gewerbemieters – in der Regel – nicht. Für den Großteil der den Mieter schützenden Regeln des Gesetzes gilt, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Wohnraummieters von diesen gesetzlichen Vorgaben abweichen, unwirksam sind. Aber eben nur zulasten des Wohnraum- und nicht des Gewerberaummieters. Einige gesetzliche Regelungen finden von vornherein auf das Gewerberaummietrecht keine Anwendung.

Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Die vertraglichen Gestaltungsspielräume wären extrem weit, wenn sich Vermieter und Mieter eines Geschäftsraumes an einen Tisch setzen und ohne jede Vorlage völlig frei einen Mietvertrag aushandeln würden. Dieses Bild spiegelt jedoch die Realität nicht wider. Bei der Verwaltung von Gewerbeimmobilien werden in der Regel vom Vermieter bzw. seinem Verwalter Vertragsformulare verwendet, die dem Mieter – entsprechend ausgefüllt – als Angebot unterbreitet werden. Damit werden die an sich bestehenden Freiheiten erheblich eingeschränkt. Die in Form von Formularklauseln getroffenen Regelungen unterliegen auch im Gewerberaummietrecht der AGB-Kontrolle. Ist eine Regelung beispielsweise mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes unvereinbar, so kann sie als Individualvereinbarung wirksam sein, während sie als Formularklausel unwirksam ist.

Die Vertragslaufzeit

Gravierende und AGB-rechtlich unbedenkliche Vorteile ergeben sich für die Regelung der Vertragsdauer. Der Vertrag über Geschäftsraum kann ohne Begründung befristet abgeschlossen werden, der Wohnraummietvertrag nicht. In Letzterem kann eine wirksame Befristung nur vorgesehen werden, wenn hierfür einer der in § 575 BGB genannten Gründe, insbesondere Eigenbedarf, besteht und dies dem Mieter schriftlich beim Abschluss des Vertrages mitgeteilt wird. Verständigen sich dagegen die Parteien eines Gewerberaummiet­vertrages auf eine feste Laufzeit von fünf Jahren, dann ist auch nach fünf Jahren Schluss, und zwar ohne Wenn und Aber.

Die Mietsicherheit

Große Unterschiede gibt es auch bei der Mietsicherheit. Die zugunsten des Mieters zwingenden Regelungen des § 551 BGB finden auf den Gewerberaummietvertrag keine Anwendung. Regelungen zur Mietsicherheit sind – auch AGB-rechtlich – regelmäßig unkritisch. Während der Höchstbetrag der Mietkaution in der Wohnraummiete im Grundsatz bei drei Monatsmieten liegt, kann mit dem Geschäftsraummieter ein deutlich höherer Betrag vereinbart werden. Die Grenze liegt bei einem Betrag, der schikanös außerhalb eines nachvollziehbaren Sicherungsinteresses des Vermieters liegt. Wo diese Grenze erreicht ist, hängt vom Einzelfall ab, u. a von der Laufzeit des Vertrages. Läuft der Vertrag nur drei Monate, wäre die Vereinbarung des Sechsfachen der Monatsmiete unwirksam, wenn keine sonstigen Gründen, beispielsweise ganz erhebliche Rückbaukosten, diese Höhe nachvollziehbar erscheinen lassen. Die Gewerberaummietparteien können wirksam vereinbaren, dass eine Barkaution nicht zu verzinsen ist. Im Wohnraummietvertrag wäre diese Vereinbarung unwirksam. Und schließlich: Anders als im Wohnraum­mietrecht, in dem die Sicherheit in drei Teilleistungen erbracht werden darf und nur die erste bei Mietbeginn fällig ist, ist die Vereinbarung der vollständigen Vorfälligkeit im Gewerberaummietvertrag zulässig. Hat der Mieter die Kaution dann vor Mietbeginn nicht vollständig erbracht, kann sich der Vermieter auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen und die Übergabe der Geschäftsräume an den Mieter verweigern. Der von vornherein finanzschwache Mieter erlangt so in manchen Fällen gar nicht erst den Besitz an den Geschäftsräumen, und es bleibt dem Vermieter ein aufwändiger Räumungsprozess mit anschließender Räumungsvollstreckung und den in der Regel damit einhergehenden Mietaus­fällen erspart.

Die Betriebskosten

Ein Feld, das große kreative Entfaltungsmöglichkeiten bei der Gestaltung des Gewerberaummietvertrages eröffnet, sind die Betriebskosten. Während der Vermieter von Wohnraum nur die in § 2 der Betriebskostenverordnung vorgesehenen Kosten auf den Mieter abwälzen kann, kann der Gewerberaumvermieter auch diverse andere Kosten auf den Mieter umlegen. Dazu gehören insbesondere die Verwaltungskosten, deren Umlage in der Wohnraummiete ausdrücklich ausgeschlossen ist. Wichtig ist aber, dass im Mietvertrag genau beschrieben wird, welche konkreten Kosten abgewälzt werden sollen. Nur wenn sich der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages zumindest ein grobes Bild davon verschaffen kann, welche Kosten auf ihn zukommen werden, ist die Umlagevereinbarung wirksam. So reicht es nach der Rechtsprechung des BGH nicht aus, wenn dem Ladenmieter in einem Einkaufszentrum die Kosten des „Centermanagements“ auferlegt werden, ohne dass die Leistungen, die das Centermanagement erbringt, beschrieben sind. Das gilt vor allem, wenn neben den Kosten des „Centermanagements“ auch die der „Verwaltung“ vom Mieter getragen werden sollen, weil dann erst recht unklar ist, welche Kosten sich hinter den Posten „­Center­management“ verbergen.

Anders als im Mietvertrag über Wohnraum kann im Geschäftsraummietvertrag auch vorgesehen werden, dass der Mieter die Kosten von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen zu tragen hat. Da das Erhaltungsrisiko nach dem Gesetz dem Vermieter obliegt (§ 535 BGB), wäre dessen vollständige Abwälzung auf den Mieter eine mit dem Grundgedanken des Gesetzes nicht mehr zu vereinbarende Abweichung. Formularklauseln mit einem solchen Inhalt wären unwirksam. Wenn derartige Formularklauseln eine Obergrenze bezüglich der Kostenbelastung des Mieters vorsehen, können sie nach aktueller Rechtsprechung wirksam sein. In der Rechtsprechung und der juristischen Fachliteratur wird die Höchstgrenze bei zehn Prozent, in der Praxis häufig bei sieben bis acht Prozent der Jahresnettokaltmiete pro Abrechnungsjahr gesetzt. Der BGH hat sich bislang nicht festgelegt.

Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung

Als Individualvereinbarung wäre es möglich, im Geschäftsraummietvertrag die Instandhaltungs- und Instandsetzungslast vollständig auf den Mieter abzuwälzen. Denkbar sind beispielsweise Vertragsgestaltungen, in denen der Mieter keine oder eine nur äußerst geringe Miete zu zahlen verpflichtet ist, dafür aber die Erhaltungslast an den Geschäftsräumen insgesamt übernimmt.

Als Formularklausel können solche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf den Mieter abgewälzt werden, die ausschließlich Folgen des Mietgebrauchs durch den Mieter oder allein seiner Risikosphäre zuzuordnen sind. Das sind die Maßnahmen im Inneren des Mietobjektes. Die Klausel muss aber Ausnahmen für solche Arbeiten vorsehen, die infolge anfänglicher Mängel oder Schäden notwendig werden, die durch Dritte, für die der Mieter nicht einzustehen hat, verursacht wurden. Um die hier vorgestellten, aber auch eine Vielzahl weiterer Vereinbarungen rechtssicher zu formulieren, kann mit gutem Gewissen die Ein­holung von Expertenrat empfohlen werden.

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Breiholdt, Ruth

Die Rechtsanwältin ist Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Kanzlei W.I.R Breiholdt Nierhaus Schmidt, Hamburg.
www.wir-breiholdt.de