18.05.2020 Ausgabe: vdivDIGITAL 2020

Go digital! - Wie Unternehmen der Immobilienbranche bei Digitalisierungsvorhaben von staatlicher Förderung profitieren können.

Mit der Digitalisierung können – basierend auf immer effektiveren Wegen der Kommunikation sowie des Informationsflusses – einerseits Wachstumseffekte und Effizienzgewinne in laufenden Prozessen erzielt, aber auch neue, meist datengestützte Geschäftsmodelle etabliert werden. Viele Verantwortliche ergreifen bereits entsprechende strategische Maßnahmen, um diese Effekte für ihre Unternehmen zu nutzen. Dennoch zeigt sich gerade in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), also dem oft zitierten Rückgrat der deutschen Wirtschaft, hierzu bislang ein ambivalentes Bild.

Studien wie die Unternehmerbefragung 2019 der KfW, die zuletzt veröffentlichten Fassungen des Monitoring Report Wirtschaft Digital des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) oder der Bitkom Digital Office Index machen schnell deutlich, dass die genannten Unternehmen in diesem Kontext zwar über ein wachsendes Bewusstsein verfügen. Im Vergleich zu großen Unternehmen existieren aber signifikante Verbesserungspotenziale.

Tendenz uneinheitlich
Es gibt verschiedene Hemmnisse, die häufig den Aufschub von Digitalisierungsmaßnahmen im eigenen Unternehmen verursachen können. Hierzu gehören neben der notwendigen Finanzierung beispielsweise auch die hohen Anforderungen an Datensicherheit bzw. Datenschutz. Hinzu kommen der Fachkräftemangel bzw. das Fehlen bereits vorhandener und ausbaufähiger IT-Kompetenzen sowie die Herausforderung, existierende IT-Systeme umzustellen und die Unternehmens- bzw. Arbeitsorganisation entsprechend anpassen zu müssen. Nicht zuletzt wird auch der unzureichende Breitbandausbau häufig als Grund für die passive Haltung mittelständischer Unternehmen genannt. Dennoch sind sich viele Experten einig, dass ein Versäumnis der Unternehmer, rechtzeitig die notwendigen Digitalisierungsmaßnahmen in ihren Betriebsstätten einzuleiten, in vielen Branchen über kurz oder lang zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ­führen wird.

Das gehört auf die To-do-Liste
Grundsätzlich sollte der Weg der digitalen Transformation von KMU als Kausalkette von verschiedenen aufeinander aufbauenden Phasen verstanden werden. Zu Beginn steht neben der Beschaffung des zwischenzeitlich zur Grundausstattung gehörenden Basisequipments wie PCs, Laptops, Mobiltelefone oder Tablets vor allem die Realisierung einer sichtbaren und modernen Präsenz im Internet. Die entsprechende Website sollte dabei interaktiven Spielraum für eine fortgeschrittene User Experience bieten, beispielsweise durch ein integriertes Shopsystem oder Konfigurations-Tool. Daneben sollte die Einführung von E-Business-Lösungen fester Bestandteil jeder To-do-Liste sein. Hierzu zählt beispielsweise die Digitalisierung übergeordneter Inhouse-­Prozesse wie das Rechnungswesen oder die Buchhaltung, aber auch die ­Einführung vollständiger Managementsysteme.

Aufbauend auf diese zunächst effizienzsteigernden Maßnahmen, sollte es dann im Interesse des Unternehmens liegen, die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten für Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen voranzutreiben, die ihm in dieser Form zuvor verschlossen waren. Reine Rationalisierungsverfahren und analogisches Denken können auf Dauer nicht die eigene Wettbewerbsfähigkeit gegenüber neuen, innovativeren Produkten sichern. Nicht zuletzt, weil die zu erfüllenden Wünsche und Bedürfnisse des Kunden bei diesen inzwischen längst das entscheidendere Zielkriterium darstellen. So können auch innerhalb der Immobilienbranche einige Umbrüche der letzten Jahre auf die Einführung interaktiver Plattformen oder vergleichbare Maßnahmen zurückgeführt werden. Das Schlüsselelement für die zugehörigen Geschäftsmodelle sind meist Daten, die durch die Digitalisierung der eigenen Prozesse sowie die Integration entsprechender Technologien in Produkte generiert werden können. Besagte Daten müssen jedoch auch geschützt werden. Die Etablierung eines Informationssicherheitsstandards sollte daher ebenfalls zu den Grundbemühungen der Unternehmer gehören. Hierzu zählt sowohl die IT-Sicherheit ihrer Hardware, als auch die stetige Gewährleistung der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität ihrer Daten insgesamt.

Hier gibt es Geld vom Staat
Um all diesen Herausforderungen besser begegnen zu können, wurden in Deutschland sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene in den vergangenen Jahren verschiedene Förderprogramme ins Lebens gerufen. Hierzu zählt das Programm go-digital des BMWi. Es richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft inkl. des Handwerks mit einer Betriebsstätte oder Niederlassung in Deutschland, die über weniger als 100 Beschäftigte sowie einen Vorjahresumsatz oder eine Vorjahresbilanzsumme von höchstens 20 Mio. Euro verfügen.

Seit Beginn der Laufzeit im Sommer 2017 wurden durch go-digital bereits über 1 700 Unternehmen in verschiedenen Bereichen der Digitalisierung mit 50 Prozent der zugehörigen Nettoausgaben bis zu einem maximalen Projektvolumen von 33.000 Euro gefördert. Die Anwendungsbereiche sind hierbei in drei Module unterteilt.

Das Modul „Digitalisierung von Geschäftsprozessen“ konzentriert sich auf die Einführung zuvor bereits erwähnter Software-Lösungen fürs E-Business in Gesamt- oder Teilprozessen der Unternehmen. Hierzu zählen beispielsweise die Einführung zeitgemäßer Managementsysteme wie ERP, CRM, DMS und PLCM, aber auch die Digitalisierung des Rechnungswesen oder die Einführung eines elektronischen Zahlungsverfahrens. Für Immobilienmakler hat sich hier beispielsweise die Einführung eines CRM-Systems als interessanter Ansatzpunkt erwiesen.

Das Modul „Digitale Markterschließung“ widmet sich der Umsetzung professionellen Online-Marketings, das auch in der Immobilienbranche längst essenzieller Bestandteil der Geschäftsstrategie ist. Neben der Entwicklung zugehöriger Konzepte zählen hierzu vor allem die Programmierung eines modernen, rechtssicheren Web-Auftritts inkl. Onlineshop, ergänzt durch dessen Anbindung an Social Media Plattformen sowie zugehörige Suchmaschinenoptimierungen.

Im Modul IT-Sicherheit soll die im KMU bestehende oder geplante IKT-Infrastruktur zunächst einer Risiko- und Sicherheitsanalyse unterzogen werden. Dabei aufgedeckte Schwachstellen werden bereinigt und darauf aufbauend die Grundlagen zur Etablierung eines Informationssicherheitsmanagements nach den Standards des BSI IT-Grundschutzes oder der ISO/IEC 27001 im Unternehmen geschaffen.

Gut beraten und begleitet
Die Beratungs- und Umsetzungsleistungen in den KMU werden vor Ort von speziell autorisierten Beratungsunternehmen durchgeführt, die ihre Befähigung zur Wahrnehmung der Aufgabe anhand verschiedener Kriterien zuvor bewiesen haben. So müssen sie neben der nötigen fachlichen Expertise über eine mehrjährige wirtschaftliche Stabilität verfügen. Hinzu kommt die Anerkennung gängiger Qualitätsstandards innerhalb des vorgestellten Kontextes sowie die Verpflichtung zur Durchführung einer marktneutralen Beratung.

Der aus Sicht der KMU vielleicht größte Vorteil von go-digital besteht aber darin, dass ihnen die komplette administrative Antragsabwicklung bis zur finalen Abrechnung durch die autorisierten Beratungsunternehmen abgenommen wird. Die KMU können sich damit vollständig auf die Beratungs- und Umsetzungsleistungen in den von ihnen gewählten Bereichen der Digitalisierung konzentrieren. Sie müssen lediglich „ihr“ Beratungsunternehmen aus einer im Internet veröffentlichten Beraterlandkarte wählen, die alle erforderlichen Daten für eine erste Kontaktaufnahme bereits für sie bereithält.

Foto: © Sfio Cracho / Shutterstock.com


Schmitz-Hertzberg, Dr. Sebastian Tim

Der Projekt­leiter für go-digital ist bei der Euronorm GmbH tätig, einem Projektträger des BMWi.
www.euronorm.de