21.04.2016 Ausgabe: 3/2016

Grenzfälle

Eingangstüren und Fenster grenzen das Sondereigen­tum vom Gemeinschaftseigentum ab. Aber wozu gehören sie, und wer ist folglich für sie zuständig?

Die Unterscheidung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum ist im Wohnungseigentumsrecht von zentraler und wesentlicher Bedeutung. Von der Zuordnung eines Gebäudebestandteiles zum Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum hängt zum Beispiel ab, ob für die Instandhaltung und Instandsetzung der Sondereigentümer alleine verantwortlich ist oder alle Eigentümer gemeinsam zuständig sind. An die Frage der Verantwortlichkeit für die Instandhaltung und Instandsetzung eines Gebäudebestandteils schließt sich die weitere Frage der Kostentragungspflicht, d. h. die Zuordnung eines Gebäudebestandteils zum Sonder- oder Gemeinschaftseigentum entscheidet grundsätzlich auch darüber, ob ein Sondereigentümer die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung dieses Gebäudebestandteils alleine zu tragen hat, oder ob es sich insoweit um gemeinschaftliche Kosten handelt. Gerade die Frage der Kostentragungspflicht und die damit verbundene  Kostenverteilung ist in der wohnungseigentumsrechtlichen Praxis ein gängiges und häufiges Problem und Streitfeld. Deshalb ist die  Unterscheidung und Abgrenzung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum in der Praxis von wesentlicher Bedeutung. Dies soll anhand der Klassiker „Wohnungseingangstüren“ und „Fenster“ näher beleuchtet werden.

Sonder- oder Gemeinschaftseigentum?

Für Wohnungseingangstüren und Fenster, die sich im räumlichen Bereich des Sondereigentums befinden und das Gebäude nach außen hin oder zum Gemeinschaftseigentum hin abgrenzen, hat der BGH inzwischen klargestellt, dass sämtliche Bestandteile der Wohnungseingangstüren und Außenfenster zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen. Laut Urteil vom 25.10.2013 (ZWE 2014, 81) stehen Wohnungseingangstüren nicht im Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers, sondern sind selbst dann zwingend Teil des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer, wenn die Teilungserklärung die Tür dem Sondereigentum zuordnen sollte. Wohnungseingangstüren stehen räumlich und funktional in einem Zusammenhang sowohl mit dem Sonder- als auch dem Gemeinschaftseigentum, weil sie der räumlichen Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum dienen. Erst durch ihre Einfügung wird die Abgeschlossenheit der dem Sondereigentum zugewiesenen Räume hergestellt, die vorliegen soll, damit Sondereigentum entstehen kann (§§ 3 Abs. 2 S. 1, 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG). Weil sie damit räumlich und funktional (auch) zum Gemeinschaftseigentum gehören, steht die gesamte Tür als einheitliche Sache im gemeinschaftlichen Eigentum. Gemeinschaftseigentum sind demnach das Türblatt und der Türrahmen, die Türklinke, der Türbeschlag sowie der Anstrich oder die Beschichtung jeweils an bzw. auf der Außenseite der Tür. Nachdem die gesamte Tür als einheitliche Sache im gemeinschaftlichen Eigentum steht, stehen auch der Anstrich und die Beschichtung auf der Innenseite der Tür (Türblatt und Türrahmen) sowie die Türklinke und der Türbeschlag an der Innenseite der Tür im Gemeinschaftseigentum, was aber nicht zwingend bedeutet, dass der Innenanstrich der Tür nicht verändert werden darf. Mit Urteil vom 22.11.2013 (ZWE 2014, 125) hat der BGH klargestellt, dass für Fenster dasselbe gilt. Festzuhalten bleibt also, dass  Eingangstüren/Abschlusstüren (also auch Balkon- und Terrassentüren) von Sondereigentumseinheiten sowie Außenfenster im räumlichen Bereich des des Sondereigentums insgesamt als jeweils einheitliche Sache zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum stehen. Regelungen in der Teilungserklärung, mit denen Wohnungseingangstüren und/oder Außenfenster im räumlichen Bereich des Sondereigentums oder lediglich Bestandteile hiervon dem Sondereigentum zugewiesen werden, sind daher unwirksam und unbeachtlich. Die früher vorgenommene Differenzierung zwischen den sondereigentumsfähigen Bestandteilen einerseits und den zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Bestandteilen andererseits ist damit hinfällig

Die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht

Gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG obliegt grundsätzlich den Eigentümern gemeinschaftlich die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. In der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung kann jedoch gem. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG vereinbart werden, dass ein einzelner Eigentümer oder eine bestimmte Eigentümergruppe zur Instandhaltung und Instandsetzung eines im Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudebestandteils verpflichtet ist. In diesem Fall wird die gemeinschaftliche Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums auf einen einzelnen Eigentümer oder eine bestimmte Eigentümergruppe übertragen. Derartige Vereinbarungen sind zulässig. Enthält die Gemeinschaftsordnung eine Regelung über die Übertragung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für ein im Gemeinschaftseigentum stehendes Gebäudebestandteil, ändert sich dadurch nichts an der zwingenden Zuordnung dieses Gebäudebestandteils zum Gemeinschaftseigentum. Es wird lediglich die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung dieses Gebäudebestandteils auf bestimmte Eigentümer übertragen. Wird in einer solchen Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung aber beispielsweise der Außenanstrich der Fenster und/oder Türen hiervon ausgenommen (z. B. mit der häufigen Formulierung „… jedoch mit Ausnahme des Außenanstrichs, der Sache der Gemeinschaft ist“), ist die Eigentümergemeinschaft auch für die Erneuerung der Fenster und/oder Türen zuständig. Wenn laut der Gemeinschaftsordnung die Eigentümergemeinschaft für den Außenanstrich zuständig bleiben soll, gilt dies laut BGH (ZWE 2014, 125; NJW 2012, 1722) erst Recht für die vollständige Erneuerung, da die Eigentümer mit einer derartigen Regelung ein optisch einheitliches Erscheinungsbild sicherstellen wollen; der Austausch eines Fensters/einer Tür kann das einheitliche äußere Erscheinungsbild sogar weitaus mehr negativ beeinflussen und beeinträchtigen als lediglich der Außenanstrich. Fazit: Ein Blick in die Gemeinschaftsordnung ist unerlässlich.

Die Kostentragungspflicht

Wenn und soweit die Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster und Türen Sache der Gemeinschaft ist, handelt es sich bei den dabei entstehenden Kosten um gemeinschaftliche Kosten, die gem. § 16 Abs. 2 WEG auf alle Eigentümer anteilig nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile oder nach einem in der Gemeinschaftsordnung hiervon abweichenden Schlüssel zu verteilen sind. Auch in Bezug auf die Kostentragung sind in der Gemeinschaftsordnung vom Gesetz abweichende Regelungen möglich und zulässig, wonach die Pflicht zur Tragung der Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung von Fenstern und/oder Türen auf einen einzelnen Eigentümer oder eine bestimmte Eigentümergruppe abgewälzt werden kann, so dass auch insoweit ein Blick in die Gemeinschaftsordnung unerlässlich ist.

Des Weiteren können die Wohnungseigentümer im Einzelfall gem. § 16 Abs. 4 S. 1 WEG durch Beschluss die Kostenverteilung u. a. für die Instandhaltung und Instandsetzung abweichend regeln. Ein derartiger Beschluss bedarf gem. § 16 Abs. 4 S. 2 WEG der doppelt-qualifizierten Mehrheit, also einer Mehrheit von ¾ aller Eigentümer nach „Köpfen“ und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Wie sich aber bereits aus Satz 1 von § 16 Abs. 4 WEG ergibt, hat der Gesetzgeber die erweiterte Beschlusskompetenz wieder eingeschränkt und nur auf den Einzelfall bezogen, nicht allgemein zugelassen.

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Rüscher, Burkhard

Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEGRecht ist in der Münchner Kanzlei SNP Schlawien Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer tätig.
www.snp-online.de